12. Oktober 2017

In der WOCHE finde ich gerade, was Journalistinnen und Journalisten so tun, wenn ihnen ihre Arbeit zu blöd ist, sie zu schlecht bezahlt werden, oder was auch immer einen bewegen mag, das Publikum mit einem Wordrap abzuspeisen. Weshalb der im vorliegenden Fall mit dem Stichwort Islam beginnt, um zum Stichwort Heimat zu führen, unterstreicht noch: Da verzichtet jemand darauf, seine oder ihre Arbeit zu tun, liefert bloß eine schläfrige Fingerübung mit populären Motiven ab.

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Quelle: WOCHE, 11. Oktober 2017

Was noch? Gegen das aktuelle Maß an Moraltrompeterei heimischer Politiker sind die Berliner Philharmoniker als Klangkörper ein Schmarren. Da wummern Pauken und Trompeten, da wollen mir einige Fraktionen weismachen, daß sie doch nein niemals und überhaupt keinesfalls so schmutzige Dinge auch nur in Erwägung ziehen würden, wie sie die SPÖ aktuell vollzogen hat.

Um es mit His Bobness Dylan zu sagen, der auf einen wütenden Folkie trocken reagierte, als jener ihm 1966 den Einsatz der Stromgitarre in einem Konzert unüberhörbar mit dem Ruf "Judas!" quittierte, da meinte der Unerschütterliche: "I don't believe you!".

Ich glaube euch nicht! Ich glaube es weder den Christlichsozialen, noch dem Herren mit den tanzenden Augenbrauen, daß sie unbedingt darauf verzichten würden, die politische Konkurrenz schlecht zu machen, auch wenn die Sozialdemokraten in der Sache gerade mit nacktem Arsch dastehen, weil sie es besonders bunt treiben ließen.

Ich mißtraue jedem, der statt "Konkurrent" heute "Mitbewerber" sagt, um uns damit seine Konkurrenz zu markieren. Da beginnen schon Heuchelei und Augenauswischerei mit den Sprachregelungen, dieser Mangel an Aufrichtigkeit, denn daß derzeit ein zunehmend wütender Konkurrenzkampf zwischen den Parteien tobt, kann doch nur ein Agent der Blödheit übersehen.

Dabei verlasse ich mich inzwischen ganz auf den redlichen Anteil unseres publizistischen Personals, damit wir beizeiten nachlesen können, wie sauber in der Sache genau jene waren, die sich jetzt mit großen Gesten entrüsten.

Um nun, wie schon in einigen der letzten Einträge, auf das lokale Geschehen zurückzuschwenken: Heute morgen fand ich ein weiteres Heft der FPÖ vor meiner Haustür. Damit hat der Herr mit den tanzenden Augenbrauen den erkennbar intensivsten Einsatz an Drucksorten ausgelöst, gleich gefolgt von der ÖVP. Die SPÖ kam bloß mit einem einzelnen Blättchen daher, das ich gestern rezensiert habe. (Die FPÖ scheint mir regional auch am stärksten in Inserate investiert zu haben.)

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Bürgermeister Christoph Stark in einer bezahlten Anzeige (WOCHE)

Lassen wir uns also überraschen, was Journalismus, Gerichtswesen und Politik uns nach den Wahlen an Sachverhalten liefern werden, die uns anschaulich machen mögen, was man in den einzelnen Fraktionen an Moral hochhält und an Kampfmaßnahmen billigt.

Gleisdorfs Bürgermeister Christoph Stark konnte dem Thema offenbar nicht widerstehen und betont in einer bezahlten Anzeige in der WOCHE eine moralische Überlegenheit der ÖVP gegenüber der SPÖ. Und das in Tagen, wo uns schon erste Nachrichten erreicht haben, daß man in seiner Partei bezüglich Dirty Campaigning nicht ganz ohne Kompetenzen ist.

Dafür liefert er in einem persönlich gehaltenen Folder eine respektable Themenliste, wie ich sie bei anderen vermisse. Daß Mobilität ganz oben steht, scheint mir plausibel, Bildung an zweiter Stelle, schließlich auch ausdrücklich Kultur, das läßt aufhorchen. Ohne intensive Investitionen in Bildung und Kultur werden sich nämlich wesentliche Probleme Europas nicht bewältigen lassen.

Wie Stark allerdings erreichen möchte, daß diese Themen in der Region ausreichend kompetent bearbeitet werden, würde ich bei Gelegenheit gerne erklärt bekommen, denn derzeit geht der Trend in der Kultur mit Vollgas Richtung Wohlfühlangebote und Stadtmarketing.

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Quelle: persönlicher Folder von Stark

Amüsantes Detail: In der aktuellen Stadtjournal Gleisdorf-Ausgabe beklagt der örtliche FPÖ-Chef Fritz Aigner, Bürgermister Stark habe ihm eine Kolumne als parteipolitisches Statement abgelehnt. Also habe ich auf der Facebook-Leiste der Ortspartei nachgesehen: [link]

Da konnte ich keinen Hinweis auf den nämlichen Text finden. Auch auf der öffentlichen Website finde ich bloß die schon bekannte Kritik, Stark könne nicht zugleich Bürgermeister und Parlamentarier sein, in mehreren Varianten: [link} Das heißt, die Vaterländischen haben keine Themen und können sich einmal mehr nur darin bewähren, daß sie uns wissen lassen, was ihnen alles nicht gefällt. (Ob sie auch über die Nutzungsrechte verfügen, um die Zeitungsartikel, wie etwa jenen von Raimund Heigl, 1:1 auf ihrer Website zu publizieren?)

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Quelle: Stadtjournal Gleisdorf

Nun also noch Freitag, Samstag, Sonntag. Ich werde mich in diesen Tagen etwas im Web umschauen, da etliche wahlwerbende Formationen auf einen erhöhten Aufwand für Drucksorten verzichtet haben, was ich als sehr angenehm empfinde. Die einzelnen Wahlprogramme sollten auch noch betrachtet werden...

-- [Kunstsymposion: Politik] --

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