24. Dezember 2017

Vom Morgenrot zum Innenteil einer Süßkartoffel, bloß ein paar Schritte, für eine Stunde lang. Stille Seiten der Stadt. Heute gab es nur wenige Störgeräusche, wenn man sich zwischen den Häuserfluchten umsah. Einzig lärmend diese jungen Schnösel, denen das Geld für einen Ferrari fehlt, also muß ihr Audi Krawall machen, oder noch erbärmlicher, ein blank polierter Seat.

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Aber in der Sachen sind doch die meisten von uns Männern kontaminiert. Es dauert Jahrzehnte, bis der Testosteronspiegel absackt und das Selbstbewußtsein alleine ausreichend aufrecht steht, auf daß es dann auch ohne Krawall in den Straßen geht. Eine andere Art der Aufdringlichkeit hat mir heute das Morgenrot verdorben.

Da hocken diese Bildungseinrichtungs-Leute breit in der Stadt, sind in ihrem Geschäft keinesfalls auf Laufkundschaft angewiesen, müßten also nicht über die Maßen Werbung betreiben. Aber ein Stab völlig bewußtloser PR-Leute hat sich eine Leuchtreklame ausgedacht, die erstens für verfügbare Distanzen der Betrachtung auf der Straße einfach zu groß ist, zweitens in ihrer Anmaßung die Linie der Architektur bricht und drittens mir erhrblich auf die Nerven geht, wenn ich zu solcher Stunde aus dem Fenster blicke.

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Nach welchen Kriterien wollen oder dürfen diese Menschen jemandem Unterricht erteilen? Was zeigt die auf solche Weise dekorierte Hütte an Stilsicherheit und kultureller Kompetenz? Das Bildungsbürgertum ist eine historische Kategorie, die -- dem Begriff gemäß -- irgendwie gebildete Menschen meinte. Bildung und Ausbildung galt ursprünglich als zweierlei. Wer werkt und wirkt heute in solchen Einrichtungen? Ich vermute: Personal.

Das scheint mir eine passende Bezeichnung. Hier rottet sich also Personal zusammen, Woche für Woche, und vergißt darauf, wenigstens wochenends das Licht abzuschalten, die Lichter, alle Lichter. Da aber nun der Weihnachtsabend naht, sollte ich vielleicht meine Laune bezähmen und mich angenehmeren Dingen zuwenden. Zum Beispiel Süßkartoffeln.

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Die erstaunen mich beständig, gleichermaßen mit ihrem Aussehen und ihrem Geschmack. (Wie schafft die Evolution das bloß?) Ich teile dieser Tage freie Zeit zwischen seriösen Büchern und unseriösen Filmen auf. Eben hat mich "Bright" (von David Ayer) erfreut, eine burleske Fantasy- Schmonzette, in der Menschen, Elfen, Feen und Orks die Erde gemeinsam bewohnen, was in Fragen der Integration allen Beteiligten viel abverlangt.

Dabei hab ich den liebenswürdigsten Ork kennengelernt, den man sich vorstellen kann. Nick Jakoby (Joel Edgerton) mit seinem feinen Geruchsinn´und den runtergefeilten Hauern im Unterkiefer ist ein leidenschaftlicher Polizist, der nun offenbar durchlebt, was vor ihm etwa die Latinos hinnehmen mußten... Oder doch eher die Schwarzen? Es kann kein Zufall sein, daß im Auge des ausbrechenden Orkans diese drei Ethnien mit einander verzahnt sind, der Ork, der Schwarze und der Latino.

Ich mag dezente Kerl-Sprüche, also diesen etwas zivilisierten Macker-Tonfall von der Art: "Sollen wir nicht auf die Kavallerie warten?" Antwort: "Wir sind die Kavallerie." Sowas finde ich lustig. Dazu kommt, daß inzwischen weibliche Charaktere in allerhand Filmen ihre Kontrahenten genauso hart verhauen wie vorher nur die aufgeblasenen Kantholz-Typen. (Noomi Rapace hat schon reichlich Erfahrungen im Zusammenfalten angriffslustiger Kerle.)

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Ich bin also, wie man merkt, mit weihnachtlichen Kontrastmitteln befaßt, die mir der Zweigelt abschnittweise schillernd macht. Solcher Ausklang paßt zu den Tagen, die ich oft schon in den Nächten beginne. Dazu gehört etwa das stundenlange Durchblättern alter Periodika, wie zum Beispiel "The Mechanic's Magazine" aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Darin ist gut nachvollziehbar, wie die Dampfmaschinen mobil wurden. Erst als Lokomobile, also Antriebsaggregate, die man durch die Gegend karren konnte, schließlich als Lokomotiven, was Kraftfahrzeuge meint. Fahrbare Antriebsaggregate im Kontrast zu dampfgetriebenen Kraftfahrzeugen. (Nuancen!) Naja, genau genommen war ich weiter auf der Spur der Sattelschlepper. Das werde ich Ihnen hier nicht weiter ausbreiten, denn ich kenne kaum jemanden, den das interessieren könnte.

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Barrow and Stewart's portable Engine (1871)

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