4. Februar 2015 Überraschung! Ich bin ja gar nicht zur Rettung der Welt abkommandiert
worden. Es hat mich auch niemand als Orakel vom Dienst bestellt. Wie also, wenn
ich mir einen ruhigen Tag genehmigte, an dem mir der Lauf der Dinge außerhalb meines
Horizonts einmal egal ist? Ja, ich weiß. Andere nennen so etwas Urlaub und verzichten
dabei mitunter sogar auf das Lesen dicker Bücher. Ich geb gar nichts auf Urlaub und bin
verrückt nach Büchern.
Aber ein ruhiger Tag ohne tiefgehende
Grübeleien, unterlegt mit gegrillten Tomatenstücken, Artischocken und herbem Bier, alles
gut gekühlt und mit einem Hauch des schweren Geruchs von unberührtem Schnee behaftet...
Das sind kleine Umwege im Alltag. All das mit
verklebter Fingerspitze. Mein handwerkliches Talent ist so schlecht ausgebildet, daß es
mir sogar gelingt, beim bloß spielerischen Aufgreifen eines kleinen Werkzeugs, das auf
einem Schreibtisch lag, ein Stück Haut komplett abzutragen. (Wer weiß, hätte da eine Flex
gelegen, ich würde nun mit einer Hand weniger durchs Leben laufen.)
Der Anlaß war allerdings erfreulich. Ich
konnte mir ein Unikat aus der Nähe besehen. Da ist dieser Handwerker, der aus einem
vierrädrigen Puch Haflinger einen sechsrädrigen gemacht hat; und zwar nicht,
indem er dem 4x4 eine zusätzliche Schleppachse mit leer laufenden Rädern verpaßt,
sondern indem er das historische Fahrzeug zu einem funktionsfähigen 6x6 umgebaut hat.
Eine beachtliche Leistung, denn so eine Fuhre
muß dann auch noch behördlichen Kontrollgängen standhalten, um eine Nummerntafel zu
bekommen. Das ist ein weiteres Beispiel für meine Ausflüge in das "andere
Atlantis", auf den versunkenen Kontinent gediegener Handfertigkeit, wo Arbeiten
realisiert werden, die meist nur wenige Menschen zu sehen bekommen.
Auch wenn es solche Arbeiten in diverse
Journale schaffen, der Zugang zu den verborgenen Hallen, Garagen und Hütten bleibt den
meisten Menschen verschlossen. Siehe dazu auch: "Ein anderes Atlantis"
[link]
Gestern Nachmittag bekam ich überdies Post
von einem anderen Atlantiker. Ewald Ulrich skizzierte knapp, was in einer
elektronischen Aufrüstung des Vehikels, das wir grade in Angriff nehmen, möglich sei.
Dazu gehört als "machbar mit sinnvollem Aufwand":
- Einfache Spracherkennung (einige
Befehle)
- Gestenerkennung (links, rechts, oben, unten etc.)
- Aufmerksamkeitserkennung (Mensch sieht Maschine an)
- Aufmerksamkeitserkennung (Maschine sieht Mensch an)
- Videoaustausch (Was sieht der Mensch, was sieht die Maschine?)
Man ahnt, wir vertiefen uns gerade in ein paar
anschauliche Optionen, um Mensch-Werkzeug- und Menschen-Maschinen-Verhältnisse zu
überprüfen, zu inszenieren. Bei meiner Neigung, mich an Werkzeugen zu verletzen, wird
mein Part in diesem Prozeß sicherlich mehr im Reflexionsbereich verankert sein.
Ich bin ja selbst weniger ein Atlantiker,
mehr ein Ikarier. Das heißt, ich gehöre zu jenem Teil bewegter Menschen, die
mit den technischen Leistungen anderer gelegentlich ins Unglück stürzen.
Ich hab dabei meine körperliche
Unversehrtheit schon längst auf irreversible Art einbüßt. Man könnte auch sagen, ich
sei ein romantischer Empiriker, der sich über die Jahre stark aufs Denken verlegt hat,
weil längst niemand mehr weiß, wie viele Knochenbrüche in meinem Leib geheilt sind; und
so mancher kleine Blutstrom mußte vernäht werden, damit ich wieder ganz dicht bin. Das
ist über die Jahre recht strapaziös.
Gemessen an dieser Vorgeschichte ist der
gestanzte Zeigefinger gar keiner Erwähnung wert, erinnert mich aber daran, daß ich mit
Gegenständen, die als Klingen, Spieße oder Sägezähne ausgeformt sind, sehr
konzentriert umgehen sollte.
-- [the track: pop | ikarus] [Generaldokumentation] -- |