18. April 2017 Syrien
macht deutlich, daß USA, Rußland und China ein globales Match in Gang haben, welches
beispielsweise dort, stellvertretend, ausgetragen wird. Nebenbei nutzt die Türkei diese
Krisenregion, um weiter gegen Kurden vorzugehen.
Ich würde gerne verstehen, wie Europa in diesem Gefüge zu
sehen sei. In der polemisch forcierten Kleinstaaterei, bei all den Betonungen
nationaler Interessen im angeblichen Kontrast zu jenen Europas, wird mir das vorerst
einfach nicht klar. Die offene Frage: USA, Rußland und China. Und Europa? Wie paßt das
in so eine Skizze?
Über derlei Dinge zerbreche ich mir den Kopf, wenn ich bei
meinen Spaziergängen auszugleichen versuche, was täglich viele Stunden
Computerarbeit an meinem Körper bewirken. Dabei habe ich dann auch ganz andere
Angelegenheiten vor Augen. Etwa, wenn ein rustikaler Nachrichtenkanal gelöscht wurde.
Derlei Tische im öffentlichen Raum von Gleisdorf erhalten
laufend Eintragungen. Ich lese sie stets mit Neugier. Nun also freie Fläche für neue
Botschaften. An anderen Stellen entdecke ich Mitteilungen, die man leicht übersehen
könnte. Jetzt wird neuerdings auch in Imbißbuden nicht mehr MIT sondern AUF angerichtet,
bald womöglich AN.
Damit meine ich, das Wokgemüse auf bunten Nudeln
macht sich schon eine Spur eleganter als mit bunten Nudeln, aber an
bunten Nudeln wäre es unübertrefflich. Wer vermutet, derlei sprachliche Nuancen seien
unerheblich, unterschätzt womöglich ganz eklatant, in welchem Maß wir über Sprache
Realität herstellen. Apropos!
Überdemokratie als etwas, worüber zu sprechen
wäre. Über Demokratie, über Verantwortung, über Architektur, über Integration, über
Sprache... Unsere letzte Session im mehrjährigen Projekt "From Diaspora to
Diversities". Am 26.4.2017 in der Akademie Graz: [link]
Der Projekttitel nennt eine unserer großen
Fragestellungen; wie wir damit umgehen möchten, daß so viele Menschen in Bewegung
gekommen sind, was die ideologisch begründete, bloß angebliche ethnische "Homogenität"
der Nationalstaaten mehr in Frage stellt, als jede Debatte.
Gerade die aktuellen Kontroversen um das
Verhalten des türkischen Präsidenten Erdogan haben bei unseren Nachbarn Diskussionen
über "Deutsch-Türken" teilweise zum Eskalieren gebracht. Auch in
Österreich wird an solchen Kategorien Unruhe festgemacht. Ich höre oft, man müsse sich
entscheiden, ob man Deutscher oder Türke sei. Aha!
Seit wann wissen wir, daß in einem Land Ethnos
von Demos unterschieden werden muß? Die ethnische Zugehörigkeit und die
legitime Zugehörigkeit zu einem Staatsvolk sind zweierlei. Diese Begriffe haben wir aus
dem Altgriechischen, also sind uns derlei Kategorien seit der Antike bekannt.
Ethnische Diskurse, wo sie ins Rassistische
gehen, kenne ich in Österreich erst aus Publikationen ab den 1890er Jahren. Es mag sie
vorher vereinzelt gegeben haben, wenn man von antisemitischen Anstrengungen absieht; auch
antiziganistische Kraftakte sind wohl älter. Aber die Marotte, daß Österreich nur eine
Sprache kennen möge und eine homogene "Kultur" habe, an der dem Einheimischen
so bald nichts fremd vorkommt, ist ein sehr junges Phänomen.
Ich bin übrigens in einem aktuellen LEADER-Kulturprojekt
intensiv damit befaßt, was wir uns derzeit unter Volkskultur vorstellen dürfen
oder sollen. Das ist einer der Gründe, warum ich mir auf meinen Rundgängen derzeit die
nähere Umgebung sehr genau ansehe: Was ist da an Spuren der alten agrarischen Welt? Wie
entwickelten sich Übergänge in die Industrialisierung?
Was davon ist heute noch sichtbar und was
davon wird tatsächlich gelebt? Siehe dazu: "Warum Volkskultur!" [link] Volkskultur ist übrigens
auch ein Teilthema in unserem Projekt "Mensch und Maschine": [link] Erst vor dem Hintergrund solcher Zusmmenhänge fange ich zu
verstehen an, wie sich Massenkultur, Pop und Gegenwartskunst zueinader verhalten. |