25. August 2015 Die erste Tour ist absolviert. Ein weiter Weg, zu dem
sonnenverbrannte Schultern und viel Staub in den Haaren gehörten, regennasse Schuhe und
vom Wein schwere Augen. Der nach außen gerichtete Auftakt des Kunstsymposions fand in
Serbien statt, am Rande von Beograd und in einem entlegenen östlichen Teil des Landes.
Start beim Johann Puch Museum Graz
Ich hatte das Kunstsymposion nach der zweitägigen
Erstausgabe von 2012 schrittweise zu einem Prozeß entfaltet. Es macht sich abseits des
Landeszentrums nicht günstig, intensive inhaltliche Arbeit in bloß einigen wenigen Tagen
zusammenzufassen.
In den Jahren 2013 und 2014 waren je zwei Monate vom Kunstsymposion erfaßt. Daran mag ich
festhalten. Die Stadt, die Region, der Raum
Raumüberwindung. Wo das über
Landesgrenzen hinausreicht, ist in den letzten Wochen schon angeklungen. Die Brücken von
Imed Bentrad und Ahmad Baaj haben es erahnen lassen.
Die Maschine von Heimo Müller sollte eine sinnliche Erfahrung aus dem vorigen Jahrhundert
zugänglich machen. Zum Motto Eine Epoche begreifen" sind die Themen
Raumüberwindung und individuelle Mobilität von grundlegender Bedeutung. Wir überwinden
Distanzen mit Codes und mit Vehikeln. Kommunikation und Bewegung geben uns weite
Horizonte.
Darin spielt der Aspekt Geschwindigkeit eine enorme Rolle. Unter uns leben noch Menschen
aus der agrarischen Welt, die erfahren haben, daß Ochsen-Gespanne als private
Transportmittel das Tempo vorgaben, in dem sich enorm vieles ereignete, was die Arbeit im
Jahreslauf ausgemacht hat. Schneller ging lange Zeit nichts im Leben dieser Leute.
Otto Sapper
Als ich gestern Otto Sapper traf, um mit ihm einige solcher
Zusammenhänge zu erörtern, ist schon angeklungen, was deutlich werden könnte. Die
Zeitung und der Traktor. Raumüberwindung via Kommunikation und Mobilität auf radikal
neue Art in einer Zeit, da sich von unseren Leuten noch kaum jemand ein Automobil leisten
konnte. Mit diesen Effekten sind wir aufgewachsen. In diese Ära kam das TV-Gerät als
neue Technologie herein.
Der Traktor ist schneller als das Ochsengspann. Die Zeitung teilt entferntere Dinge mit,
als jedes Gespräch beim Kirchenwirt. Aber zurück zum Symposionsauftakt in Serbien. Die
Maschine von Heimo Müller ist ein Steyr 680 aus den 1960er Jahren. Unerbittlich laut und
für heutige Begriffe sehr langsam, denn mehr als 80 Km/h macht die Fuhre nicht, so lange
es einigermaßen eben hergeht und die Straßensituation es erlaubt.
Die Karre sauft wie ein Großer
Die konkrete Erfahrung der Raumüberwindung in einem
antiquierten Geschwindigkeitsbereich ist eine vorteilhafte Möglichkeit der Retrospektive.
Dies wurde eine Fahrt für Menschen, die schweigen können. Hätte es etwas zu sagen
gegeben, man wäre auf das Brüllen angewiesen worden. Die kleine Kabine sitzt unmittelbar
auf dem LKW-Motor. Das Ex-Militärgerät ist, im Vergleich zu zivilen 680ern, kaum
gedämmt.
In Betrieb genommen transformiert sich die Karre in ein Ensemble von Schwingungen. Wer
weiß, wenn man nicht achtgibt, könnte man über diesen Schwingungsstatus plötzlich in
eine andere Dimension rutschen, quer durch interstellare Interferenzen, und plötzlich in
einem Sternensystem herumkurven, das kein Mensch kennt.
Es war die erste Balkan-Tour in meinem nächsten Leben. Ich muß einiges abschütteln, um
in meiner Gegenwart ankommen zu können.
Tuja Vojska = Ausländische Armee
An einer Mautstelle hielt Heimo einen Zehn-Euro-Schein
rüber. Die junge Frau sagte Vojska, eh?" (Armee, hm?")
Wir sahen sofort ganz finster drein und nickten. Sie gab den Geldschein zurück und
druckte ein Ticket mit Nullsumme aus. Die Armee fährt auf diesem Abschnitt mautfrei.
-- [Das Kunstsymposion]
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