26. März 2016 Das heroische Zeitalter liegt eigentlich hinter uns; diese Ära, da
Feldherren Armeen aufmarschieren ließen und einzelne Helden sich in das Rad der
Geschichte warfen. Dazu wurde auch allerhand gebrüllt, so Sachen wie "Mein
Vaterland!". Wer sich in ein öffentliches Amt schrauben konnte, behauptete
gerne, er sei einem Ruf gefolgt und habe sich diesem Ruf nicht entziehen wollen.
Deathpool: "Hab ich den Herd
angelassen?"
Als ich mich kürzlich beim Film Deadpool
scheckig gelacht habe, dämmerte mir hinterher, daß dieses Ende der heroischen Zeit sogar
in der Populärkultur angekommen ist. (Ich kann mich einfach nicht entscheiden, ob ich popular
oder populär schreiben soll.)
Der Mutant Deadpool ist eine
wunderbare Attacke auf derlei vaterländische Kerl-Nummern mit ihren globalen Variationen,
den Weltrettern. Ohne Bösweicht kein retter. Klar? Also müssen notfalls Bösewichte
konstruiert weren, aufgebauscht werden.
Derweil läßt mich Daesch eher
ratlos; diese virulente muslimische Weltuntergangs-Sekte mit dem Anspruch, ein islamischer
Staat zu sein; immerhin ein Staatskonzept, vor dem ganz wesentlich Muslime in Scharen
wegrennen.
Sehr schlau ist dieses Konzept also wohl
nicht. Das muß man ja vielleicht auch den arabischen Antisemiten einmal flüstern.
Während Israel jüdische Leute aus aller Welt anzieht, reißt man vor ihnen und ihrer
Staatsidee aus, so schnell einen die Beine tragen.
Wir hätten noch allerhand über die verneinten
Nationen nachzudenken, während Politik aus der Mitte Europas uns teilweise ans Ende
des 19. Jahrhunderts zurückführen möchte, wo die ethnischen Diskurse hochgingen und der
Weg nach Verdun, nach Auschwitz und Srebrenica gerade erst breit und belebt wurde.
Vulkan (Hephaistos) legt Prometheus
in Ketten und Hermes grinst
(Gemälde von Dirck van Baburen)
Kürzlich hat dieses Daesch-Gesindel
in Brüssel zugeschlagen. Kinder Europas morden mit Berufung auf den Koran und
vaterländische Kräfte wollen deshalb die Grenzen Europas dicht machen. Das ist ja so
smart! Da stockt mir der Atem.
Dazu das ganze Geblöke in den sozialen
Medien. Da Europa die Heimat von rund 750 Millionen Menschen ist, sind die Daesch-Sektierer
nur eine unter vielen tödlichen Gefahren, dabei keineswegs die brisanteste. Auch was sie
an Mordopfern hinter sich lassen, ergibt im reinen Bodycount keine beeindruckenden Zahlen.
Da schaffen Alko-Lenker und Autoraser Jahr
für Jahr weit mehr unschuldige Menschen aus der Welt. Da kostet innerfamiliäre Gewalt
als eine der großen Epidemien unserer Kultur sehr viel mehr Leben. Da schlägt
sexualisierte Gewalt viel breitere Schneisen zwischen unseren Mitmenschen.
Und überhaupt gibt es Weltweit keine
größere gefährdung für das Leben und die Gesundheit von Frauen, als gewalttätige
Männer. Nicht einmal Krebs und Autoverkehr zusammengenommen bringen so viele Frauen um.
Aus diesen Daesch-Mördern wird
demnach ein Popanz aufgebauscht, was ja genau eines der Ziele von Terror ist. Terror ist
nämlich keine beeindruckende Taktik, sondern eine effiziente Strategie.
Das meint, in der direkten Konfrontation kann
man solche Kommandos ziemlich effizient weghauen. Die stehen doch keinen unmittelbaren
Schlagabtausch mit trainierten Sondereinheiten eines Staates durch.
Aber was sie BEWIRKEN, ist beeindruckend und
effizient. Sie bewegen uns zu Verhaltensänderungen, zum Umbau von Denkmustern, zum Wandel
unserer Politik, folglich unserer Demokratie. Sie triggern in uns alle Arten von
Betroffenheitsgymnastik und erhalten so via Massenmedien eine atemberaubende PR-Wirkung.
Hugh Glass -- "The
Revenant" -- trotzt einsam der Wildnis und den Mitmenschen
Damit meine ich, wir selbst liefern eine Menge
gute Gründe, mit denen die Dschihadis losziehen. Dabei habe ich noch nicht den
Kolonialstil unserer westlichen Wirtschaftseliten angesprochen, dank dessen wir zu den
rund 1,5 Milliarden Globalisierungsgewinnern zählen, unter denen sich derzeit ein rapide
steigernder Anteil vor den mehreren Milliarden Globalisierungsverlierern fürchten.
Als säßen wir im Sandkasten, reden nun
etliche von neuen Mauern, um jene fern zu halten, die uns nicht willkommen sein sollen.
Welche Mauer hätte je Elende ferngehalten? Welche Mauer wurde bisher nicht überwunden,
untergraben, durchbrochen?
Das schwant freilich auch den Dümmsten unter
uns, weshalb sie zur Aufrechterhaltung von Erregung ein Ausweichthema gefunden haben. Die "Islamisierung
des Abendlandes". Wie die zustandekommen soll, wissen wir freilich nicht.
Was wir wissen, ist der weitgehende Mangel an
starken inhaltlichen Einschlägen seitens arabischer Kulturen im Westen, seit Napoleon mit
seine Soldaten, Ingenieuren und Wissenschaftern in Ägypten gelandet ist. Welche
wissenschaftliche, kulturelle, technische, gesellschaftliche, ökonomische Innovation
hätten wir seither mit Interesse an arabischen Leuten beobachtet?
Womit sollten also Muslime das Abendland "islamisieren"?
Mit der wahabitischen Brutalvariante des Islam? Mit jener sektenhaften Version, die es
längst nicht mehr gäbe, würden wir "Westler" nicht ein paar überschaubare
arabische Personenreise mit Erdöl-Profiten zuschütten, dank derer sie bei uns (wo
sonst?) effiziente Waffen aller Kaliber kaufen?
Was haben diese Potentanten sonst zu bieten,
außer mit Petro-Dollars herumzuschmeißen? Mir fällt nichst ein. Die werden vom Sand und
von ihren Untertanen verschlungen, sobald Erdöl nicht mehr so wichtig ist wie heute noch;
und das ist absehbar.
Wie sehr mich diese Hirngespinste anöden. Wir
könnten all das freilich als Weckrufe deuten. Unsere Kultur? Fein! Wovon redet ihr? Von
dem, was mir landesübliche Kulturreferate bieten? Unsere Identität? Das, was von unserer
Werbeindustrie noch übriggelassen wurde? Fein! Reden wir darüber! |