14. April 2015 Tage mit
Nachtschichten, Umbrüche und Umbauten. Wenn ich am meisten müde bin, finde ich am
wenigstens Schlaf. Das ist kein gemütliches Konzept, aber ein spannender
Wahrnehmungsmodus.
Dies ist ein Land, wo für persönliche Abmachungen und
individuelle Lebenspläne sehr viel Platz bleibt. Also dürfen Dinge sich ändern, selbst
wenn man gerade unterm Laufen die Schuhe wechseln müßte.
Man muß schon sehr eitel und ehrgeizig sein, um andere
dauernd übertreffen zu wollen. Mich interessiert das nicht. Ich möchte auf Folgerichtigkeit
konzentriert bleiben. Das verlangt bloß wenig Kraft im Augenblick, doch langen Atem. Es
verlangt stets neue Vorstellungen, in welche Richtung man losgehen möchte. Niemand weiß,
was hinterm nächsten Horizont wartet. Daher haben Planungsmöglichkeiten deutliche
Grenzen.
Matthias Marschik beim 2013er
Kunstsymposion
Ich würde mich an anderen Tagen sicher nicht wie eine
Lebensratgeber aus dem Diskontladen anhören. Aber ich stecke gerade in einer
merkwürdigen Reflexionsarbeit, denn kommenden Mai haben der Wissenschafter Matthias
Marschik [link] und ich
Abgabetermin für ein nächstes Buch.
Marschik hat ihm den Titel "Der kurze Sommer des
Automobils" gegeben. Es geht um die 1970er Jahre mit ihrem historisch völlig
einmaligen Effekt, daß bei uns gerade eine umfassende Massenmotorisierung gegriffen
hatte.
In diesem kurzen Sommer gab es einen knirschenden
Angelpunkt, der bloß ein kleiner Vorbote dessen ist, was wir im nächsten Umbruch
individueller Mobilität noch erleben werden. Marschik notierte: "Langfristig
grub sich der Ölschock aber noch weit tiefer ins kollektive Gedächtnis ein. Der kurze
Sommer des unbeschwerten Autofahrens war beendet."
Das Bemerkenswerte an unserer Kooperation ist
dieser vertiefte Modus einer kollektiven Kulturpraxis, wie sie mich seit Jahren fesselt.
Bei unserem ersten gemeinsam verfaßten Buch waren wir uns bis viele Monate nach
seinem Erscheinen noch nie real begegnet. Alles nur Teleworking via Web. [Das Buch] |
|
Und das ohne die Ambition, im gemeinsamen
Werk genau herauszustellen, was denn nun von wem stamme. Ein kraftvoller Modus. Ich rechne
damit, daß dieses neue Buch zu unserem kommenden Kunstsymposion da und
verfügbar sein wird.
Nun habe ich nämlich gerade die zweite Version von "Mythos
Puch" in Arbeit, eine Veranstaltungsform, die ihrerseits definitiv kollektive
Kulturpraxis ist. Das heißt, ich bin zwar das leibhaftige Scharnier in dieser Geschichte,
aber über dieses Gelenk bewegen sich zueinander die sehr kompetent gemachten Beiträge
anderer Akteurinnen und Akteure.
Das Blogmobil von Heimo
Müller
Zu diesem Teil des Kunstsymposions führt uns auch eine
gemeinsame Tour, die ich mit Heimo Müller und seinem Blogmobil [link] absolviere. Wir bereiten gerade
eine Gesprächsserie mit Handwerkern dreier Generationen vor. Daraus wird eine
Video-Edition entstehen, die tiefe Einblicke bietet, was Handfertigkeit in langjähriger
Praxis bedeutet.
Das sind nun also zwei Felder, die ich über ein paar
Schnittstellen zu einem Segment der Gegenwartskunst in Beziehung setze, während ich mit
IT-Unternehmer Ewald Ulrich an unserem "Fiat Lux. Das geschwätzige
Automobil" arbeite, ein weiteres Segment unserer kollektiven
2015er-Anstrengungen: [link]
Dazu kommt, daß Wissenschafter Günther
Marchner gerade seine Unterlagen ordnet, denn er hat uns nun einige Jahre begleitet. Seine
teilnehmende Beobachtung als Teil einer Reflexion über Kultur- und Wissensarbeit in der
Provinz sollte beizeiten auch als Buch erscheinen. |
|
Verstehen Sie mich recht, hier wurde nun
nicht das Rad neu erfunden, aber gemäß dem Motto "Eine Epoche begreifen"
haben wir die Genres Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft jetzt
etliche Jahre sehr konsequent in Wechselwirkung gebracht.
Wissenschafter Günther Marchner
(links) und Unternehmer Ewald Ulrich
Der Sinn einer so angelegten Interaktion ist das Bündeln
höchst unterschiedlicher Kompetenzen, um so an Fragestellungen und Aufgaben zu arbeiten,
wie sie über ein herkömmliches Kulturmanagement nicht zu bewältigen sind.
Wir sind also keine Crew, die für Marketingzwecke nett
angezogen und bunt aufgestellt werden kann, um nach dem Verebben der Blitzlichter wieder
in die Küche zu verschwinden. Dies ist eine Gang of Excellence, die unterwegs
ihren Job laufend neu definiert.
-- [Mythos Puch] [Das Kunstsymposion]
-- |