26. Juni 2016 Es gibt keinerlei Hinweise, daß sich der selbstständig Erwerbstätige
Oliver H. bisher im Raum Gleisdorf je zu einem der sozialen Probleme, die man auffinden
kann, engagiert oder wenigstens exponiert hätte.
Das Gleisdofer Beisel, in dem er gelegentlich
etwas Freizeit verbringt, kenne ich gut, weil ich dort den Weißburgunder und die
Geselligkeit schätze. An diesem Ort wäre mir auch noch nicht aufgefallen, daß sich
Männer zur Beruhigung ihrer Gemüter auffallend der Wertschätzung von Frauen gewidmet
hätten.
(Quelle: Facebook) |
Als nun die Kolportage eines
sexuellen Übergriffes auf ein Mädchen die Runde machte, hörte der vaterländische
Oliver H. die Alarmglocken seines Gewisses läuten. Der Vorfall ist zwar derzeit noch ein
Beispiel für "Stille Post" in der Medienwelt, denn Der Standard zitierte
die Krone, welche die NÖN zitiert hatte. Das ist ja eine etwas dünne
Faktenlage, in der überdies bezüglich des Täters nur die Möglichkeitsform
vorkommt.
"Laut 'NÖN' lasse sich laut dem
Bürgermeister nicht ausschließen, dass es sich dabei um einen Asylwerber handeln
könnte." [Quelle] Laut dem und laut jenem könnte, könnte, könnte. Das ist
vorerst noch so gut wie Kaffeesudlesen, also nichts wert, um den Aktivitäten der
untersuchenden Exekutive vorzugreifen. Klartext: Das ergibt doch keinen speziellen
Handlungsbedarf.
Aber Oliver H. weiß das besser. Woher?
Vermutlich aus einem ruhigen Winkel im erwähnten Beisel, wo ich ihn gelegentlich
auftauchen sehe, möglicherweise bei der Kaffeemaschine. Er klärt die Brisanz der Lage
und Tage offenbar intuitiv und er macht es treffsicher, denn er wendet sich nicht etwa an
den Bademeister oder den Gleisdofer Postenkommandanten, er wendet sich gleich an den
Bürgermeister.
Zitat: "Ich hoffe doch, es wurde
seitens des Bürgermeisters von Gleisdorf für eine ausreichende Sicherung des 'Freibad
Gleisdorf' gesorgt. Denn die 'bedauerlichen Einzelfälle' in Freibädern im Zusammenhang
mit 'traumatisierten Schutzbefohlenen' nehmen jeden Tag zu."
Der Patriot sagt den anderen Leuten, was sie
tun sollen. Er selbst schließt sein Handeln jenseits davon aus. Es muß genügen, daß er
Alarmschreie absetzt.
Es wird in der folgenden Kontroverse noch zu
erfahren sein, daß und warum es der Patriot kategorisch ablehnt, dem Gemeinwesen privates
Engagement zu widmen, da er nämlich Steuern zahlt, die von anderen vergeudet würden.
Schlüssiges Denken würde vielleicht zur
Annahme führen, daß gerade derlei staatliches Versagen, wie es der Patriot beschreibt,
die Menschen erst recht fordern würde, sich ehrenamtlich zu engagieren, weil ja eben
dieses Versagen vorläge, welches zivilgesellschaftliche Anstrengungen geradezu
existenziell wichtig erscheinen ließe. (Kann man diese Überlegung nachvollziehen?)
Der Patriot Oliver H. zieht daraus allerdings
gegenteilige Schlüsse: Wenn der Staat versagt, sollte ich als Bürger genau deshalb
nichts tun. (Das folgt einer Logik, die ich noch nicht durchschaut hab.)
Zitat: "Ich zahle Steuern. Und das
nicht zu wenig, nur damit überbezahlte Bundespolitiker so gut wie nichts tun und mich
dann Leute fragen was ich für mein Land tue. Ja, absurde Welt. Stimmt schon..."
Ich möchte meinen, das ist so etwas wie "Patriotismus
neu".
Oliver H. präzisiert das:
"Umgekehrte Frage: Was tut die Gemeinschaft für mich? (Freiwillige Feuerwehr und
Rettungshelfer mal ausgenommen!) Und bevor ich teils fahnenflüchtige, kräftige junge
Männer aus aller Welt unterstütze (die gar kein Interesse haben ihre Frauen und
Kinder..."
Plötzlich versteht man, wozu
der vaterländische Selbstoptimierer "Die Ausländer" braucht. Er
braucht sie als Vorwand, um zu bemänteln, daß seine Vaterlandsliebe ein wenig skurril
ist.
Er braucht "Die Ausländer",
um davon in großen Gesten abzulenken, daß "mich dann Leute fragen was ich für
mein Land tue. Ja, absurde Welt."
Aber zurück zum eigentlichen Thema, zum
Anlaß der Belehrung für Gleisdorfs Bürgermeister und zur lebhaften Debatte auf Facebook,
bei der Oliver H. reichlich Unterstützung bekam.
