22. Jänner 2015 Was müssen wir allenfalls an Witz, aber auch Hohn hinnehmen, ohne die Messer
zu zücken? Diese Frage ist längst erledigt. Da wird sich die Uhr nicht zurückdrehen
lassen. Auf der Suche nach dem Kanon zur Idee "abendländischer Werte"
kann ich bloß berichten: Es sind keine Kataloge ausgehängt. Worüber besteht bei meinen
Leuten Konsens?
Ich habe hier kürzlich die Würde unserer
Schutzbefohlenen angesprochen: [link] Das
ist für mich aus der Erfahrung der Vaterschaft auf spezielle Art konkret geworden. Das
hat aber auch etwas Grundsätzliches von abstrakterer Natur.
Als Staatsbürger gehöre ich einem Land an,
das sich der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte [link] verpflichtet hat. Damit ist ein sozialer und politischer Status
angesprochen, der sich in Europa aus einem Prozeß ergab, in dem versucht wurde, von
familiären Bindungen zu abstrahieren. Das bedeutet, nicht bloß meine Verwandten dürfen
wichtig sein, in dieser Gesellschaft haben wir eine bestimmte Qualität mit dem Begriff Mitmenschen
verbunden.
Die Kodifizierung des Rechtes und rund
zweitausend Jahre Rechtspraxis haben uns eine Vorstellung verschafft, daß es Bürgerinnen
und Bürger gibt, die vor dem Recht gleich seien. Eine Unterscheidung nach religiösen
Kriterien ist in diesem Aspekt nicht vorgesehen.
Film "Planes": Piaggo
Lastenmopeds (Ape) als tibetanische
Gelbmützen (Gelugpa)? Dafür wird niemand geköpft.
Die Frage der Inklusion und Exklusion
ist in diesem Punkt klar geregelt und hat Traditionen. Solche politische, soziale und
kulturelle Praxis wurde zwar bei uns durch die Ideologie des Nationalismus erschüttert,
auch verdreckt, aber im Blut von Millionen Ermordeter wieder gewaschen.
Nun kann in Österreich Bürgerrechte nur
einklagen, wer die Staatsbürgerschaft hat. Das schließt viele Menschen aus. Doch um zu
kompensieren, was dadurch offen bleiben mag, haben wir neben den Bürgerrechten
eben auch Menschenrechte vereinbart.
Es sind also nicht bloß unsere Kinder und
freilich auch die Kinder anderer unsere Schutzbefohlenen. Wer keine Bürgerrechte hat oder
aus anderen Gründen in seinen Menschenrechten beschnitten ist, bleibt auch unserer
Verantwortung gewidmet.
Dieser Grundkonsens muß nicht erst verhandelt
werden, er gehört zu den Fundamenten unseres Landes. Der dazu nötige und einigermaßen
breite gesellschaftliche Konsens schwächelt aber grade etwas.
Ich hab am 12. Jänner [link] notiert, daß laut einer Umfrage die Hälfte der Befragten
derzeit Österreichs Kultur durch den Islam gefährdet sähe: [Quelle] Das macht ein erbärmliches Verhältnis unserer Leute zu
unserer Kultur offenkundig.
Womit haben wir es konkret zu tun? Der
Wissensstand vom September des Vorjahrs besagt: "Rund 574.000 Muslime leben jetzt
in Österreich, das sind fast sieben Prozent der Bevölkerung (rund 203.000 davon sind
österreichische Staatsbürger)." [Quelle]
In Europa soll der Anteil an Muslimen etwa sechs bis acht Prozent betragen. Da weiß ich
als Kulturschaffender: Die sind keine Gefahr, sondern eine Bereicherung für unsere
Kultur.
Diese Gewißheit habe ich außerdem vor dem
historischen Hintergrund, daß ein halbes Jahrtausend hinter uns liegt, in dem Österreich
ein Weltreich war; und zwar ein multiethnisches Imperium. Genau das sind meine
Wurzeln, das ist ein starker Aspekt meiner Mentalitätsgeschichte.
Über welche Muslime sollten wir uns im
Zusammenhang mit solchen Fragen Gedanken machen? Es sind nicht "die Muslime",
sondern jene, deren Vorstellungen einen "islamischen Staat" nahelegen
und die in wenig zeitgemäßen Allmachtsphantasien sich eine Weltherrschaft solchen Islams
zurechtträumen.
Hitler war noch mit dem Erweitern seiner Macht
beschäftigt, da hat Charlie Chaplin derart lächerliche Flausen eines erigierten
Männchens (Weltherrschaft) mit seinem Film "Der große Diktator" (1940) schon erledigt und
in ihrer ganzen Lachhaftigkeit dargestellt.
