8. Juni 2019

Das lief nun auf rund einen Monat Adaptionsphase hinaus, nachdem in den ersten Mai-Tagen mein altes Modem verstummt war. Entfällt mein Zugang zum Internet, ist ein wesentlicher Teil meiner täglichen Arbeit blockiert. Damit war die Sache eilig.

 

 

Der geduldige Verkäufer im Fachhandel telefonierte mit meinem Provider, um Details der Vertragsmodalitäten zu klären und eröffnete das Telefonat mit „Ich hab da einen interessanten Fall. Das ist eine Anmeldung von 21.9.2007.“

Damals lief alles noch über die Telefonleitung, die jetzt in meiner Hütte veröden wird. Nun der Umstieg vom verdichteten Flachbau zu einem beleuchteten Rundtürmchen, das mich drahtlos mit dem Netz verbindet. Mit 6. Mai war ich wieder auf Kurs, auch per neuem Mobiltelefon, das mir der Verkäufer zu meinem alten als „sieben Generationen nach ihrem“ geschildert hatte.

Es ist etwa doppelt so schwer, sieht aus wie aus einem Film von Stanley Kubrick und hat mir Ärger verursacht, weil ich geraume Zeit damit beschäftigt war, voreingestellte Funktionen und Apps abzuschalten. Es ist banal, aber ich ärgere mich immer wieder darüber, mit welcher Chuzpe Company-Leute versuchen, auf mein Leben zuzugreifen.

 

Ein törichter Unmut, denn ich sollte davon ausgehen, daß ich von Horden umgeben bin, die mich zu bewirtschaften versuchen. Mitte Mai dann der Crash meiner alten Maschine, die noch auf Windows XP lief. Es schien, als hätte ein guter Teil meines Hausstandes massive Ermüdungserscheinungen, denn da bröselt so einiges.

 

Der Umstieg in System und Software ist enormer ein Zeitfresser. Ich war überrascht, wie sehr ich an gewisse Maus- und Cursorbewegungen gewöhnt bin, um die Werkzeuge täglich zu bedienen. Mit den jüngeren Programmen ist die gesamte Benutzeroberfläche verändert, brechen vertraute Routinen auf.

Ein weiterer Hinweis, wie sehr wir Adaptionsphasen brauchen, wenn uns technische Neuerungen erreichen. Das wird uns weitgehend genommen, wo unsere Werkzeuge immer schneller veralten. Eine Zumutung mit massiven Konsequenzen für unser aller Lebenssituiationen.

Wo ich nun auf einem anderen Rechner arbeite, einer gebrauchten Maschine aus dem lokalen Second Hand-Laden, wo Windows 10 ganz passabel läuft, die gleiche Geschichte wie mit dem Telefon. Es nimmt viel Zeit, bis alles abgeschaltet ist, was ich nicht brauche, was mir nicht nützt.

WinWord ist dabei eine pure Nervensäge. Oder muß ich annehmen, daß die Company ihre Kundschaft a priori für Legionen von Deppen hält? Mein praktischer Sinn legt nahe: Die wichtigsten Funktionen sind aktiviert, den Rest kann ich bei Bedarf zuschalten. Es ist aber genau umgekehrt, ich werde erst einmal mit einem breiten Funktionsspektrum zugemüllt.

So kann ich etwa nicht leiden, wenn eine Rechtschreibprüfung schon unterm Tippen eingreift. Das ist schnell unterbunden. Aber Großbuchstaben am Satzanfang zu deaktivieren bedarf etlicher Sucherei. Derart äußern sich die alten Zurichtungsmethoden, wie sie schon am Beginn des Maschinenzeitalters eingeführt wurden, als die Menschen an diese Apparatwelten angepaßt werden sollten.

 

 
Nun also, rund einen Monat nachdem mein altes System wegzubrechen begonnen hatte, sind die Abläufe wieder halbwegs rund, wenn ich das Gerät anwerfe. Die Daten sind passabel gesichert und einigermaßen dort, wo sie sein sollen. (Freilich ist Spazierengehen lustiger.)

Ich arbeite seit Mitte der 1980er mit Computern. Das Nischenereignis wurde inzwischen zum Massenphänomen. Mein 2019er Systemcrash hat deutlich gemacht, was vertraute Werkzeuge sind und was Umbrüche bewirken.

Ich lebe nach wie vor in einer Nische meiner selbst gestalteten Existenz, kann also bei Laune so manchem Anpassungsdruck ausweichen. Ich hab sogar die Freiheit, in verschiedenen Aspekten zu einem antiquierten Wesen zu werden. Das ist übrigens selbst in meinem Milieu keine sehr populäre Pose. Da kommt schnell irgendwo das Etikett „rückständig“ daher; was mich übrigens wenig schert.

In den 1980ern war ich Teil einer Avantgarde im Zugang zu dem, was damals noch Neue Medien genannt wurde. Nun könnte es sich als avantgardistisch erweisen, auf der Bremse zu stehen. Wir werden sehen…

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