28. September 2017 Ich dachte, Daniel P. Katz sei ein Auskenner,
womöglich ein Herr in gehobener Position, denn seine Signatur lautet: "Mit
freundlichen Grüßen Daniel P. Katz, Graz und Wien". Sie werden mir vielleicht
zustimmen, durchschnittliche Kräfte arbeiten entweder in Graz oder in
Wien, jemand wie ich überhaupt nur in Gleisdorf. Aber Graz und
Wien...
Inzwischen denke ich, dieser Katz ist ein Avatar,
hinter dem sich jemand verbirgt, der mich persönlich kennt und der mit etwas ausrichten
wollte, aber mangels Haltung es auf diese Art tun muß; nämlich mir über den Leiter des Johann
Puch Museum Graz endlich einmal klar machen, was ich dem Haus und der Welt im
Internet antue.
Das ist auf seltsame Art originell und auf
besondere Art niederträchtig, das ist zugleich ein illustrer Beitrag zu unserem Mythos
Puch IV und ein guter Denkanstoß zu Fragen der Netzkultur. Um es
vorwegzunehmen, der Katz-Befund ist unmißverständlich negativ.
Ich zitiere: "Eure Homepage ist die
schlechteste und langweiligste Website, die ich in der Branche kenne." Oder: "Herr
Krusche ist ein netter Kerl und ein engagierter Enthusiast, aber alle Homepages, wo er die
Finger drinnen hat, sind leider wirklich unprofessionell und fad,..."
-- [Die komplette Email]
--
Ein paar der Kritikpunkte bleiben irrelevant,
weil sie keine sachliche Substanz haben. Etwa: "die Museumsrevue z. B. ist seit
2014 nicht mehr aktualisiert". Das kommt daher, daß danach keine mehr
erschienen ist. Doch viel interessanter ist der detaillierte Vorwurf einer Antiquiertheit
von Websites, die über HTML-Pages und Framesets daherkommen, wobei da
noch nicht einmal Stylesheets verwendet werden, während wir längst von Websites
umgeben sind, die auf völlig neuen technischen Grundlagen beruhen.
Man könnte sich natürlich fragen: Warum
verharrt der Krusche bei einer Webtechnologie des vorigen Jahrhunderts? Es gibt inzwischen
vermutlich wenigstens zwei Generationen junger Menschen, die haben sowas wie meinen HTML-Editor
noch nie gesehen.
Wer die Katz-Mail genauer
liest, wird eine Ahnung bekommen, daß er weder von Museums- Didaktik, noch von Netzkultur
eine nennenswerte Ahnung hat, woraus man schließen darf: hier hat ein Laufbursche aus dem
österreichischen Ministerium für Niedertracht seine Jausenpause für eine
kleine Fingerübung genützt. (Er wird noch üben müssen.)
Aber reden wir über Netzkultur.
Nachdem ich die Katz-Mail publiziert hab, kamen einige lesenswerte Rückmeldungen. Dabei
ist zum Beispiel ein kleiner Kommentar von Profi-Seite sehr nützlich. Alfred Urleb von Wigl-Design
meinte: "Habe auch lange damit herumgespielt. Aber, ist halt leider nicht
responsive. Also Handy - no sorry. Und zu einigen Browsern auch nicht mehr
kompatibel."
Zutreffend! Das bedeutet, wer heute via Web
offensiv an ein Publikum heran möchte, muß selbstverständlich eine Website haben, die
auf allen Arten Smartphones funktioniert und jüngsten Browserversionen gewachsen ist.
(Meine nicht!)
Wie oben angedeutet, ich habe im vorigen
Jahrhundert bei zwei Neuerungen die Bremse angezogen: Stylesheets und Flash.
Mouseovers machen mich aggressiv. Websites, bei denen etwas aufpoppt, was ich
nicht angeklickt habe, streiche ich in den meisten Fällen aus meinem Leben.
Das steht natürlich im Kontrast zum
Katz-Kommentar: "Und jedes Fahrzeug muss man anklicken, um eventuell Info dazu fu
finden, die Arbeit tut sich keiner an. Die Internet-User sind heutzutage verwöhnt." So
viele "verwöhnte" User, die ich nicht erreichen kann... Das handelt von zwei
Problemen:
1) User, die eine Information gar nicht erst
finden und anklicken möchten, sondern schauen, was die Software ihnen andient, sind in
meiner Welt und bei meiner Arbeit ohne weiteren Nutzen.
