Das lief nun auf rund einen Monat Adaptionsphase hinaus,
nachdem in den ersten Mai-Tagen mein altes Modem verstummt war.
Entfällt mein Zugang zum Internet, ist ein wesentlicher Teil meiner
täglichen Arbeit blockiert. Damit war die Sache eilig.
Der geduldige Verkäufer im Fachhandel telefonierte mit meinem
Provider, um Details der Vertragsmodalitäten zu klären und eröffnete
das Telefonat mit „Ich hab da einen interessanten Fall. Das ist
eine Anmeldung von 21.9.2007.“
Damals lief alles noch
über die Telefonleitung, die jetzt in
meiner Hütte veröden wird. Nun der Umstieg vom verdichteten Flachbau
zu einem beleuchteten Rundtürmchen, das mich drahtlos mit dem Netz
verbindet. Mit 6. Mai war ich wieder auf Kurs, auch per neuem
Mobiltelefon, das mir der Verkäufer zu meinem alten als „sieben
Generationen nach ihrem“ geschildert hatte.
Es ist etwa
doppelt so schwer, sieht aus wie aus einem Film von Stanley Kubrick
und hat mir Ärger verursacht, weil ich geraume Zeit damit
beschäftigt war, voreingestellte Funktionen und Apps abzuschalten.
Es ist banal, aber ich ärgere mich immer wieder darüber, mit welcher
Chuzpe Company-Leute versuchen, auf mein Leben zuzugreifen.
Ein törichter Unmut, denn ich sollte davon ausgehen, daß ich
von Horden umgeben bin, die mich zu bewirtschaften versuchen.
Mitte Mai dann der Crash meiner alten Maschine, die noch auf
Windows XP lief. Es schien, als hätte ein guter Teil meines
Hausstandes massive Ermüdungserscheinungen, denn da bröselt so
einiges.
Der Umstieg in System und Software ist enormer ein Zeitfresser.
Ich war überrascht, wie sehr ich an gewisse Maus- und
Cursorbewegungen gewöhnt bin, um die Werkzeuge täglich zu bedienen.
Mit den jüngeren Programmen ist die gesamte Benutzeroberfläche
verändert, brechen vertraute Routinen auf.
Ein weiterer
Hinweis, wie sehr wir Adaptionsphasen brauchen, wenn uns
technische Neuerungen erreichen. Das wird uns weitgehend genommen,
wo unsere Werkzeuge immer schneller veralten. Eine Zumutung mit
massiven Konsequenzen für unser aller Lebenssituiationen.
Wo
ich nun auf einem anderen Rechner arbeite, einer gebrauchten
Maschine aus dem lokalen Second Hand-Laden, wo Windows 10
ganz passabel läuft, die gleiche Geschichte wie mit dem Telefon. Es
nimmt viel Zeit, bis alles abgeschaltet
ist, was ich nicht brauche, was mir nicht nützt.
WinWord
ist dabei eine pure Nervensäge. Oder muß ich annehmen, daß die
Company ihre Kundschaft a priori für Legionen von Deppen hält? Mein
praktischer Sinn legt nahe: Die wichtigsten Funktionen sind
aktiviert, den Rest kann ich bei Bedarf zuschalten. Es ist aber
genau umgekehrt, ich werde erst einmal mit einem breiten
Funktionsspektrum zugemüllt.
So kann ich etwa nicht leiden,
wenn eine Rechtschreibprüfung schon unterm Tippen eingreift. Das ist
schnell unterbunden. Aber Großbuchstaben am Satzanfang zu
deaktivieren bedarf etlicher Sucherei. Derart
äußern sich die alten Zurichtungsmethoden, wie sie schon am Beginn
des Maschinenzeitalters eingeführt wurden, als die
Menschen an diese Apparatwelten angepaßt werden sollten.
Nun also, rund einen Monat nachdem mein altes System
wegzubrechen begonnen hatte, sind die Abläufe wieder halbwegs rund,
wenn ich das Gerät anwerfe. Die Daten sind passabel gesichert und
einigermaßen dort, wo sie sein sollen.
(Freilich ist Spazierengehen lustiger.)
Ich arbeite seit Mitte der 1980er mit Computern. Das
Nischenereignis wurde inzwischen zum
Massenphänomen. Mein 2019er Systemcrash hat deutlich gemacht, was
vertraute Werkzeuge sind und was Umbrüche bewirken.
Ich lebe
nach wie vor in einer Nische meiner selbst gestalteten Existenz,
kann also bei Laune so manchem Anpassungsdruck ausweichen. Ich hab
sogar die Freiheit, in verschiedenen Aspekten zu einem
antiquierten Wesen zu werden. Das ist übrigens selbst in meinem
Milieu keine sehr populäre Pose. Da kommt schnell irgendwo das
Etikett „rückständig“ daher; was mich übrigens wenig
schert.
In den 1980ern war ich Teil einer Avantgarde im
Zugang zu dem, was damals noch Neue Medien genannt wurde.
Nun könnte es sich als avantgardistisch erweisen, auf der Bremse zu
stehen. Wir werden sehen…