10. Oktober 2017 Herbst mit seinem harten Licht und mit dunklen
Momenten, das könnte man glatt als Metapher deuten. An irgendeiner Stelle meiner
Biographie sang Bruce Springsteen: Show a little faith, there's magic in the night!
Ich war so viele Jahre ein Drehmoment-Junkie und das stets am liebsten im Herbst. Dafür
hab ich mit Blut und Knochensplittern bezahlt. Das ist eine spröde Währung, aber
letztlich scheint mir der Kurs okay. So geht eines der zentralen Kräftespiele in unser
aller Leben: Was gebe ich wofür? Worin möchte ich etwas konvertieren?
Heute bin ich vom Denken so müde oder so
müde zu denken, da zeigt sich dann so deutlich, daß all dieses Denken sich nicht bloß
in Worten, Sätzen, sondern auch in Bildern ereignet und in Stimmungen. Manchmal sehe ich
etwas, das sich in etwas einlöst, weil es etwas auslöst. Ich meine das nicht polemisch,
sondern mit der heute gerade noch möglichen Präzision.
Stellen Sie sich vor, wie sehr all jene
leiden, denen keine Verständigung mit sich selbst gelingt, die zuallererst für sich
selbst taub sind. Das bleiben enorm anspruchsvolle Vorgänge. Wenn es mir gelingt, dafür
zu sorgen, daß mir die Welt nicht schon wieder den Kopf volldröhnt, sind es weniger die
Worte und Sätze, dann sind es vor allem die Bilder, denen meine gedämpfte
Außenwahrnehmung Raum gibt. Diese Bilder beginnen aber schließlich mit dem zu
korrespondieren, was außer mir ist. Blicke. Blicke sind wichtig.
Ich hab mich gerade wieder von diesen Momenten
abgewandt, wo mir beispielsweise auffällt, daß Männer in ihrer zweiten Lebenshälfte
sich gebärden können, als würde ein Rudel Teenagers den adretten Justin Bieber feiern.
Das ist vor allem grotesk und spottet nicht nur jeder Beschreibung, sondern verschlägt
einem auch jeden Kommentar. Wie groß muß da der Wunsch sein, etwas zu gelten, daß sich
jemand so verhält?
Nebenbei habe ich noch den Mann mit den
tanzenden Augenbrauen im Sinn, wie er sich ein weißes Kreuz beschafft hatte, mit dem er
sich dem Lauf der Dinge zuwandte, als würden ihm Vampire und Werwölfe drohen. Was für
eine erbärmliche Posse! Unter den Füßen all dieser Clowns ruht dann das Land mit seinen
Untiefen des Geschehenen. Wenn mir das Denken wieder besser gelingt, will ich überlegen,
was daran bemerkenswert bleibt. |