19. April 2015

Konzentrierte Tagesarbeit, merkwürdige Nachtschichten, neue Kräftespiele. Ein Teil meiner Arbeit ist sehr solistisch. So ereignet sich das Schreiben von Lyrik ebenso in Stille, wie ja auch eine Reihe anderer Kunstpraktiken ohne Gesellschaft auskommt.

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Dem steht dann eine kollektive Kunstpraxis gegenüber, für die ich inspirierte Verbündete brauche, keine liebenswürdigen Bastler mit großen Emotionen. Was die Professionals ausmacht, große Emotionen sind gar nicht erst der Erwähnung wert, weil sie das Feuer unterm Kessel sind, ohne das keine Dampfkraft aufkäme.

Über die Heizung im Vehikel brauchen wir also nicht zu reden, die setzen wir voraus. Auch jene intellektuelle Kraft, die uns erlaubt, Themen zu bearbeiten. Wo wir selbst unsere Themen sind, bleibt es privat, denn das schert zu recht niemanden; von wenigen Ausnahmen abgesehen.

Man muß schon brillant sein, auf daß eigene Befindlichkeiten einen künstlerisch relevanten Stoff ergeben können. Ansonsten ist mir dieses Offenbarungsgeblöke auf den Feldern der Kunst etwas Abschreckendes.

Freunde erzählen einander ihre Befindlichkeiten. In sozialen Settings kommt derlei zur Sprache, notfalls in den Sprechstunden bei Profis. Wer aber ohne besondere Talente und Handfertigkeit die Lupe der Kunst auf sein zitterndes Ego legt, macht das Malheur bloß sichtbarer, untermalt es mit Fanfarenstößen.

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Ähnlich ist es mit dem sich Vor-den-Vorhang-drängen. Was hast du denn zu sagen, Herzchen, wenn das Licht der Öffentlichkeit dich trifft? Mußt du deine Botschaft womöglich von einem Zettel ablesen?

Ich finde die Posierenden ebenso schwer erträglich wie jene Flehenden, die sich auf Bühnen drängen, um ein Stückchen Augenmerk zu erbitten. Sowas erledigt man privat und behelligt nicht die Welt mit derlei Flausen.

Das ist eine reichlich merkwürdige Welt, wo ich etwa selbst Verwaltungskräfte alle Wochen aus einer Zeitung grinsen sehe. Mir mißfällt solches Getue.Meine Fresse wird man über Jahrzehnte, kaum, höchst selten, in ganzen Jahrgängen regionaler Blätter finden, obwohl unsere Arbeit darin reichlich präsent ist.

Ich hab an manchen Stellen schon den Ethos der alten Industrie-Hackler erwähnt. Leute, mit denen ich seit vielen Jahren zu tun hab, waren mir darin anregend: Man glänzt nicht vor der Welt, sondern macht einen guten Job.

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Ist das schwer zu verstehen? Kaum! Von solchen Feldern kommen auch Kriterien, die sich allerdings in anderen Metiers ebenso einlösen. In unserer Kultur lautet die bewährte Faustregel: Bevor du zehntausend Stunden Praxis absolviert hat, kannst du eigentlich nicht mitreden.

Ich hab auf meinem Kontinent heute stellenweise mit Leuten zu tun, die können nicht einmal tausend Stunden Praxis nachweisen, fühlen sich aber befugt und kompetent, Inhalte der Kultur- und Wissensarbeit zu definieren, Ziele festzulegen. Diese Chuzpe ist staunenswert.

Diese Chuzpe ist freilich nicht verhandelbar. Wer dabei ohne hinreichende Kompetenz auskommt, muß über Machtmittel verfügen. Das zu handhaben dürfen wir ja auch für eine Kompetenz halten. Eine Kompetenz, die allerdings nicht auf Erkenntnisgewinn zielt, sondern auf Durchsetzungsvermögen.

Damit kann ich mich nun nicht weiter eingehend befassen. Konzentrierte Arbeit, gezielte Handgreiflichkeiten, summende Maschinchen, belebende Getränke, halblange Arbeitshosen, zarte Hammerschläge, nun füllt sich gerade die "Wunderkammer" zum Aprilfestival...

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