9. April 2017 ...dann
wären da noch Tage einer eigentümlichen Fülle, in die eine seltsame Stille
hineinschneidet. Meine Augen sind Jäger. Das absichtslose Schauen wäre die andere
Option. So oder so. Ein Strom von Erzählungen.
Wenn Zeit verrinnt, dann muß sie es meist wie Sand tun,
Wasser kommt dafür nicht in Betracht, Wein schon gar nicht. Heute morgen dachte ich
darüber nach, ob ich Menschen in Formationen beruhigend oder beunruhigend finden.
Darüber ist derzeit keine Klarheit verfügbar. Auf den
heutigen Wegen traf ich meinen Nachbarn, dem nur ein mehr Teil seiner Lunge geblieben ist.
Seine umgehängte Sauerstoff-Flasche versorgt ihn drei bis vier Stunden, dann muß er sie
nachgefüllt haben, um noch unter uns zu bleiben.
Ich bin aus dem Alter heraußen, wo ich ein Memento
mori ignorieren könnte. Ich bin zu alt, um solche Augenblicke mit einer
Überinterpreation zu befrachten. Es sind vor allem triviale Kleinigkeiten. Daraus türmt
sich mitunter eine komplette Existenz auf.
Läßt sich eigentlich mit Sicherheit sagen, daß ich je
ein Kind gewesen bin? Falls ja, habe ich mich bürsten und lackieren lassen, auf daß
erwachsene Menschen in ein Lächeln verfielen, wenn sie mich anblickten?
Es gibt ja Lebewesen, die reißen dir die Kehle heraus,
wenn du sie lächelnd anblickst. So angenehm die Kunst, sie kostet nur selten jemanden das
Leben. Manchmal verspüren Menschen das Bedürfnis, mich nach dem Sinn meines Tuns zu
fragen, nach dieser oder jener Bedeutung.
Ich würde mich selbst für töricht halten, wollte ich mir
solche Fragen vorlegen. Möglicherweise erregt man aber Mißtrauen, wenn man Dinge tut,
die anderen als sinnlos erscheinen. Ich mag zum Beispiel das Wort Kohärenz. Man kann es
schlucken wie ein Stück Brot und dann anderen mit glänzenden Augen begegnen. Kohärenz
und Curry. Beides sehr schöne Worte.
Oder reden wir über Politik. Zum Beispiel über die
Segnungen des real existierenden Eskapismus. Sie ahnen schon, ich bin nicht gerüstet, die
Welt zu retten. Ich rechne damit, daß die Welt mich abwerfen wird, ohne der Rettung
bedurft zu haben. |