30. Jänner 2019 Die
Qualen der Frau Elke V
Zeit für das Finale meiner Frau Elke-Exegese. Es
ist bloß ein Vorfall in einer sanften Kette solcher Ereignisse, die nie ganz
abreißt. Der Fluß ähnlicher Zusendungen ist manchmal ganz mager, auch wüstenhaft
ausgedörrt, manchmal ein Strömchen mit seinen eigentümlichen Verdichtungen. Es ist
verwunderlich. Einerseits kann in gebildeten Kreisen kein Zweifel bestehen, daß Sprache
unser Denken prägt und daher unser Handeln beeinflußt. Andrerseits unterbindet dieses
Wissen solche Arien der Abschätzigkeit keineswegs. Wir finden sie momentan in allen
Dimensionen.
Ich betone das, weil es den aktuellen Rechtsruck Europas zu
verstehen hilft. Den haben nicht bloß Menschen forciert, die sich offen oder verdeckt zu vaterländischen,
zu rechten oder auch zu neonazistischen Konzepten hingezogen fühlen. Das wird ebenso von
Menschen befördert, die von Gegenpositionen aus den Krieg der Worte betreiben.
Links oder rechts bleibt völlig einerlei, wenn jemand in
einem Streitgespräch vom argumentum ad rem zum argumentum ad hominem wechselt.
Das heißt, eigene Argumente nicht mehr gegen die Argumente des Gegenübers, sondern gegen
den Menschen selbst vorzubringen. Ein Untergriff, welcher seit der Antike überliefert ist
und unredliche Angreifer kennzeichnet.
Hat jemand den Austausch der Ansichten aufgegeben,
argumentiert gegen die Person, wurde damit die Knarre gezogen und der Hahn gut hörbar
gespannt. Das ist um so verstörender, als man ja auch im Dissens verbleiben
könnte. Was spricht gegen Dissens? Beide blieben in Augenhöhe zueinander, beide dürften
ihre Positionen wahren. Kommt Ihnen folgende Sequenz bekannt vor?
"Du verstehst mich nicht!"
"Doch. Aber ich stimme Dir nicht zu."
"Nein, Du verstehst mich nicht!"
Es ist ganz klar, warum ein Tyrann darauf bestehen muß,
daß man ihm zustimmt. Aber warum müssen wir das ebenso halten? Dazu ein sehr
aufschlußreiches Bonmot, das ich zu solchen Gelegenheiten immer wieder gerne hervorhole: Intelligenz
ist die Fähigkeit, über zwei einander widersprechenden Ansichten nicht den Verstand zu
verlieren.
Ich kann meine Texte nicht verteidigen oder auch
revidieren, wenn die Debatte darüber Richtung ad hominem abgleitet. Auf Worte
wie folgende bleibt überhaupt nichts zu antworten, die dürfen einfach so herumstehen,
bis sie vergessen werden: "Armer, armer kleiner Martin !!! Reiß Dich mal ein
bisschen am Riemen. [...] aber ich lasse mich nicht so gehen ... schon rein äußerlich
nicht. Oder nennst du das wie ein 'Kuenstler' zum erscheinen. Schlampig siehst du aus.Du
bläst dich auf wie ein Frosch! [...] Verdiene doch erst einmal dein taeglich es Brot, um
etwas vernuenftiges aus Dir und Deinem Sohn zu machen. [...] Ich riskiere nichts, du Deine
kleine Popularitaet "
Das Andere aber ärgert mich. Die aufgeplusterte
Scheinkompetenz, diese Simulation von Wissen. Mich stört dieses großmäulige Auftreten
von Menschen, die sich brav in die Felder verschiedener Funktionseliten vorgearbeitet
haben, dabei zum Beispiel Deutungshoheit verwalten (Redaktionsleitung etc.), und sich zu
Themen aus dem Fenster lehnen, die ihnen offenkundig vorab keinerlei Mühe wert waren. Das
hat enorme Konsequenzen für das geistige Leben einer Gemeinschaft.
Dabei wäre es so einfach. Wenn ich mich mit einer Sache
befaßt habe, kann ich darüber debattieren. Ist sie mir völlig fremd, nutze ich die Zeit
mit inspirierten Menschen, um zu fragen. Das ist keinesfalls weniger interessant als die
Debatte.
Diese grobe Orientierung bewährt sich, ganz egal, ob ich
mit einem international renommierten Wissenschafter Zeit verbringe oder mit einem der
Mechaniker, die ich laufend besuchen darf. Apropos renommierter Wissenschafter! Hermann
Maurer, mit dem ich inzwischen eine mehrjährige Kooperation pflege, ist demnächst mit einem Vortrag live
bei uns in der Region, nämlich am 8. Februar:
-- [Erstaunliche Momente] --
Damit möchte ich sagen, es gibt keinen bedeutenden Grund, Wissen
zu behaupten, jemandem vorzugaukeln, es womöglich mit einer stümperhaften Klitterung zu
simulieren, schon gar nicht, um das Fragen zu vermeiden. Im Gegenteil! Bei den
alten Meistern, bei den Mechanikern in ihren Schuppen und Werkstätten, herrscht das
Prinzip: Man sagt nur, was man kann. Man kann das, was man sagt. Wer nicht fragt,
ist dumm, wer fragt, ist klug, denn niemand beherrscht alle Details. So erlebe ich das
seit Jahren bei den Handwerkern. So bewährt es sich auch in der Welt der Wissenschaft. Wo
wäre also das Problem?
Ich habe dazu nur eine für mich sehr plausible
Erklärung. Diese ganze Simulation von Kompetenz bei laufender Entwicklung von Inkompetentzkompensationskompetenz
handelt im Kern von einem Machtanspruch. Statt sich mit Kompetenz Autorität zu
erarbeiten, will jemand in dieser Pose dreinhauen und die Nische roden, in der sich so
eine Person dann auf Kosten anderer aufrichtet.
Im Kielwasser solcher Umtriebe, auf den Feldern solcher
Rodungen, wird jemand, wenn die eigenen Kraft für die gewünschte Position nicht reicht,
sich eventuell einem Tyrannen anschließen, ihm zuarbeiten, wenn dafür das eigene
Plätzchen innerhalb der Hierarchie als gesichert gilt und wenn sich nach unten hin genug
Leute tummeln, die man treten kann... Präfaschistische Verhältnissen... (Adieu,
Frau Elke, mit Dir bin ich fertig!)
-- [Konsortium 18] -- |