26.
Dezember 2019
Jimi und die Besinnlichkeit
So wie das
Leben gehörte immer auch der Müßiggang zu den heidnischen
Heiligtümern. Nicht aktiv, tätig, nicht klug, nicht bewußt,
nicht verantwortungsvoll sein, sondern absichtslos schauen.
Lauschen. Geschehen lassen. Staunen. Zweckfrei, ohne gewählte
Aufgabe.
Eine frivole Befindlichkeit, die heute oft nur
als zulässig erwogen wird, wenn sie Ziel und Zweck eingebaut
bekommt. Sich selbst finden, entwickeln, möglichst ein höhere
Bewußtsein erlangen. Wie verdammt europäisch das ist! (Wenn ich
schon andere nicht nutzbar machen und bewirtschaften kann, so
wenigstens mich selbst.)
Die Aufforderung zur Tugend ist
unter Umständen eine besonders perfide Version unsere
Beziehungen zu ökonomisieren. „Da muß doch noch mehr drin
sein! Streng dich an!“
Das sind feuchte Träume einer
kleinen, privaten Erhabenheit. Muße wird mit Aufgaben
befrachtet. Sich besinnen. Besinnlichkeit. Das hatten wir doch
gerade! Advent, Advent, der Zähler rennt: wie viele Punkte auf
einer nach oben und unten offenen Skala der Selbstergriffenheit
wurden geschafft?
Ich kann und will keinesfalls immer auf
der Hut sein, immer wachsam, achtsam, umfassend bewußt, und
immer darüber grübelnd, was denn nun in kleinen und größeren
Zusammenhängen zulässig sei.
Wir wissen so viel. Viel
über die Dinge. Viel übereinander. Zuzüglich all der Phantasmen,
Projektionen, Unterstellungen, die gerade in Mode sind. So stehe
wir einander gegenüber und es ist nie genug.
Es gäbe
immer noch etwas zu bedenken, etwas zu erkunden, etwas zu
berücksichtigen, etwas zu erreichen. Egal, was jemand schafft,
da ist stets wer, aufzeigend: „Aber da wäre noch dies und
das, was du nicht berücksichtigt hast.“
Um es mit
Jimi Hendrix zu sagen: „‘cuse me, while I kiss the sky!
[Eine
Facebook-Notiz]
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