15. August 2017

Wie gerne ich mich auf dem Boulevard umtreibe. Trost in den leichten Dingen, Ermutigung in den Katastrophen anderer. Die Welt ist schlecht, doch meine Welt ist gut, was ich kaum wüßte, wenn ich nicht erfahren könnte, wie schlecht die Welt der anderen Leute ist.

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(Quelle: Kleine Zeitung)

Unter uns Chorknaben und Betschwestern: Wie muß jemand emotional drauf sein, um mit dem Produzieren solcher Textchen sei Brot zu verdienen? Mutmaßlich wird das heute noch mit den gleichen Floskeln wie vor 30 Jahren begründet: "Die Leser wünschen das." Ich hab derlei Mumpitz vor einem Weilchen wieder gehört, wo mir eine Redakteurin so eine Position mit ihrem Studium begründet hat. Eine kuriose Bemäntelung kommerzieller Interessen, die man ebenso offen spielen könnte, denn im Reich der "Bürgerreporter" und "Regionauten" sorgt ja tatsächlich die Leserschaft selbst für die Einebnung der Nuancen. So what?

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(Quelle: Kleine Zeitung)

Danach wurde ich mit dieser Perle verwöhnt. Welcher leitende Redakteur weist irgendjemanden an, solche Schmonzetten zu verfassen und ins Blatt zu rücken? Warum schmeißt er sich nicht aus Überdruß vor einen dieser Züge, da es offenbar für Zeitungsprofis zu wenig Interessantes zu tun gibt? Oder muß ich einfach verstehen, daß wir uns alle seit zweitausend Jahren im Circus Maximus befinden, daß immer jemand den wilden Tieren hingeworfen werden will und daß in den Pausen des Zerfleischens dann eben so kleine Szene eingestreut werden mögen? Kurzweil ist Pflicht!

Das wird es wohl sein und wir haben längst gelernt, uns dabei blenden zu unterhalten, wahlweise maßlos zu staunen, sobald wir selbst in die Fänge eines circensischen Beißwerks geraten. Ich kenne mich da zum Glück schon aus, habe das hinter mir und überlebt, nicht bloß metaphorisch, sondern ganz real, auf dem Boulevard zerfleischt. Das interessante daran, es hat keine anhaltende Außenwirkung, wenngleich die innere Verstörung Jahrzehnte zu überdauern vermag. Das erklärt eventuell an der einen oder anderen Stelle die Radikalität des Mahl- und Beißwerks; und übrigens: "Die Leser wünschen das."

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Na, Schwamm drüber! Es ist dran kaum zu rühren. Und wo wir inzwischen finden, daß sogar ganze Kulturabteilungen sich kaum noch der Wissens- und Kulturarbeit widmen, sondern lieber dem PR-Geschäft, den circensischen Disziplinen, mag ruhig weiter in Polizistenstiefel gebissen werden. Der Kontrast dazu läßt sich ohnehin bloß in Nischen einrichten.

Unser Kunstsymposion ist so eine Nische. Gestern saß ich mit Unternehmer Ewald Ulrich beisammen, um den Status quo des Projektes zu bereden. Dabei brachte er "Passaths Passagen-Karten" mit, die er eben produziert hatte: [link] Die können Sie nirgends kaufen, sondern nur bei uns erhalten, um dann beim Symposion mit dem Code auf der Kartenrückseite einen von Passaths Robotern anzuwerfen. Der zeichnet ihnen etwas und Passath signiert das Blatt.

Das ist ein kleines Ereignis in der Nische. Dazu gibt es inzwischen eine zunehmend sichtbare Hintergrundfolie. Ich schreib gerade an meinem Beitrag für die Leiste "IT Entwicklungen der letzten Jahrzehnte", wo sichtbar werden soll, wie sich innerhalb unserer Biographien die Dritte Industrielle Revolution ereignet hat. Das Kuriose daran, im Rückblick zeigt sich, wie sehr wir exponierte Akteurinnen und Akteure dieses Geschehens wurden.

Einer unter uns ganz besonders, nämlich Wissenschafter Hermann Maurer. Er ist jemand, der bei Heinz Zemanek gearbeitet hat, welcher für mich gleich nach Konrad Zuse kommt. Zemaneks "Mailüfterl", ein "Binär dezimaler Volltransistor-Rechenautomat", gehört zu den Pionierleistungen dieser industriellen Revolution.

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Nun krame ich in Schachteln und Schubladen, um Reste der frühen Phasen unserer Kulturarbeit in EDV-Verknüpfung zu finden. Viel ist nicht erhalten geblieben, zumal sich veraltete Hardware oft stapelte, störend im Weg herumstand, also zu entsorgen war. Aber das hat auch seine Richtigkeit. Es wäre sonst in Archiven zu ersticken und der Lauf der Dinge würde stocken. Hier übrigens ein kleiner Überblick zum Thema, von Hermann Maurer verfaßt: [link]

Das bedeutet auch, wir haben nun im mehrjährigen Bemühen um eine spezielle Wechselwirkung zwischen Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft einen bemerkenswerten Stand der Dinge erreicht...

-- [Das 2017er Kunstsyposion] --

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