29. Juni 2016 Die
Kontroverse, von der ich hier erzähle, macht offenkundig, wie sehr es öffentlicher
Debatten bedarf, was denn unter Patriotismus verstanden sein kann, unter Ehre,
Treue, Stolz, Volk, Kultur, auch Volkskultur, was wir mit den Wurzeln
und den Werten des Abendlandes meinen könnten.
Ich gerate manchmal mit Menschen aneinander, die sich in
ihren Positionen auf solche Inhalte berufen, wo sich schnell zeigt, sie benutzen bloß die
Worte, haben zu den Inhalten keine Meinung, die sich mitteilen ließe. Sie reden groß,
meinen es aber nicht so.
Ehre und Stolz sind völlig trübe
Kategorien, mit denen eine politische Haltung nicht beschrieben werden kann. Zielt die
halb durchgeladene Glock zufällig auf den Kopf unseres
Wappentiers? (Quelle: "Österreich zuerst", Facebook, 21.6.2016)
Das ist ein Umgang wie mit Zaubersprüchen, deren Aufsagen
etwas bewirken solle. Sie können sicher sein, daß man Ihnen sofort pure
Phrasendrescherei zumutet, wenn sie an einen unserer umtriebigen Patrioten, geraten,
dessen Meinung Sie nicht teilen möchten. Er wird Ihre Einwände ansatzlos mit Grobheiten,
Beleidigungen, Unterstellungen quittieren.
Das ist Phrasendrescherei, wie sie in einer halbwegs
manierlichen Unterhaltung nicht vorkommt. Befunde wie "Jede andere Behauptung ist
doch linksidiotische Selbstherrlichkeit von rückgratlosen Pseudohumanitären",
oder "Dummes Herumgewurschtel und billige Ausreden", oder "Geisteskranke,
oder linke Politiker", auch "Für mich ist das pseudo intellektuelles
Geschwafel".
Es liegt ein verläßlicher Hinweis auf solchen Mißbrauch
der Begriffe in diesem Phänomen, daß eine gegenteilig geäußerte Meinung Ihnen sofort
Grobheiten, Beleidigungen einbringt.
Das bedeutet, so ein Patriot greift sofort an, falls man
ihm nicht zustimmt, versucht so, sich um eine inhaltliche Auseinandersetzung zu drücken.
Das ist neuerdings die Art von Mumm, mit der mir die "Mannhaftigkeit"
vaterländischer Burschen demonstriert wird.
Wer an einem Meinungsaustausch und an einem Wissensgewinn
interessiert ist, verwendet keine solchen Floskeln in der Debatte, weil sie nichts
aussagen, nichts mitteilen. Was genau soll den das eine, eine "linksidiotische
Selbstherrlichkeit"? Was soll "pseudohumanitär" ausdrücken?
Das sind Phrasen für Scheindebatten.
Wo ist das so und wie geht das?
(Quelle: "Österreich zuerst", Facebook, 7.6.2016) |
Ganz klar, daß sich solche Kräfte ihren
hohl tönenden Diskussionsstil mit Berufung auf Demokratie und Meinungsfreiheit absichern
möchten. Die betont hart und harsch auftretenden Patrioten sind aber dann oft von einem
äußerst zarten, man möchte schon sagen, geradezu schwächelnde Ego geleitet.
Das obige Beispiel behautet, als einer von über 80 (!)
Millionen Deutschen müsse jemand die Klappe halten? Ein derart erbärmliches
Selbstbewußtsein schreit nach ärztlicher Betreuung und einem geschützten Arbeitzplatz.
So zeigt sich das vielleicht Deprimierendste an derlei
vaterländischen Ausritten. Diese Art weinerlicher Knierutscherei vor den paar Fremden,
über die weiters berichtet wird, daß sie ohnehin kein Deutsch könnten. Die sind die
vorhin gezeigten Qualitäten Stolz und Ehre von Tränen des Selbstmitleids durchnäßt.
Stolz und Ehre, diese Worte bezeichnen vor allem einmal
Emotionen, die man zwar haben, aber schlecht propagieren und vor sich hertragen kann, denn
die Inszenierung von Stolz und Ehre ist schon das erste Abfallen von dieser Haltung. Gut,
auch diese Behauptung ist Ideologie.
Altmeister Fredi Thaler: Man kann,
was man sagt und
man sagt nur, was man weiß
Wenn ich zum Beispiel seit Jahren über "Die Ehre
des Handwerks" [link]
schreibe, dann kommt in diesen Schilderungen immer wieder ein Ethos der Hackler
vor. Man kann, was man sagt und man sagt nur, was man weiß. Man glänzt nicht vor der
Welt, sondern macht gute Arbeit.
Das finde ich stets neu bestätigt, wenn ich etwa
Altmeister Fredi Thaler in seiner kleinen Garage in Graz besuche, wo derzeit ein
historisches Fahrzeug, das einzige seiner Art, wieder aufgebaut wird: [link]
Und Stolz? Kürzlich hab ich eine Frau besucht,
Tochter einer Magd, damals daher auf einem Hof weniger wert als das Vieh. Ich kann den Stolz
in ihren Augen sehen, daß sie in ihrem eigenen, adretten Haus wohnt, daß ihr Sohn es zum
Universitätsdozenten im Montanwesen gebracht hat, aber es gibt bei ihr keine eitlen
Worte, keine Großspurigkeit, nichts von all dem, was mir vor Ort von meinen Patrioten
entgegenschwappt.
Würden sich unsere Patrioten nicht
mit ihren Saufkumpanen, sondern mit
Frauen wie Maria Kaindl messen, was wäre das Ergebnis?
Hier ein kleiner Bericht über Maria Kaindl, an der man
Stolz und Ehre finden kann: [link] Bei ihr allerdings ganz ohne die Großspurigkeit von Patrioten,
deren "Vaterlandsliebe" sich auf so merkwürdige Arten hervortut;
hauptsächlich durch Maulheldentum, das sich in ihren Taten nicht beweisen will.
Damit will ich auch sagen, daß ich im Volk
laufend jene Personen antreffe, an denen man ruhig Maß nehmen kann, an ihrer Haltung, an
ihren Taten, wenn man sich fragt, worauf sich Emotionen wie Stolz und Ehre
gründen mögen. Wer sich in diesen Fragen groß hervortut, sollte ihnen allerdings das
Wasser reichen können.
-- [In der Ebene: Gleisdorf]
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