14. Oktober 2018

Dieser Tage stand ich wieder vor einem großen Plotter, der mir eine Serie von Posters im Format DIN A1 rausgehauen hat. Wie viel mehr Aufwand ist das eben noch gewesen? Was immer gedruckt werden mußte, verlangte nach ganz unterschiedlichen Verfahrensweisen. Das hat sich in einigen Jahrzehnten mehrfach grundlegend geändert. Kategoriensprünge gehören zu den für mich interessantesten Phänomenen. Die letzten hundert Jahre zeigen dabei eine irritierende Progression.

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Ein Wort, das heute nicht mehr gebraucht wird, aber im Kulturbetrieb kurze Zeit wesentlich Bedeutung hatte, lautet Kugelkopfmaschine. Diese Technologie hatte Typenhebelmaschinen abgelöst. Eine elektrische Schreibmaschine, deren austauschbare Kugelköpfe eine Auswahl verschiedener Schrifttypen anbot. Die rotierenden Kugeln, auf denen die Zeichen erhaben angeordnet sind, schlagen auf Farbbänder, die ein gleichmäßig schwarzes Schriftbild ergeben.

Typenhebel können sich verheddern, wenn man schlampig anschlägt. Dafür markiert ein bezauberndes Klingeln das Ende jeder Zeile. Mit den Kugelköpfen war das Verheddern und Klingeln Geschichte. Dafür kam das leise Anspringen von Elektromotoren ins Spiel, wenn die Maschine eingeschaltet wird.

Eine ganze Kassette voll der teuren Kugelköpfe war in den 1980ern natürlich geradezu frivol. Das ging heftig ins Geld. Mir blieb übrigens die hohe Belastbarkeit dieses Kunststoffs ein Rätsel, da die Dinger ziemlich hart beansprucht werden und dabei ein sauberes Schriftbild erhalten sollen.

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Mit den Daisy Wheels kam der nächste Technologiesprung ins Haus. Schreibmaschinen mit Typenrädern und Speichermodulen. So konnte man etwa eine ganze Zeile eintippen, auf einem Display überprüfen, notfalls korrigieren, und dann erst aufs Papier ausgeben. Doch gegen Mitte der 1980er Jahre wurden Personal Computers erschwinglich. So bin ich damals von der Schreibmaschine auf ein Textsystem umgestiegen.

Bezüglich Schriftbild wurde das ein Rückschritt, denn unter gängigen Nadeldruckern waren die 24-Nadler groß und teuer. Im Privathaushalt wurde bloß mit einem kleinen Neun-Nadler gesägt. Wenn es also um Druckvorlagen ging, hieß das: Farbband mit Stempelfarbe frisch schwärzen, um nicht gleich ein neues kaufen zu müssen. Der billige Matrixdrucker lieferte freilich nur bescheidene Qualität. Sollte das Ergebnis repräsentativer werden, stieg der Aufwand sprunghaft.

Das Dokument wurde aus dem Layout-Programm (Xerox Ventura) als Postscript-Datei exportiert, die ich auf eine Diskette kopiert hab, mit der ich von Gleisdorf nach Weiz fuhr, wo ein Anbieter zehn Schilling pro DIN A4-Seite nahm, um sie mit seinem Laserdrucker auszudrucken. Das ergab ein sauberes Schriftbild für die Reprokamera, um die Folien für den Offsetdruck herzustellen. (Später konnte ich dort auch Planfilm direkt belichten lassen.)

Als ich meinen ersten eigenen Laserdrucker nachhause brachte, hatte ich dafür 40.000,- Schilling aufzuwenden. Das entsprach ungefähr dem Einkommen von einem ganzen Quartal, hat also einige Arbeit verlangt. Zum Vergleich: Vor einigen Jahren kaufte ich einen gebrauchten Schwarzweiß-Laser für rund 400,- Euro, der mir seither äußerst preiswert und ohne jede Panne Berge von bedrucktem Papier geliefert hat.

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Das war die nötige Antwort auf völlig durchgeknallte Bubble Jet-Produzenten, die den Tintenstrahl-Druckern offenkundig eine sehr begrenzte Lebensdauer eingebaut haben, zugleich die Farbkartuschen klein und teuer gehalten haben. (Ich bin immer noch darüber verärgert, wie frech manche Geschäftsleute die Kundschaft über den Tisch zu ziehen versuchen.)

Handliche Druckwerke wurden preiswert per Offsetdruck hergestellt. Für Großformatiges, wie etwa Plakate, ging es mit Siebdruck zur Sache, der den Hochdruck abgelöst hatte. (Ich erinnere mich freilich an frühe Plakate, wofür die Schrift gesetzt wurde und Bildmotive extra aus der "Klischieranstalt" kamen.) Ich hab es stets bevorzugt, mich mit all den Verfahrensweisen vertraut zu machen. Was immer zu drucken, zu produzieren war, konnte ich also selbst in einigen Bereichen oder im gesamten Ablauf. Diese Art der Innenansicht von Medien und medialen Situationen habe ich als anregend und aufschlußreich erlebt.

Das schloß etwa launige Stunden in der einstigen Grazer Firma Siebdruck Hackensöllner ein, bei der ich allerdings etwas in Mißkredit kam, als ich einmal mit der Klinge der großen Schneidepresse mitten durch einige Heftklammern fuhr, was Scharten macht, die einen teuren Neuschliff der Klinge erzwingen, weil sie sonst bei allen weiteren Stapeln entsprechende Spuren hinterläßt.

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Kuriose Querverbindung: Hackensöllner war auch einige Zeit mein Sponsor beim Auto Crash, wo man mir empfahl, den Sponsor-Namen auf die Bodenplatte des Autos zu schreiben, weil das bei meinen häufigen Ausritten den meisten Werbeeffekt erbringen würde. (Diese Art des Motorsportvergnügens für Leute mit kleinem Budget gehört nun auch schon zu den historischen Ereignissen.)

Heute also merklich weniger Maschinerie in all dem. Wenn ich derzeit zum Beispiel Hefte oder Poster für unser Projekt "Dorf 4.0" brauche, sitze ich mit dem Laptop am Küchentisch. Das ergibt PDF-Dateien für den Druckladen in der Bürgergasse, die ich wegen ihrer erheblichen Datenmenge zu Fuß hinbringe. Das ist immer für gesellige Momente gut...

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