9. Jänner 2016

In unserem 2015er Kunstsymposion war Richard Buckminster Fuller einer der Referenzpunkte im Hintergrund. Das konnte man am "Buckyball" festgemacht sehen, der ihm gewidmet ist. Ich habe da und dort auch seine "Bedienungsanleitung für das Raumschiff Erde" erwähnt.

vier_motive400.jpg (7673 Byte)

MALEWITSCH, JARAY, BUCKMINSTER FULLER, WARHOL

Es ist hier das dritte Motiv vor Warhols Suppendose, nach Malewitsch und Jaray. Kasimir Malewitsch hat bezüglich seines Weges in die Abstraktion festgehalten: "Für die neue künstlerische Kultur haben sich die Dinge, die Gegenstände des realen Lebens verflüchtigt wie Rauch." So steht es in "Vom Kubismus zum Suprematismus in der Kunst, zum neuen Realismus in der Malerei, als der absoluten Schöpfung" (1916).

Ich will ihm keine Rückübertragung aufbürden, denn all zu oft werden Menschen nach einem Blick in den Rückspiegel mit dem Etikett "prophetisch" verunstaltet. Aber der Einfluß von Malewitsch auf unser Denken und unsere Weltsicht ist bedeutend. Es nützt uns heute, daß wir nun auf hundert Jahre Erfahrung zurückblicken können, die Welt nicht bloß als ein Ensemble der greifbaren Dinge zu verstehen, die wir deutlich abbilden, zeigen könnten.

Jaray hat uns mit seinen Arbeiten zur Stromlinie anregende Hinweise geliefert, wie gelegentlich rein physikalische Angelegenheiten zu formale Lösungen führen, die uns schließlich auf symbolischer Ebene enorm wichtig werden; jenseits ihrer ursprünglichen Funktion.

Zu "form follows function" (Horatio Greenough) kommen eben noch ganz andere Aspekte des Sichtbaren. In manchen Zusammenhängen bricht es in Kräftespiele um, die sich an den uns vertrauten Gegenständen nicht mehr festmachen, verdeutlichen lassen.

Das ist für mich einer der wesentlichen Aspekte unseres Weges in die Vierte Industrielle Revolution. Ich denke, daß uns dabei Erfahrungen mit der Gegenwartskunst sehr nützlich werden, weil das von Denkweisen und Wahrnehmungserfahrungen handelt, die sich nicht im Eliminieren von Widersprüchen genügen, die sich nicht bloß durch das ereignen, was greifbar und gut erkennbar ist.

log2195a.jpg (10279 Byte)

Richard Buckminster Fuller

Nun zurück zu Buckminster Fuller. Ich hab seine Metapher "Raumschiff Erde"  mehrfach erwähnt. Eine wesentliche Überlegung in diesem Zusammenhang lautet: "Nun gibt es noch eine äußerst wichtige Tatsache, die das Raumschiff Erde betrifft: Es wurde nämlich keine Bedienungsanleitung mitgeliefert."

Daraus schließt Buckminster Fuller, wie seien gefordert, uns mit der sinnvollen Handhabung vertraut zu machen. Wir sollten quasi unterm Flug herausfinden, wie das Ding auf eine Art funktioniert, die uns nicht abstürzen läßt:

"So wurden wir in Ermangelung eines Anleitungsbuches dazu gezwungen, unseren Intellekt zu gebrauchen, und das ist unsere höchste Fähigkeit, mit der wir wissenschaftliche Experimente anstellen und die Bedeutung experimenteller Ergebnisse wirksam interpretieren."

Es kann also nicht genügen, unsere Vergangenheit in diesen und jenen Aspekten begriffen zu haben. Wir sollten uns stets um die "Flugsicherheit" der Fuhre kümmern und vermutlich davon ausgehen, daß wir im Erstellen des "Handbuches" noch nicht gar so viele Kapitel erledigt haben. Ahnen Sie nun, warum mir so an diesem Zusammenspiel liegt? Nämlich:

Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft

Daß wir dabei seit Jahren auf eine Kooperation der drei Sektoren Staat, Markt und Zivilgesellschaft setzen, ist evident. Genau darin hat sich inzwischen gezeigt, wie es den meisten Menschen eher schwer fällt, über vertraute Formen der Institutionalisierung hinauszutreten oder auch nur hinauszublicken.

log2195b.jpg (24961 Byte)

Philosoph Peter Sloterdijk hat das in seinem Aufsatz "Wie groß ist 'groß'?" thematisiert. Die anstehenden Fragen und Aufgaben jeweils bloß approbierten "Expertengruppen" zu überlassen, das wäre Old School. Voriges Jahrhundert. Das weist in keine Zukunft des stabilen Flugverhaltens unseres Raumschiffes.

Wenn wir über Industrie 4.0 nachdenken, über unseren aktuellen Weg in die Vierte Industrielle Revolution, sollten wir nicht mehr klären müssen, welches Gewicht kollektive Praxis hat. Dirk Helbing, Professor für Soziologie an der ETH Zürich, meint: "Uns gegen die Komplexität zu stemmen, sei aussichtslos. Vielmehr müssten wir mit ihr kooperieren."

Es könnte beunruhigend erscheinen, wenn man näher betrachtet, was Helbing auf einen der Punkte bringt: "Die Summe der Ideen ist besser als der klügste Mensch". Auf solche Art "Das Genie", den "Einsamen Helden der Geschichte" vom Sockel zu kippen, das mag jemandes Eitelkeit kränken. Aber was uns derzeit blüht, ist mit so antiquierten Pausennümmerchen des Helden-Gezappels nicht mehr zu bewältigen.

-- [In der Ebene] --

[kontakt] [reset] [krusche]
1•16