22. Oktober 2017

Wir haben als Spezies so unsere Momente an deprimierenden Offenbarungen, da wird mir ums Herz so beklommen. So leuchtete heute in meinem Postfach ein bestechendes Angebot auf, von dem man meinen möchte, es sei an zwölfjährige Buben adressiert, aber zu befürchten bleibt, es ist erwachsenen Männern gewidmet: "Wer braucht Nacktbilder von Prominenten, wenn du Zugang dazu hast?"

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Diese Botschaft ist ein wenig verwirrend, weil der Kausalzusammenhang beider Satzteile etwas schwächelt. Selbst Primaten wissen, daß Zugang oder nicht Zugang eine kategorial andere Frage ergibt als die nach dem Bedürfnis. Das sind Nuancen, die scheinbar so manches Menschenmännchen nicht mehr ins Grübeln bringen, wenn der nächste Satz lautet: "Jeder um dich herum wird flachgelegt! Wir haben viele neue Mitglieder aus deiner Gegend."

Man möge sich vorstellen, wie so ein Zwängler durch die Gegend rennt, alle Arten von Mannsbildern auf der Straße bekümmert ins Gesicht blickt und dabei unter seinem Kopfkino leidet, weil er sich ausmalen muß, wie und wo die um ihn herum flachgelegt werden. Aber wir sollten der Propaganda wohl besser zu mißtrauen lernen. Und manchmal sollten wir vielleicht Frauen fragen, was sich tatsächlich zuträgt. Hier ein Stück Originalton aus der Sendung Am Schauplatz, die den Titel "Zuhause ist überall" trug (19.10.2017).

-- ["Wie erotisch geht's hier zu?"] --
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Daß wir Menschen oft nicht gar so schlau handeln, illustrieren zum Beispiel in der Spielfilm-Welt Legionen von Autodieben, welche konsequent die falsche Scheibe einschlagen. Achten Sie in den Streifen darauf und fragen Sie sich mit mir, warum ein Kerl ausgerechnet die Scheibe auf der Fahrerseite einhaut, um dann verläßlich in all den Splittern zu sitzen. Es wäre doch etwas klüger, die Seitenscheibe beim Rücksitz einzuhauen, um von da aus die Fahrertür bequem zu entriegeln. Auch die Beifahrertür könnte ein besseres Ergebnis bringen, aber nein... Wir haben es eben gerne einfach.

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Sollte ich übrigens an Zufall glauben, daß Österreich derart passend zur Nationalratswahl das boulevardeske "Burkaverbot" zum Gesetz gemacht hat? Klar, es konnte kein "Gesetz gegen die Vollverschleierung von Musliminnen" werden, das hätte wohl der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gespottet. Also etwas allgemeiner. Mit dem "Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz" ließ sich im Wahlkampf recht wohlfeil Stimmung machen.

Inzwischen zeigt sich, daß mit dieser Neuerung vor allem einmal österreichische Bürgerinnen und Bürger schikaniert werden. ("Polizeieinsatz gegen Parlamentsmaskottchen", "Burkaverbot: Polizei stürmt Lego-Geschäft in Wien" etc.) Mich würde beizeiten interessieren, wie viele vollverschleierte Musliminnen man auf Österreichs Straßen überhaupt finden kann, wenn man sich ein paar Tage lang sehr darum bemüht. (Wie groß ist die Verlockung, dann etwa vermummte Fußball-Fans gegenzurechnen, die Stunk machen, damit wir eine Vorstellung von Relationen bekommen.)

Aber vielleicht heißt das alles auch bloß, wir müssen unsere Konventionen neu verhandeln, was in einer Gesellschaft ja nie zu einem Ende kommt. Im Absatz 2 des Paragraphen 1 dieses Gesetzes heißt es übrigen: "Ein Verstoß gegen das Verhüllungsverbot gemäß Abs. 1 liegt nicht vor, wenn die Verhüllung oder Verbergung der Gesichtszüge durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen ist, im Rahmen künstlerischer, kultureller oder traditioneller Veranstaltungen oder im Rahmen der Sportausübung erfolgt oder gesundheitliche oder berufliche Gründe hat." Die "Gesamte Rechtsvorschrift für Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz, Fassung vom 22.10.2017" findet man im Netz hier: [link]

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