4. April 2015

Regionale Wissens- und Kulturarbeit als Feld einer Kunstpraxis führt anscheinend unausweichlich zu Kontroversen. Solche Kontroversen haben ökonomische, aber auch ideologische Wurzeln. Dies sind Tage, wo offenbar wird, daß für steirische Kommunen längst ein nächster Verteilungskampf eröffnet wurde. Das betrifft natürlich auch die Kultur.

Ich gebe ein Beispiel. In den Jahren 2010 bis 2014 konnte im Rahmen des EU-Programmes LEADER jedes Jahr für LEADER-Kulturprojekte ein Budgetrahmen von 1000.000,- Euro vereinbart werden, konnten also in der Energieregion Weiz-Gleisdorf fünf mal 70.000,- Euro zur Wirkung gebracht werden. (Die Quote der Kofinanzierung mit Geldern aus Brüssel lag hier bei 70:30.)

 

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Quelle: Kleine Zeitung (27.3.2015)

Gestern wurde ich von einem Bürgermeister über die Aussichten für die neue LEADER-Periode informiert. Die inzwischen fusionierten Leader-Regionen Almenland UND Energieregion werden GEMEINSAM nur einen Budgetrahmen von 211.000,- Euro pro Jahr haben. Das ist ein exorbitanter Budgeteinbruch.

+) Alte Periode: fast die Hälfte dieser Summe war NUR für den Kulturbereich von EINER
    Region verfügbar.
+) Neue Periode: jetzt müssen BEIDE Regionen für ALLE Vorhaben mit einem Rahmen
    von 211.000,- Euro auskommen.

Am 22.4.2014 war zu notieren: "Sechs Tage von Null auf fertige Einreichung. So sieht es auf den ersten Blick aus. Ganz so ist es freilich nicht. Hier trägt die kontinuierliche Arbeit im Kulturpakt Gleisdorf seit dem Vorjahr derzeit Früchte."

So nachzulesen in: "Kulturpakt: Kurzer Sprint" [link] Dieses Projekt unterlag, wie alle anderen auch, den Kriterien von Leader+ [link]

Wie plausibel ist es also, daß eben dieser Kulturpakt Gleisdorf fast genau ein Jahr nach dieser Vertragserrichtung in seiner gesamten Besetzung, in seiner inhaltlichen Ausrichtung und in seiner Selbstdarstellung vorrangig bei Senioren-Animation, Kinderbetreuung, Eierfärben und Muttertagsgeschenken angelangt ist?

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Quelle: Woche (1.4.2015)

Das zeigen jedenfalls die Ergebnisse der großen Halbjahrespräsentation des Kulturpakt Gleisdorf bei einem Pressefrühstück. Ein Ergebnis, von dem mir Kulturreferent Alois Reisenhofer gestern schrieb: "Die Kulturpakt-Sache an sich, ist für mich für das erste Halbjahr erledigt und hat daher für mich momentan keine Priorität."

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Nun fehlen aber in der Kommunikation nach außen so gut wie alle Arbeitsergebnisse des Leader-Projektes "Kulturpakt Gleisdorf 2014", denn der Frühjahrsschwerpunkt hat neben Seniorentanzen und anderen sozialen Erfreulichkeiten vor allem diese Arbeitsergebnisse als Basis. Wie ist das erklärbar?

Zum Vergleich hier die Kulturpakt-Broschüre des Gleisdorfer Amt für Kultur und Marketing (als PDF-Datei) zum Download: [link] Diese Status quo wurzelt auf jeden fall nicht im vorangegangenen LEADER-Projekt. Im Kontrast dazu hab ich hier auf einer eigenen Seite notiert, was der Vertragsgegenstand "Beschreibung des Vorhabens" beinhaltet: [link]

Dazu gibt es im Vertrag auch eine "kurze Beschreibung der konkret vorgesehenen Maßnahmen". Die sind hier aufgelistet: [link] Davon sehe ich besonders zwei sehr wichtige Punkte im aktuellen Auftritt des Kulturpakt Gleisdorf weitgehend unterschlagen:

+) Entwicklung von gemeinsam nutzbaren Hauptthemen, um die Sektoren Politik & Verwaltung, Wirtschaft und Kunst- und Kulturschaffende in Kooperation zu bringen.

+) Weiterführenden Themen- und Projektarbeit mit dem Schwerpunkt Gegenwartskunst, internationale Arbeitskontakte und Kooperationen.

Es muß also gute Gründe geben, daß der Kulturpakt Gleisdorf im ersten Quartal 2015 ohne eine einzige Absprache mit mir völlig umgestaltet wurde. Diese Gründe habe ich allerdings nicht erfahren können.

Ich darf daran erinnern, daß dieser Kulturpakt von Kunst Ost konzipiert und initiiert wurde, um in der Praxis zu erproben, wie Staat, Markt und Zivilgesellschaft angemessen kooperieren können; zur Genese des Paktes siehe: [link]

Dieses mehrjährige Experiment hat nun geendet. Eine weitere Markierung und Klarheit im Langzeitprojekt "The Long Distance Howl": [link]

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Damit ist das erste Jahrzehnt der Laufzeit dieses Projekte hinreichend deutlich abgerundet. Die Arbeits- und Auswertungsphase nach 2003-2013 hat in der Kulturspange eine neue Struktur erhalten: [link]

Diesen Schlußpunkt eines Projekt-Abschnittes möcht ich mit einem Zitat dekorieren, das einem Schreiben zugehört, welches ich von einem Lokalpolitiker erhalten habe. Darin werde ich als Autor in meinem Denken und in meiner Sprache für obsolet erklärt, da beides, so die unübersehbare Vermutung, wesentlich dem Pflegen "elitärer Pose" und der Selbsvergewisserung von "Wichtigkeit" diene:

"Lieber Martin, sei mir nicht böse, aber ich frage mich oft: Hat Martin wirklich ein so großes Elitebewusstsein, dass er diesen elitären Jargon verwenden muss? Dient das der Sache? Muss man sich in seinen Auftritten der ständigen Absicherung in immer wiederkehrenden Phrasen bedienen, um möglichst glaubhaft zu wirken? Verschreckt das nicht viele, die zwar der Kultur wohlwollend begegnen, aber sich in dem Wust der komplizierten Ausführungen verloren fühlen. So wie es mir mit deinen Netzauftritten geht."

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