2) Softwareentwicklung und Browsertechnologie
bringen in immer kürzeren Zyklen Neuerungen, die sehr wesentlich davon geprägt scheinen,
daß der Sender dem Empfänger bestimmte Inhalte aufdrängen möchte, was in der
intergalaktischen Flut von Inhalten immer schwieriger wird.
Ich hab kein brauchbares Motiv, in diesem
Wettlauf mitzumischen, bei dem ein Hauptmerkmal die permanente Beschleunigung ist. Als
Zbigniew Brzezinski Mitte der 1990er Jahre den Begriff Tittytainmet in die
Debatten warf, hatte Neil Postmans Diskursbeitrag "Wir amüsieren uns zu Tode.
Urteilsbildung im Zeitalter der Unterhaltungsindustrie" schon ein Jahrzehnt
Laufzeit drauf.
Als ich 1998 meine erste Website in HTML
gebaut habe, hier die damalige
Startseite, waren demnach unter uns schon etliche Jahre der Diskussionen und der
Medienkritik absolviert. Was nun Katz "leider wirklich unprofessionell und
fad" nennt, ist visuell und technisch tatsächlich auf dem Stand von damals,
bloß hat das gute Gründe.
Das heißt auch, als das Internet laufen
lernte, wie Katz betont, habe ich die neuen Möglichkeiten erprobt, ausgelotet, und
in dieser Netzkulturpraxis festgestellt, daß ich im Kernbereich fortan jenes "kühle
Extrazimmer" nutzen werde, um ein Docuverse aufzubauen, das weit mehr
mit einer alten Bibliothek zu tun hat als mit dem Web, aber um die Möglichkeit von Hypertext
ergänzt.
Das wäre der nun "fade Bereich", wo
der "verwöhnte User" jeden Link anklicken müßte. Wer Wissenserweb und
Wissenszugang auf traditionelle Art schätzt, wird damit kein Problem haben. Für die
laufende Erzählung nutze ich auf verschiedenen Bereichen natürlich zeitgemäße Content
Management-Systeme. Ob das Kunst Ost
meint, das GISAlab oder den Puch-Motorblog.
Das bedeutet, ich suche mir für MEINE
Intentionen und MEINE Vorhaben die jeweils passende Technologie im Web und zu MEINEN
Intentionen gehört nicht, da draußen jemanden zu verwöhnen oder
Publikumsmaximierung zu betreiben. Das bringt mir in der Arbeit und zu meinen Inahlten
nichts.
Es poppt auf meinen Websites auch nichts auf,
denn ich hab im vorigen Jahrhundert an einem Paradigmenwechsel festgehalten, der mir
damals zusagte, was bis heute hält: Wenn Broadcasting bedeutet, daß ein
Sender viele Empfänger bedient, übrigens das Prinzip des Faschismus, dann meint
die neue Netzkultur: viele Sender bedienen viele Empfänger.
Dabei sollten nicht mehr einzelne Personen mit
Infos bestürmt werden, sondern ich deponiere relevante Informationen und markiere sie mit
Links. Ein Interessiertes Publikum wählt selbst, was aufgemacht/heruntergeladen
werden soll. Genau dieses Paradigma ist allgemein längst gefallen, bleibt aber in meiner
Arbeit nach wie vor relevant.
Ich vermute, der anonyme Laufbursche aus dem
österreichischen Ministerium für Niedertracht kennt weder jenen Teil der
jüngeren Entwicklung unserer Kultur, noch sind ihm die Gründe geläufig, die dabei mein
Tun bestimmen. (Wird fortgesetzt!)
-- [Kunstsymposion] --
P.S.:
Zur steirischen Netzkultur und ihrer Basis in den 1980er Jahren siehe zum Beispiel: "Nette
Roboter und neue Computer" [link]
P.p.S:
Es stimmt schon, auch ich verliere gelegentlich völlig den Überblick in meinem Docuverse
und kann gelegentlich etwas nicht finden. Ärgerlich...
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