3. Juni 2019

Kausalität! Weshalb wird etwas getan und was bewirkt es? Was zieht eine Unterlassung nach sich? Das erscheint alles so selbstverständlich, gut geölt, daß schnelle Befunde gar keiner gründlichen Überlegung mehr bedürfen.

 

 

Hans Blumberg beschrieb in seinem Buch „Das Lachen der Thrakerin“, wie das in unserer Kultur begonnen haben mag. Der Übergang von Mythos zu Logos. Theoriebildung. Das Herbeiführen fundierter Annahmen.

 

Es gibt eine Stelle, da bezieht er ich auf Plinius: „Theorie soll sich erweisen, nicht lohnen.“ Eine Aufforderung, Erkenntnis zu suchen und nicht die eigenen Interessen über Erkennbares zu legen.

 

Philosoph Hans Blumberg notiert an anderer Stelle über diese Zeit einer radikalen Wende in unserer Kultur, „daß man zwar denken kann, ohne zu sehen, aber nicht sehen ohne zu denken“, die sei „ein Urfaktum der Philosophie“.

 

Im Zuge der Aufklärung habe Immanuel Kant festgestellt, „daß der Unwissende keinen Begriff von seiner Unwissenheit haben kann“. Wenn wir uns aber an der Realität stoßen, könne von außen ein Bewußtsein des eigenen Mangels angeregt werden.

 

Weshalb ich mich mit so altem Kram befasse? Ich erleben nun seit Jahren, daß Politik immer mehr zur PR-Arbeit verkommt und mir mit großen Werbebudgets die abenteuerlichsten Vorstellungen angedient werden. (Das Thema Wahlkampfkosten gewinnt eben wieder an Gewicht.)

 

Ich hab hier in den letzten Tagen einige Beispiele notiert, welche merkwürdigen Erfahrungen in meinem Milieu derzeit zu machen sind, da offenbar Sichtbarkeit vor Authentizität geht, wo Polemik die kritischen Erörterungen ersetzen darf.

 

Wenn ich das Gezänk und Geplänkel der letzten Wochen überblicke, könnte der Eindruck entstehen, wir seien bedenkenlos hinter die Aufklärung zurückgefahren.

 

 

Ich bin vorerst noch etwas ratlos, wie sich in dieser Gesellschaft Felder des kritischen Diskurses sichern und ausweiten lassen, um nächste Übereinkünfte zu erarbeiten.

 

Für mich war die regionale Wissens- und Kulturarbeit nun rund 30 Jahre eine wesentliche Möglichkeit, mich für solche Optionen zu engagieren und dabei Verbündete vorzufinden.

 

Diese Zugänge sind etwa ab Ende 2014, Anfang 2015 offensichtlich obsolet geworden oder verlangen eine völlig neue Orientierung, neue Verfahrensweisen. Ich kann noch nicht beurteilen, was da nötig ist, denn ich hab in den letztem Jahren zu vieles nicht kommen gesehen oder eher falsch eingeschätzt.

 

Darin liegen nun auch einige Gründe für mein Augenmerk auf unsere Kultur- und Ideengeschichte, also auch auf Momente der Antike. Wer die Orientierung verloren hat, sollte sich bemühen, dorthin zurückzukehren, wo er sich zuletzt noch ausgekannt hat.

 

Das sind für mich zugleich Fragen danach, was denn Europa nun sei und sein möchte. Was auf dem Kontinent an rechtspopulistischen Formationen Boden gewonnenen hat, fördert kein kritisches geistiges Leben im Sinne des antiken Umbruchs vom Mythos zum Logos oder im Sinne der Aufklärung als dem Wunsch, sich seines Denkens ohne Anleitung anderer zu bedienen.

 

Was uns Herr Strache demonstriert hat, dieser Goldgräber, den ich derzeit immer noch in meiner Stadt auf Plakaten sehe, ist das völlige Auseinanderfallen von Denken, Reden und Tun; in einem Maß an Unredlichkeit, das sich nicht mehr übertreffen läßt.

 

Woher weiß ich nun, wie sehr sein verhalten Standard ist, der sich in alle Lebensbereiche verzweigt hat? Das kann ich nicht wissen. Wir müssen uns offenbar neu verständigen, was wir unter Paktfähigkeit verstehen möchten...

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