1. August 2015

Dies scheint ein Jahr zu sein, in dem man beim Finanzamt nicht müde wird, sich mit mir zu befassen. So viel gediegene Zuwendung kann einen glatt in Verlegenheit bringen. Das gehört zum Glück der Selbstständigen. Man ist nie ganz allein.

Ist mir heute nach Wehmut? Aber nein! Da war kürzlich eine erfrischende Plauderei mit Geschäftsfrau Kerstin Feirer. Sie pendelt zwischen der Kreativarbeit und dem Betriebswirtschaftlichen, zwischen Obsessionen und Notwendigem: [link]

Wir hatten eine heftige Debatte über die Funktion von Geld, wobei ich nicht sicher wurde, wie weit unser Konsens reicht; hm, es ist eher ein Kontrast. Wie ich den Computer brauche, um eine Reihe von Arbeiten zu erledigen, wie ich meinen Kühlschrank schätze, um meinen Wein auf guter Temperatur zu halten, ist mir das Geld ein nützliches Speichersystem.

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Unternehmerin Kertsin Feirer

Was konvertiere ich in Geld? In was konvertiere ich Geld? Genau! Ein Medium. Das trennt mich von einigen anderen Geschäftszweigen, denn Geld, das Geld heranschafft, ist ein ewiger Sturm, ist letztlich eine Waffe, um ganze Volkswirtschaften durch den Wolf zu drehen.

Aber Geld als Zwischenlager, um Leistungen und Güter bewegen zu können, macht aus dem Laden ein ganz anderes Geschäft. Das hatte ich mit Feirer erörtert. Worum geht's im Geschäft? Wofür steht der Laden?

Dabei schienen wir uns einig, was den Angelpunkt in all dem ergibt. Selbstbestimmung. Egal, welches Metier man vertritt, der zentrale Drehpunkt ist die Selbstbestimmung. Ein alter Begriff dafür lautet Autonomie: Sich selbst die Regeln geben.

Das ist bei uns nicht sehr populär, da Österreich eine Nation der Angestellten ist. Hier herrscht eine Arbeitnehmermentalität. Selbst im Kulturbetrieb, in dem es bei uns von erklärten "Freischaffenden" nur so wimmelt, obwohl kaum welche dabei sind. Das ist ja ganz bemerkenswert, welchen Nimbus diese Selbstständigkeit hat, der sich doch bloß so wenige hingeben.

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Quelle: Der Standard

Ich hab unter meinen Notizen eine kuriose Liste aus dem Jahr 2012. Da wird meine Professionen gleich vorweg genannt. Dieses durchschnittliche Nettoeinkommen fällt so bescheiden aus, das hebelt einen kaum über mögliche Notstandszahlungen des Staates hinaus. Hier die vollständige Liste im betreffenden Artikel: .[link]

Es braucht demnach einige Zähigkeit, so ein Leben zu führen und geschäftstüchtig zu bleiben. Man möchte also annehmen, daß etwa Politik und Verwaltung ein Augenmerk auf solche Zusammenhänge haben, falls sie auf kompetente Wissens- und Kulturarbeit in ihrem Zuständigkeitsbereich Wert legen.

Dazu wären adäquate Ressourcen und Rahmenbedingungen ebenso notwendig wie für den Erhalt des Straßennetzes oder für die Begrünung des öffentlichen Raumes.

Sind wir heute dort, wo uns Funktionstragende mehrheitlich kompetent und engagiert gegenüberstehen? Naja, daran wäre noch zu arbeiten. Was ist einer der neuralgischen Punkte in diesen Zusammenhängen?

Übliche Verwaltungskräfte neigen dazu, der Politik vorauseilend gefällig zu sein, indem sie ihre Kräfte auf konventionelle Wow-Effekte konzentrieren. Was schnell darstellbar und möglichst medienwirksam ist, hat den Vorzug.

Das ist verständlich, trägt aber nur wenig zur sozialen Stabilität eines Gemeinwesens bei. Dafür ist nämlich langer Atem für prozeßhaftes Arbeiten nötig. Und dabei wiederum die Kühnheit, auf Ergebnisse zu setzen, die noch weitgehend offen und meist nicht absehbar sind. DAS ist Menschenmaß.

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Von links: Robert Schmierdorfer, Iris Absenger-Helmli, Christian Hütter und Peter Moser

Freilich finde ich in der Region Funktionstragende, mit denen sich auf solche Weise arbeiten läßt. Risikobezogen. Da geht es jetzt nicht um Fragen nach dem Wetter, von dessen Güte abhängen mag, wie viel Publikum sich zu einem Event einfindet, damit ein bestimmter materieller Aufwand gerechtfertigt werden kann.

Da geht es um die "größere Erzählung", in der reales Leben dargestellt werden mag. Es geht um Themen, Fragen, Vorhaben, an denen mehrere Jahre gearbeitet werden soll. So bin ich zur Zeit mit mehreren Bürgermeistern im Gespräch, auf daß wir Themen haben und Ressourcen zusammenführen können, um einige interessante Vorhaben umzusetzen, um so aktuelle Fragen zu klären.

Oben sieht man zwei dieser Bürgermeister, Schmierdorfer und Moser, mit der Leader-Managerin und ihrem Mitarbeiter. Wie bringen wir zum Klingen, was uns hier ausmacht. Mit welchen Schritten docken wir am realen Leben der Menschen an und was davon muß im Kontrast dazu stehen? Über welche Themen- und Aufgabenstellungen finden wir Gelegenheit, an unserer nahen Zukunft zu arbeiten?

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Einer unserer Veranstaltungsorte des Symposions:
Das Altstoffsammelzentrum in Albersdorf

Und da wieder: Selbstbestimmung! Dazu hatte ich mit Feirer erörtert, worauf es ankommen mag. In meiner Arbeit gilt das Augenmerk besonders der Frage, welches Verhältnis zwischen Konsumation und Partizipation wir forcieren.

In diesem Sinn ist unser heuriges Kunstsymposion ein Kraftakt der Verschiebung. Im 2015er-Programm kommt zwar auch Frontalpräsenation vor, die macht aber den geringeren Teil des Programmes aus. Der Goßteil des Angebotes ist prozeßhaft und auf Partizipation ausgelegt.

Ich bin dabei nicht der Intendant, der allen sagt, wo es langgeht, sondern der Hausmeister, der eine Sack Flöhe zu hüten versucht. Es ist streckenweise etwas anstrengend, aber sehr aufregend.

-- [Das Kunstsymposion] --

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