Hat der vaterländische Heimatschützer das
Wohl der österreichischen Mädchen und Frauen im Sinn, weil er weiß, daß |
Und
wenn wir diese Helden an der Theke treffen...
(Quelle: AFÖ/ Facebook) |
erstens innerfamiliäre Gewalt
im Lande epidemische Ausmaße hat und zweitens die sexualisierte Gewalt dabei einen hohen
Anteil hat? (Siehe dazu das "Gewaltinfo"
unseres Ministeriums!)
Nein, das beunruhigte ihn bisher nicht
erkennbar. Aber ein einzelner Fall in "einem Freibad im Bezirk Mistelbach ",
der noch dazu bisher ohne Beleg ist, welcher Täter genau was getan hat,
läßt ihn zum warnenden Rufer werden.
Als Moritz W. die sehr berechtigte Frage nach
Fakten und Quellen stellte, nämlich: "Die Einzelfälle in Freibädern nehmen
jeden Tag zu? Seit wann das - gibt es dafür irgendeinen Beleg?", beschied das
der Patriot mit folgenden Worten: "Moritz: Ein bisschen ein blauäugiger Depp
biste schon, ne?"
Klar. Oliver H. braucht keine Fakten, er
braucht nämlich einen schillernden Deckmandel für seinen "Patriotismus
neu".
Der Heimatliebende schlägt von hausaus einen
zynischen Ton an, fragt nicht etwa beim Bürgermeister an, ob es denn Grund zur Sorge
gäbe, sondern polemisiert vom Start weg auf der Bühne von Facebook. Zitat:
"Oder haben wir es hier nur mit einer
ach so übertriebenen Form der 'besorgten Bürger' zu tun? Wohl kaum, wenn man sich die
Berichte der letzten Monate ansieht. Also, was wird hier präventiv gemacht? Oder wird nur
der besorgte Einwohner von Gleisdorf wieder als übertrieben aufgestachelter 'Wutbürger'
abgetan und zur Tagesordnung übergegangen?"
Darin liegt -- ach so -- freilich auch etwas
-- ach so -- liebenswürdig Kindliches. Wer einen versierten Kommunalpolitiker wie Stark
öffentlich derart bedenkenlos anrempelt, bloß um seinen Kumpels zu zeigen, was er für
ein Kerl ist, hat offenbar von Gleisdorf und der Realpolitik keinen Tau.
Es folgten in der Kontroverse noch etliche
Passagen, die überdeutlich machen, daß es nicht um Informationsbedürfnisse geht oder um
einen Meinungsaustausch, sondern vor allem darum, dem eigenen Milieu zu demonstrieren, was
man drauf hat, wenn man die Bühne des öffentlichen Diskurses betritt.
Genau deshalb ziehen sich auch die
Kraftlackel-Posen durch die ganze Debatte. Die Gefolgsleute von Oliver H. tun es ihm
gleich. Wer widerspricht, bekommt sofort eine Unhöflichkeit um die Ohren.
Außerdem lese ich fundierte Medienkritik, wie
etwa die von Gerald Sch.: "In der österreichischen Medienlandschft sind alle
gleichgeschaltet, auch die Krone, die Wahrheit muss man sich wo anders holen, Herr
T." (Und zwar genau... wo? Ah ja! Kaffeesud.)
Was soll der Staat leisten und was
die Zivilgesellschaft? (Quelle: Facebook)
Die ganze Debatte erweist sich als ein Fest
der Zynismus und der Abschätzigkeiten, als eine Operette der vaterländischen
Kerl-Nummern. Das sind also ganz harte Jungs? Nein, das sind die großspurigsten Männer
in dieser Geschichte ganz gewiß nicht. Im Gegenteil! Ich wette, an der Bar, so von
Angesicht zu Angesicht, würde der Patriot H. die Klappe nicht halb so weit aufkriegen.
Zur Sache selbst, zur Lage vor Ort, schrieb
Bürgermeister Stark unter anderem:
"Alle Bademeister unseres Wellenbades wurden sicherheitspolizeilich instruiert
und auch für das Thema an sich sensibilisiert."
Er verwies auf Maßnahmen: "Um
sicherheitspolizeilich bestmöglich vorbereitet zu sein hat Werner Schenk, Obmann des
Sicherheitsausschusses der Stadtgemeinde Gleisdorf, die MitarbeiterInnen des Gleisdorfer
Wellenbades im Rahmen eines sicherheitspolizeilichen Gesprächs auf mögliche
Herausforderungen vorbereitet." [Quelle]
Den Rest sollte ja eine couragierte und
aufmerksame Zivilgesellschaft beitragen können. Außer sie zahlen alle Steuern und
schließen sich dem Patriotismus neu an, der besagt: Ich zahle, also schaffe ich an,
machen soll dann wer anderer. (Fortsetzung folgt!)
-- [In der Ebene: Gleisdorf]
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