30. Mai 2019
Nun weiß ich, was ich
nie wissen wollte. Fellner examinierte via O24.TV Philippa
Strache und ich bin erschüttert: „Sind da auch Tränen geflossen?“
„Ja, natürlich.“ „Du hast geweint.“ „Ja. Es ist uns beiden sehr schlecht
gegangen.“ „Hat er auch geweint?“ „Naja, es ist eine Ausnahmesituation
natürlich.“ „Mihm.“
Nein, als hartgesottener Österreicher stecke ich
solche Bekenntnisse weg. Aber! Auch ich habe geweint. Heimlich. Nachts.
Im Keller.
Schon wieder falsch, weil ich heute zu Scherzen
aufgelegt bin. Mein Tag begann damit, daß ich nach Wollsocken gesucht
habe, denn dieser vorletzte Mai-Tag läßt mir keine andere Wahl. Mai!
Wollsocken Dann fiel mir auf, daß ich zwar schon wieder keine
Schreibblockade hab, aber eine Blockade gegenüber verpflichtenden
Arbeiten.
Meine Disposition verleitet mich zu Texten, die
keinen Cent an Geld einbringen. Das geht nun schon Jahre so. Ach was!
Jahrzehnte. Daraus folgt, ich habe bis heute keine Karriere gehabt und
es wird wohl auch kein mehr kommen.
Auch falsch! Und vor allem die letzten Jahre
haben gezeigt, wie sehr in meinem Milieu konventionelle
Karriere-Konzepte dominieren, womit die harschen Referenzpunkte
auftauchen, an denen bemessen wird, was ein "legitimes" Scheitern sei
und was als Schande gelten müsse.
Da flackert ein Bonmot zwischen meinen Ohren auf:
Moral sagt: Du sollst. Ethos sagt: Ich soll. Es ist so, als
würde ich derzeit mit Krampen und Schaufel in meinem Erinnerungsvermögen
ackern, um Klarheiten freizulegen.
Dazu sollte mir etwas Komplexitätsreduktion
gelingen. Bonmots helfen
dabei eventuell. Meine kopfinternen Kalenderblätter, quasi ein Songbook
verklungener Weisheiten. (Was, bitte, ist Weisheit?) Dazu ein Beispiel.
Als Pädagoge Franz
Wolfmayr vor Jahren von einer Konferenz aus Irland zurückkam, brachte er
folgenden Satz mit: Man soll keine gute Krise vergeuden. Das
korrespondiert mit einer flapsigen Redensart: Der Unterschied macht
den Unterschied.
Wir sind in unserer Wahrnehmung auf
Zustandsänderungen angewiesen. Das ist nicht nur physisch so. Unsere
Kognition muß wechselnde Kontraste haben, sonst erlahmen unsere Sinne.
Die ältesten Bonmots, von denen ich weiß, stammen aus der
griechischen Antike. Womöglich muß man sogar annehmen, daß wesentliche
Teile unseres Denkens aus der griechischen Antike stammen. (Das meine
ich keineswegs scherzend.)
Vieles an uns scheint
enorme Zeitspannen zu überdauern. Aby Warburg und seine Pathosformel
sind zu solchen Fragen sehr anregend. Eine These, daß wir Menschen
Posen, Gestik, und Mimik pflegen, die Emotionen sehr verbindlich
ausdrücken, mitteilen; und zwar über Jahrtausende hinweg in recht
aufschlußreicher, weil gültiger Weise. Das ist eine sehr aufregende
Annahme. (Was können wir aus unseren Vorgeschichten wissen?)
Ich
korrespondiere derzeit mit einer griechischen Archäologin, die so
freundlich ist, mir aus der Menge meiner Fragen so manches zu
beantworten, was erstens ihre eigene Kultur und zweitens ihr Fachgebiet
betrifft. Da hilft sehr beim ordnen mancher Dinge.
Unsere Kultur.
Die Narrative und Bilder, mit denen wir vertraut sind. Ich bin zur Zeit
mit höchst unterschiedlichen Menschen im Einvernehmen, um Kontraste zu
vertiefen, in denen sichtbar wird, was ich genauer zu erkennen versuche.
Dazu neuerdings zwei aktuelle Themenleisten:
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(Teilnehmende Beobachtung im Plauderton)
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