25. Februar 2015 Zora ist das südslawische Wort für Dämmerung. Ich habe
es behalten, weil mir einst beim Durchstöbern der Sevdalinke, einer bosnischen
Musikrichtung, das Lied "Sabah zora" als eines der ersten sehr
einprägsam erschien. ("Sabah zora zivom bojom / plavo nebo rudi / poranila moja
draga / pa me ljubec budi...")
Die zwei Worte Sabah zora haben
sowohl inhaltlich wie auch phonetisch eine eigentümliche Schönheit. Sabah ist
übrigens im Arabischen ebenso das Wort für den Morgen. Das Lied bezieht sich
also auf die Morgenröte.
Die Morgenröte als Metapher, das geht derzeit
freilich nimmer. Im Metapherngeschäft wurde sie längst bis auf die Knochen abgenützt.
Als Phantasie finde ich sie unverzichtbar. Physisch ist sie mir eine Bürde, weil ich in
diesem Licht den Blick für Konturen verliere. Emotional ist sie mir ein Traumereignis.
Träumereien und Gedankenspiele. Das hängt
mir noch von einer Fahrtstrecke nach, die mich viele Stunden auf den Straßen hielt. Auf
dem Balkan geht es mir meist so, daß ich mir keine Autobahnen herbeiwünsche, denn
Stunden um Stunden auf solchen Pisten, das ist erdrückend.
Über die Dörfer braucht es dafür um so
länger. Diesmal war recht wenig Zeit verfügbar, in die serbische Vojvodina zu gelangen.
Das ist für vieles der halbe Weg. Kürzlich nach Sarajevo [link], nun
denke ich, die nächste Tour wird Beograd als Ziel haben.
Die Klänge, Gerüche und Geschmäcker des
Reisens; ich vermute, ich habe diesmal die beste Dschorba meines Lebens gegessen.
Das ist eine saure Suppe, zu der warme Lepinje gereicht wurden, Weißbrotstücke.
Ich hatte auf das übrige Fleisch verzichtet, um den Topf leeren zu können.
Das Löwen-Bier aus der Batschka ist
etwas bitterer als die Sorten, denen ich zuhause den Vorzug gebe. Ich mag es sehr, wenn es
ausrichend kalt ist. Hier leben noch Leute, die seit jeher Deutsch sprechen, Nachfahren
der Donauschwaben, was auch mir als Österreicher die Zuschreibung "Schwabo"
einbringt.
Aber solche Themen werden gerade nicht
strapaziert. Ich hab außerdem ein komplexes Gefüge zu ordnen, das im Lauf der Dinge
entsteht. Work in Progress, das sagt sich so leicht. Vor allem in diversen
Startphasen ist das ein stetes Dahinschrammen an Komplexitätskrisen.
Nun hat "The Track: Pop" [link] klare Konturen erhalten. Mit
dem zusätzlichen Thema "Diaspora" [link] bekommt das ganze Geschehen
eine Tiefe in den südosteuropäischen Raum. Ich bin sehr neugierig, was unsere
Verständigung mit Kulturschaffenden in Mazedonien zeigen wird. Das Kosovo haben wir ja
heuer schon in laufende Schritte eingebunden: [link] Das
bedeutet überdies, daß sich hier gerade eine extrem kontrastreiche, heterogene Community
verständigt, formiert.
Ich denke, das gehört zu den Dingen, die ich
bei dieser Arbeit am meisten mag. Die Begegnung und Zusammenarbeit in Kontrasten. Stets
bleibe ich in Zuständen, wo mir keineswegs alles klar ist. Immer muß neu hingehört
werden, um zu klären, was gemeint wurde.
Dazu kommen fröhliche Klarheiten. Etwa, daß
ich mit Branimir Djurdjevic erörtern werden, wodurch der Fica, die Fiat
600-Lizenz von Zastava, zu einem Monument der Industriegeschichte wurde.
Bedeutende Angelegenheiten... |