Unter Muslimen sind es bestenfalls sehr
dubiose Persönlichkeiten, die sich solchen Vorstellungen hingeben. Ich habe mir eine
davon näher angesehen. Pierre Vogel ist ein Konvertit und stets erregter Prediger, der
sich mit großen Gesten und noch größeren Tönen hervortut.
Sehr anschaulich sind dabei rund 24 Minuten "Pierre
Vogel über Hamed Abdel Samad " [link] Dabei fällt
auf, er hält sich für dermaßen gut, daß es ihm nicht nötig erschien, sich für diesen
Video-Take vorzubereiten. Anders sind das stellenweise Gestammel und die Häufung von
Wiederholungen in so kurzer Zeit nicht erklärbar.
Prediger Pierre Vogel in einem
seiner Videos
Wer vor Publikum zu agieren gewohnt ist,
hätte sich bedeutende Stellen in einem Buch markiert, könnte deren Aussage
zusammenfassen und würde darauf mit seinen Einwänden antworten, um so Meinung gegen
Meinung zu stellen. Gute Rhetorik und möglichst ein besseres Argument braucht der
Prediger offenbar nicht. Besser gesagt: Er HAT sie nicht, wie man leicht
feststellen kann.
Was wäre dazu nötig? Kenntnis, Wissen und
Erfahrung im Streitgespräch. Hat er nicht nötig, wie man merkt. Wo er dann, mangels
Vorbereitung auf einen gelingenden Videoauftritt, mit Wissensdefiziten ins Straucheln
kommt, legt er Polemik über seine Blöße, die er mit Zynismus auflädt.
Darum ist dieses Filmchen auch so fad. Darum
könnten wir ahnen: Solche Perlen der Männerkultur sind weder eine Bedrohung für das
Abendland, noch eine für die Kultur Österreichs. Sie werfen freilich andere Probleme
auf, denen sich eine zeitgemäße Demokratie allerdings gewachsen zeigen müßte.
Hitler, dieser zukurzgekommene, erigierte
Spießer, hat uns mit einem Grundmotiv solcher Verhältnisse längst vertraut gemacht: "Weltherrschaft
oder Untergang". Nur im Kampf, den andere für ihn ausfochten, konnte
er sein.
Hitler blieb also sein ganzes Erwachsenenleben
dem Tod zugewandt, war zum Leben nicht talentiert. Als er am Ende seiner Möglichkeiten
ankam, wünschte er, ein Millionenvolk mit in den Tod zu nehmen, um seine Erbärmlichkeit
vergessen zu machen. Warum sollte so eine morbide Disposition bei uns mehrheitsfähig
sein, ob nazistisch, islamisch oder sonst wie gefärbt?
Haram oder halal? Manche
muslimischen Einschätzungen dürften
auch im Abendland konsenstauglich sein ;-)
Da ist nicht einmal in der Umma, in
der Weltgemeinschaft der Muslime, mehrheisfähig. Vogel sagt es in diesem Video ja selbst.
Den größten Anteil an Muslimen hat Indonesien, gefolgt von Pakistan, Indien und Bangla
Desh. Kennen wir aus diesen Ländern vergleichbare Szenarien?
Vogel macht auch klar, was er für einen
muslimischen Staat hält. Und das liegt nicht an den Muslimen eines Landes. Es liegt an
der Frage, ob die Scharia das herrschende Rechtssystem ist oder nicht.
Kleiner Einschub: Die arabischen Kulturen
waren immer dann am höchsten entwickelt, wenn sie der Scharia die geringste Bedeuutng
beimaßen. Das war stets eine Frage, wie die Herrschenden sich gerade orientierten.
Dieben die Hände abhacken, kritische Geister
zu Tode peitschen, unbotmäßig erscheinende Frauen steinigen, Schwule aufhängen, das
sollte sich weltweit durchsetzen können? Das setzt sich nicht einmal im Gros der
islamischen Länder durch, wenngleich Frauen, kritische Geister und Schwule sich in vielen
Weltgegenden fürchten müssen, ins Interesse der Wächter zu geraten.
P. S.:
Tüchtiger Westen! Es lebe der Sport! Autor Christian Ankowitsch hat auf Facebook
eben notiert:
"Wir haben nicht nur eben ein gutbezahltes Gastspiel des FC Bayern im
menschenköpfenden / -quälenden Saudi-Arabien erlebt, sondern in Qatar findet eben die
Handball-WM statt; jenem Staat also, der für seine ausgezeichneten Beziehungen zur
köpfeabhackenden ISIS bekannt ist. Jenem Qatar, in dem 2022 - so der Deal der FIFA - die
Fussball-WM stattfinden soll."
[In der Ebene] |