1. April 2015 Die Ehre des Handwerks, das Gewicht der Kunst, der Geist
in der Maschine
Ich hab vermutlich noch ausführlicher darzulegen, warum
die Kultur nicht zur Magd des Marketing gemacht werden soll. Die Gründe dafür
sind rein pragmatisch. Das belastet die Möglichkeiten beider Bereiche und führt zu
irritierenden Ergebnissen. (Man schleppt ja auch mit einem 911er Porsche keinen Wohnwagen.)
Welche Metiers wie verknüpft werden, sollte von den Aufgabenstellungen und Möglichkeiten
aller Beteiligten abhängen.
Ich hoffe aber, ich konnte in den letzten zwei Einträgen
begreiflich machen, warum die Begriffe "Leistungsträger" und "Leistungsaustausch"
nicht verwechselt werden sollen. Der eine Begriff ist ein Ideologieprodukt, der andere
benennt eine von mehreren Grundlagen einer Kooperation.
Der Bericht über den Kulturpakt Gleisdorf in der Kleinen
Zeitung macht deutlich, daß hier ein Abschnitt endet und eine anderer beginnt. Man
kann nicht sagen, der Kulturpakt Gleisdorf ist gescheitert, er ist bloß etwas
völlig anderes geworden, als der von Kunst Ost intendierte Modus. Allein das
aufgewärmte Leitbild, alte Menschen mit kleinen Kinderrn beim Basteln, löscht aus,
wofür Kunst Ost mit seienr gesamten Arbeit steht.
Der Pakt soll Staunen auslösen? (Kleine
Zeitung) Das ist gelungen! Freilich haben
Eierfärben, Einkaufsnacht, Seniorentanzen, Muttertagsgeschenke und El-Gawhari
nichts mit unseren primären Agenda zu tun.
Wir halten viel auf Autonomie. Autonomie bedeutet: sich
selbst die Regeln geben. Ich sehe, daß eine Interessensgruppe diese Option genutzt
und sich selbst als Kulturpakt Gleisdorf neue Regeln gegeben hat. Dagegen ist von
meiner Seite aus kein Einwand möglich.
Die gegenwärtige Kontroverse hätte man der gesamten
Community ersparen können. Faktum ist, daß ich im letzten Quartal 2014 so eine
Entwicklung für möglich hielt, genau deshalb das Gespräch mit Citymanager und
Bürgermeister an einem gemeinsamen Tisch suchte.
Faktum ist ferner, daß ich Ende Jänner 2015 im
Bürgermeisterbüro saß, um ein kulturpolitisches Briefing bezüglich der Energieregion
zu beziehen. Dieses Meeting ist unter "Gleisdorfer Umbrüche" dokumentiert:
[link]
Das Foto zum Beitrag zeigt Christoph Stark bei der
erstmaligen Durchsicht unseres Themenheftes, das über zwei Monate davor erschienen war.
Er kannte also die Ergebnisse unseres 2014er Leader-Projektes zu dem Zeitpunkt
noch nicht.
Bei diesem Meeting bot ich explizit an, den Kulturpakt
der Kommune zu überlassen und selbst etwas Neues zu entwickeln, da ich nicht mehr annahm,
die Richtung und die "Paktpolitik", der Kulturabteilung zeichne einen
gemeinsamen Weg vor. (Der Bürgermeister wies diese Deutung zurück.)
Hätten wir da einen Trennstrich gezogen, wäre alles cool,
denn ich hatte ohnehin konzediert, daß sich Bottom up-Projekte verselbstständigen
müssen, sonst sind sie ja meist keine. Gut, damals waren die Entscheidungen anders
gefallen, heute ist der Kontrast um so härter.
Hier noch einmal die beiden Publikationen zum
direkten Vergleich. Ich kann jetzt "Die Ehre des Handwerks" ins Archv
wuchten und neu schreiben, denn das vorliegende Heft erzählt einen Status quo, der
Geschichte ist.
Kulturpakt in der KW 45/2014 [link] | Kulturpakt
in der KW 13/2015 [link]
Was ich nun will? Das ist im Ansatz schon
klar. Kunst Ost geht back to the roots. Kulturelle Basisarbeit, die
wieder stärker an den gesamten Raum adressiert wird, an die Region, um die Kategorie "Peripherie"
aktuell zu vermessen.
Was das praktisch bedeutet, muß erst geklärt
werden. Dabei fangen wir ja nicht bei Null an. Das gesamte 2015er Kunstsymposion
bedarf einer Neukonzeption, aber die Themen stehen fest und werden plangemäß bearbeitet.
Daß wir mit dem Kernbereich des Kunstsymposions
in Belgrad beginnen, ist längst geklärt, die einzelnen Termine werden laufend hier
eingetragen: [link]
Da dieses Kunstsymposion schon seit
der letzten Jahreswende als Work in Progress läuft und sich dabei nicht als eine
Verdichtung auf wenige Tage erschöpft, wird nun dieser Prozeß konzeptionell noch
stärker betont.
Gleisdorf ist ja nach wie vor das "Basislager"
für so eine Verfahrensweise, der Angelpunkt. Da ist ferner die Neuformation der Kulturspange,
mit der wir im Vorjahr bezüglich Themenwahl und Konsolidierung recht weit kommen konnten.
Darin liegt nicht bloß diese verzweigte
Form einer kollektiven Kulturpraxis, mit der die Energieregion Weiz-Gleisdorf
eine ebenso überregionale wie internationale Verknüpfung erfährt.
Dabei sind auch noch Früchte zu ernten, die
wir im mehrjährigen Arbeitsschwerpunkt "Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft"
gesät haben. Während diverse City-Managements eher dazu neigen, die Kultur zur
Dekoration der Wirtschaft heranzuziehen, um dabei eventuell auch ein klein wenig
Sponsorgelder zu lukrieren, verzichten wir auf solche "Tröpferlwirtschaft"
ohne besonderes Konzept. Uns interessiert Kooperation mit der Wirtschaft, die sich über
Themen, Fragen und Aufgabenstellungen ergibt, die man dann gemeinsam bearbeitet. Ein
Beispiel gefällig?
Unser GISAlab, das sich aus dem Kunst
Ost-Frauenmonat entwickelte, wurde auch heuer wieder von der AVL Cultural
Fundation eingeladen, eine Crazy Robots-Session zu realisieren. Siehe: [link]
Diese Zusammenarbeit mit Medienkünstler Niki
Passath verzweig heuer auch (nicht zum ersten Mal) in die Region, in das Kunstsymposion.
Das wiederum berührt unseren Arbeitsschwerpunkt Netzkultur und Medienkompetenz,
auf den sich der Teiltitel "Geist in der Maschine" bezieht.
Damit sind wir bei Fokus Freiberg [link], wo ich mit Ewald Ulrich ein
Projekt in Arbeit habe, das sich als spektakulär erweisen könnte. In dieser
Angelegenheit kam übrigens gerade die fast romantisch klingende Nachricht:
"Unsere Versandabteilung hat den
Auftrag und Dokumente, die mit dem Produkt, das Sie bestellt reisen genehmigt. In 24/48
Stunden der Reederei (Bartolini in Italien und DPD außerhalb Italiens und für den Rest
von Europa) wird das Produkt zu sammeln."
-- [Peripherie] [Kulturspange] -- |