5. Jänner 2017 Also Österreich.
Unsere Heimat. Unsere Kultur. Blabla. Das kommt auch implizit daher, da
muß gar nicht erst geraunt, angedeutet werden, da wissen wir schon und da verstehen wir
auch: Ich finde das mit der Autorensprache verständlich."
Quelle: Die Presse, 4.1.2017
Autor Lothar Struck [link] hat mir gestern eine
bemerkenswerte Erfahrung beschert, die einmal mehr illustriert, in welchem Maß der
heimische Kulturbetrieb inzwischen zum Spielplatz von Spießern und Mittelschicht-Trutschen
geworden ist, die allerhand fühlen und mit diesem Gefühlten letztlich
auch Politik machen.
Der Anlaß dieser Erfahrung ist eine unappetitliche
Geschichte, zu der ich noch Bestätigung durch andere Medien erhoffe. Derzeit ist mir die
Faktenlage etwas unklar. Aber Jochen Jung ist kein nebulöse Plaudertasche, kein Nebbich
des Kulturgeschehens, ich setze also auf seine intellektuelle Selbstachtung und daher auf
die Stichhaltigkeit des Berichtes, betreffend Florjan Lipu: "...dass zwei
der Anwesenden den Vorschlag entschieden ablehnten, und zwar unfassbarerweise mit dem
Argument, der Autor schreibe ja nicht auf Deutsch." [Quelle]
Nun meinte ich mit Spießern und Mittelschicht-Trutschen
nicht das bezeichnete Gremium, denn da weiß ich noch gar nicht, wer nun was verfügt hat.
Ich meine einen kleinen, bezeichnenden Facebook-Dialog. Allerdings, ich wurde
inzwischen schon mehrfach unterschiedlich streng ermahnt, solche Zuschreibungen zu
unterlassen, derlei Abschätzigkeit würde der Sache schaden.
Welcher Sache? Dieser Spießerkultur, in der immer
mehr gefühlt und dann unbegründet herumbehauptet wird, während ein
ungeschminkter Austausch von Ansichten als unfein gilt? Wir könnten ja auch interessanten
Dissens miteinander haben. Das wäre sogar begrüßenswert. So was ist oft anregend. Aber
nein, es wird erst ans Licht der Öffentlichkeit gehüpft, um eine etwas üble Duftmarke
zu setzen und dann
zapp! Weg ist die Fee.
Quelle: Die Presse, 4.1.2017
Ich bedanke mich allerdings gerne für derlei
O-Ton-Spenden, die seriös zitiert werden können, weil ich dann meinerseits nicht mehr
bloß auf das Fühlen und Herumbehaupten angewiesen bin. Nun also Klartext. Ein
Staatspreis könne an den Österreicher Lipu nicht vergeben werden, da er in seiner
Muttersprache schreibt. Slowenisch. Eine Dame aus der Buchbranche versteht das, ich
dagegen leider nicht.
+) Vera E. merkt an: Ich finde das mit der Autorensprache
verständlich."
- Ich frage: weil?"
+) Vera E.: muss ich es
rechtfertigen? Es ist einfach meine Banale Privatmeinung."
- Struck fragt: Wieso rechtfertigen? Aber wie wäre es mit
einem Argument?
- Ich schlage vor: BEGRÜNDEN wäre hilfreich, zumindest wenn man mit privaten
ansichten die teilöffentlichkeit eines massenmediums betritt. wozu sonst die
mitteilung?"
+) Vera E. schreibt: sm sammelt Meinungen. Dieser Ansicht war
ich. Möchte der Herr eine fachliche Analyse von mir dazu? (Dies ist eine rhetorische
Frage) Bin seit 20 Jahren in der Buchbranche. Info: Literatur ist Kunst, nicht
Politik!"
- Darauf Struck: Dann dürfte Ihnen ja eine
Begründung für Ihre Meinung nicht schwerfallen. Ich finde nämlich keines (bin aber auch
kein Österreicher)."
- Und ich: warum so spröde, madame? und ich verstehe die genannte meinung noch
immer nicht. was weiß man denn nach 20 jahren in der branche über solche
entwicklungen?"
+) Vera E.: meine Herren: ich
verabschiede mich und werde Euren Traffic nicht erhöhen. Leben Sie wohl!"
Worauf der ganze Dialog auf Facebook verschwand.
- Ich: oh! schätze, ich wurde grade von einer lebhaften buchhändlrin
blockiert... na denn..."
- Stuck: Dto. (Man nehme es als Auszeichnung.)"
Über die Null-Meldung, daß sie etwas versteht, aber nicht
darlegen möchte, was sie da eigentlich versteht und warum, könnte
eventuell hinweggegangen werden. Doch leider nicht vor dem Hintergrund unserer Geschichte,
in der Ethnos und Demos immer noch gerne vermischt werden, in der Nation
oft nicht politisch, sondern lieber kulturell gedeutet wird, was dann Staat
und Staatsvolk gerne mit EINER Sprache assoziiert, in unserem Fall mit Deutsch,
andere Sprachen ausschließt..
Und das heute, 2017? Tja... Wie ich nun darauf komme, daß
solche Überlegungen angebracht wären? Durch Frau Vera E., die da schrieb:
"Info: Literatur ist Kunst, nicht Politik!"
Was via Massenmedium publiziert
wurde, kann eben deshalb wohl
eher nicht mehr als Privatmeinung gelten. Quelle: Facebook, 4.1.2017
Sie deklariert eine eminent politische Handlung als nicht
der Politik zurechenbar. Die Ablehnung des Autors Florjan Lipu ist im
gegebenen Fall nicht künstlerisch begründet, sie ist ethnisch begründet. Das
ist nicht nur politisch, das ist überdies nationalistisch; und zwar im Geiste
der ethnischen Diskurse, wie sie ab den 1890er Jahren bei uns sehr populär wurden, vor
allem auch die autochthonen Slowenen Österreich-Ungarns betreffend.
Das hätte in den Jahrzehnten danach fast zur Auslöschung
einer Kultur geführt, wo zum Beispiel steirische Sloweninnen und Slowenen sich lange Zeit
völlig vor öffentlicher Wahrnehmung verbargen.
In dieser Tradition argumentiert Vera E., noch dazu, indem
sie bloß andeutet, aber nicht begründet. Das dockt geschmeidig an jene bis heute nicht
verklungenen Ressentiments gegen unsere südslawischen Mitmenschen an. Ich möchte sogar
für möglich halten, daß Vera E. gar nicht bewußt ist, in welche Kontinuität sie da
eingetreten ist.
Ressentiments funktionieren ja genau so, daß man eine
Abneigung empfindet, die man rational nicht zu begründen weiß. Das ist zugleich die
schäbige Seite solcher Attitüden, vor allem, wenn man sie via Massenmedien hervorkehrt.
Wie verräterisch der Satz "Info: Literatur ist
Kunst, nicht Politik!", denn was die Dame andeutet, der Wunsch nach ethnischer
Trennschärfe, ist ganz speziell der Literatur zu verdanken und genau durch Literatur zu
Politik geworden. Das wurde einst von vaterländischen Lehrern, Journalisten und Dichtern
geschrieben, verbreitet, führte unser Leute von Verdun über Auschwitz bis Srebrenica.
Auch was die südslawischen Leute einander in den 1990ern
real an Grausamkeiten angetan haben, wurde zuerst geschrieben, kann bis ins Detail in
überlieferten Quellen nachgelesen werden. Literatur ist Kunst, nicht Politik?.
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