16. Jänner 2019 Der
Winter macht es einem hier nicht gerade schwer. Der Jänner scheint zu verfliegen. Nun
nimmt Gestalt an, was heuer in der Arbeit greifbar werden möchte. Bei der Arbeit am Haflinger-Buch
quillt das Material über, liegt weit mehr auf dem Tisch, als im Buch verwendet werden
kann.
Schlichte Lösung: eine Erweiterung ins Web. Eine Leiste
mit kleinen Notizen begleitet nun die Buchproduktion: [link] Das schafft überdies ein Terrain der Interaktion mit
verschiedenen Communities. Netzkultur auf die alte Art, da die Jungen in ihren
Online-Verknüpfungen schon ganz woanders sind. Sie kennen sicher übliche Versprechungen,
daß man für Sie einen enormen Reichweitengewinn generieren wird, wenn Sie dafür ein
wenig Geld abdrücken. Haben Sie etwas zu sagen, was 28.000 Menschen erreichen muß? Ich
kann das für mich nicht feststellen. Und was heißt hier erreichen?
Daß mein Projekt rechts in einer Werbeleiste auftaucht, wo
Leute wie ich dauernd wegdrücken, was sie schon nicht mehr sehen können? Der Witz an der
Sache, ich weiß noch genau, wie wir seinerzeit von einem Paradigmenwechsel sprachen. Netz,
das hieße nun: Brodacasting ade! Das alte Modell, wir haben es mit dem
Faschismus assoziiert: Ein Sender - viele Empfänger.
Das Prinzip des Volksempfängers. Die elektrische Goebbels-Schnauze.
Nun aber: viele Sender - viele Empfänger. Ein demokratisches Setting. Und Werbung wird
nicht mehr ausgeschüttet wie in unsere Briefkästen, das Publikum ruft ab,was es wissen
möchte. Tja! Knapp vorbei ist auch daneben.
Es kam völlig anders. Der konventionelle Journalismus
wurde zusehends als "Fake News" diskreditiert, während Bots,
also kleine Software-Schnippsel, in die öffentlichen Diskurse eingreifen und wir momentan
gar nicht wissen können, wie groß der Anteil an gefälschten Identitäten ist, die in
der allgemeinen Meinungsbildung mitmischen.
Derweil werden wir von Werbebotschaften via Mail geflutet,
dabei gleich auch mit Trojanern bestürmt, die helfen sollen, unsere Computer von
außen unter Kontrolle zu kriegen. Die Social Media verwerten, bewirtschaften
unser Online-Verhalten und zwischendurch kommen auch freundliche Angebote von Erpressern.
Zum Beispiel kürzlich:
"In der
Software des Routers, mit der Sie an diesem Tag verbunden waren, gab es eine
Sicherheitsanfälligkeit. Ich habe diesen Router zuerst gehackt und meinen bösartigen
Code darauf abgelegt. Bei der Eingabe im Internet wurde mein Trojaner auf dem
Betriebssystem Ihres Geräts installiert. Danach habe ich alle Daten auf Ihrer Festplatte
gespeichert (ich habe Ihr gesamtes Adressbuch, den Verlauf der angezeigten Websites, alle
Dateien, Telefonnummern und Adressen aller Ihrer Kontakte). Ich wollte dein Gerät
sperren. Und benötigen Sie eine kleine Menge Geld für das Entsperren. Aber ich habe mir
die Websites angesehen, die Sie regelmäßig besuchen, und kam zu dem großen Schock Ihrer
Lieblingsressourcen. Ich spreche von Websites für Erwachsene. Ich möchte sagen - du bist
ein großer Perverser. Sie haben ungezügelte Fantasie!".
Das ist natürlich Mumpitz, aber ich bekam die letzten Tage
schon Anfragen aus meinem Bekanntenkreis, ob man sich wegen solcher Post Sorgen machen
müsse. (Einfach ignorieren!) Ich hatte das alles seinerzeit nicht kommen gesehen.
Inzwischen leben wir in einer Kommunikationssituation, die uns abverlangt, völlig neue
Modi zu entwickeln, um noch klären zu können, was Informationen taugen und mit wem wir
kommunizieren.
Das finde ich dann schon wieder interessant. War ich einst
ein sehr früher Akteur der heimischen Netzkultur-Szene, ist das, was ich mir an
Verständnis der Netzkultur erarbeitet hatte, jetzt schon "die alte Zeit".
Ich muß für mich einen nächsten Modus entwickeln, der sich allerdings nicht dem Status
quo annähert. Also kein Instragram, kein WhatsApp und der Netzzugang
nur auf meinem Desktop, nicht am Smartphone.
Peter Moser (links), Ewald Ulrich,
hinter ihm Karl Bauer
Es geht mir darum, meine Kommunikationssituation
überschaubar zu halten und zu begreifen. Das heißt eben, ich kommunizieren nicht
mit 28.000 Menschen, auch nicht mit 128.000 Menschen. Was immer ich zu leisten imstande
bin, richtet sich an eine begreifbare Dimension von Communities.
Kürzlich trafen wir wieder in der Kanzley von Fokus
Freiberg zusammen. Links Bürgermeister Peter Moser, der nun Projektleiter für ein LEADER-Kulturprojekt
ist, das wir auf den Weg bringen, meine "Wegmarken". Rechts Ewald Ulrich, der im Schloß Freiberg
das Kulturgeschehen in Gang hält. Hinter ihm Karl Bauer, der demnächst mit einer
eigenen Serie in "Ich bin eine Geschichte" präsent sein wird,
Ein bewältigbarer Aufwand für faßbare Publikumszahlen.
Reale soziale Begegnung. Gelingende Kommunikation. Ein Fließgleichgewicht zwischen
Konsumation und Partizipation. In all dem Kontinuität. Das sind gewichtige
kulturpolitische Zusammenhänge.
Es bedeutet auch, daß niemand alleine schlau ist und
niemand alleine vorne steht. Das ist so wichtig, daß es heute wieder erwähnt sein will.
Der regionale Kulturbetrieb hat sich in den letzten Jahren merklich verändert, wo
Menschen dem eigenen Profilierungsdruck nicht widerstehen konnten. Das sind dann auch die
bevorzugten Felder, wo das Ehrenamt verschwindet, was sich heute eigentlich keine Kommune
leisten kann...
-- [Netzkultur] [Dorf 4.0]
-- |