Kausalität! Weshalb wird
etwas getan und was bewirkt es? Was zieht eine Unterlassung nach
sich? Das erscheint alles so selbstverständlich, gut geölt, daß
schnelle Befunde gar keiner gründlichen Überlegung mehr bedürfen.
Hans Blumberg beschrieb in
seinem Buch „Das Lachen der Thrakerin“, wie das in unserer
Kultur begonnen haben mag. Der Übergang von Mythos zu
Logos. Theoriebildung. Das Herbeiführen fundierter Annahmen.
Es gibt eine Stelle, da
bezieht er ich auf Plinius: „Theorie soll sich erweisen, nicht
lohnen.“ Eine Aufforderung, Erkenntnis zu suchen und nicht die
eigenen Interessen über Erkennbares zu legen.
Philosoph Hans Blumberg
notiert an anderer Stelle über diese Zeit einer radikalen Wende in
unserer Kultur, „daß man zwar denken kann, ohne zu sehen, aber
nicht sehen ohne zu denken“, die sei „ein Urfaktum der
Philosophie“.
Im Zuge der Aufklärung
habe Immanuel Kant festgestellt, „daß der Unwissende keinen
Begriff von seiner Unwissenheit haben kann“. Wenn wir uns aber
an der Realität stoßen, könne von außen ein Bewußtsein des eigenen
Mangels angeregt werden.
Weshalb ich mich mit so
altem Kram befasse? Ich erleben nun seit Jahren, daß Politik immer
mehr zur PR-Arbeit verkommt und mir mit großen Werbebudgets die
abenteuerlichsten Vorstellungen angedient werden. (Das Thema
Wahlkampfkosten gewinnt eben wieder an Gewicht.)
Ich hab hier in den
letzten Tagen einige Beispiele notiert, welche merkwürdigen
Erfahrungen in meinem Milieu derzeit zu machen sind, da offenbar
Sichtbarkeit vor Authentizität geht, wo Polemik die kritischen
Erörterungen ersetzen darf.
Wenn ich das Gezänk und
Geplänkel der letzten Wochen überblicke, könnte der Eindruck
entstehen, wir seien bedenkenlos hinter die Aufklärung
zurückgefahren.
Ich bin vorerst noch etwas
ratlos, wie sich in dieser Gesellschaft Felder des kritischen
Diskurses sichern und ausweiten lassen, um nächste Übereinkünfte zu
erarbeiten.
Für mich war die regionale
Wissens- und Kulturarbeit nun rund 30 Jahre eine wesentliche
Möglichkeit, mich für solche Optionen zu engagieren und dabei
Verbündete vorzufinden.
Diese Zugänge sind etwa ab
Ende 2014, Anfang 2015 offensichtlich obsolet geworden oder
verlangen eine völlig neue Orientierung, neue Verfahrensweisen. Ich
kann noch nicht beurteilen, was da nötig ist, denn ich hab in den
letztem Jahren zu vieles nicht kommen gesehen oder eher falsch
eingeschätzt.
Darin liegen nun auch
einige Gründe für mein Augenmerk auf unsere Kultur- und
Ideengeschichte, also auch auf Momente der Antike. Wer die
Orientierung verloren hat, sollte sich bemühen, dorthin
zurückzukehren, wo er sich zuletzt noch ausgekannt hat.
Das sind für mich zugleich
Fragen danach, was denn Europa nun sei und sein möchte. Was auf dem
Kontinent an rechtspopulistischen Formationen Boden gewonnenen hat,
fördert kein kritisches geistiges Leben im Sinne des antiken
Umbruchs vom Mythos zum Logos oder im Sinne der Aufklärung als dem
Wunsch, sich seines Denkens ohne Anleitung anderer zu bedienen.
Was uns Herr Strache
demonstriert hat, dieser Goldgräber, den ich derzeit immer noch in
meiner Stadt auf Plakaten sehe, ist das völlige Auseinanderfallen
von Denken, Reden und Tun; in einem Maß an Unredlichkeit, das sich
nicht mehr übertreffen läßt.
Woher weiß ich nun, wie
sehr sein verhalten Standard ist, der sich in alle Lebensbereiche
verzweigt hat? Das kann ich nicht wissen. Wir müssen uns offenbar
neu verständigen, was wir unter Paktfähigkeit verstehen
möchten...