18. November 2014 Ich
habe eigentlich an herkömmlichen Glühbirnen keinen Bedarf mehr. Ebenso leide ich
überhaupt nicht unter der Tatsache, daß neue Lampentypen einige Sekunden brauchen,
vermutlich etwa zwei, um ihre Leuchtkraft zu entfalten. Als ich aber nun bei meinem
bevorzugten Kaufmann Passagen kyrillische Schrift im Regal entdeckte, mußte ich eines der
Stücke erwerben, denn ich hab ein Faible für unscheinbare Kuriositäten.
Ekoluks ist ein bulgarisches Produkt. Die
Aufschrift Edna rodnia schivot empfiehlt mir ein Leben zuhause oder so
ähnlich, was mir vom standartna swetlina, also vom Standardlicht,
verschönt werden soll.
Ich kann diese Schrift heute besser lesen als etwa unsere
versunkene Kurrentschrift, die mir ganz fremd geworden ist, während Fraktur
sich mir noch erschließt. Wie jeder Mensch mehrere Sprachen können sollte, halte ich
auch die Vertrautheit mit verschiedenen Schriftcodes für vorteilhaft.
Übrigens, Bulgarien war ausschlaggebend, als im
Balkankrieg von 1913 die Osmanen den Balkan räumen mußten. Die Habsburger hatten zu der
Zeit schon detaillierte Pläne, diese Region zu ihrer Kolonie zu machen. Das lief dann
nicht wie erwartet. Die Schüsse von Sarajevo wurden zum Signal für ganz andere
Entwicklungen.
Zu diesem Thema gehört eine Miniatur, die ich eben
erhalten hab. Sie zeigt den Gräf & Stift des Grafen Harrach, in dem Franz
Ferdinand und seine Frau Sophie durch Sarajevo gefahren wurden. Diese Miniatur im Maßstab
1:43, ausgegeben von Heeresgeschichtlichen Museum in Wien, steht in merkwürdiger
Korrespondenz zu einer Notiz, die mir heute Mittag in der "Kleinen Zeitung"
auffiel:
Das unberfriedete Bosnien... Prijedor ist jene bosnische
Stadt, rund um die immer noch unzählige muslimische Leute vermißt werden, nachdem dort
eine serbische Soldateska gewütet hat. Im Raum Prijedor bestanden Lager wie Keraterm,
Kosarac, Trnopolje, deren Namen bei uns kaum jemand kennt.
Wir hatten kürzlich den bosnischen Autor Muhidin Saric bei
unserem Kunstsymposion zu Gast; er hat jene Lager überlebt. Der Text vom 28.10. bezieht
sich darauf: [link] Wenn mich auch die Verstrickungen
in diese Themen abschnittsweise massiv beunruhigen, mag ich doch sehr jenen Lauf der
Dinge, in dem alles zu einem sich ständig bewegenden Puzzle wird. Es ist manchmal fast
eine Kontextraserei, ein Flimmern und Rauschen.
Kontextraserei in Flimmern und Rauschen, das ist Autor
Helmut Schranz eher vertraut. (Hier neben Malerin Vera Schranz.) Wir hatten eben eine
intensivere Debatte über den heimischen Kunstbetrieb und welche Positionen darin
realistisch erscheinen.
Die Auffallende Dominanz von Spießern und
Mittelschichttrutschen scheint momentan unabwendbar zu sein, ist auch gegen Einwände
weitgehend immun. Auch gut, denk ich mir heute, und denkt sich letztlich Schranz ebenso.
Das hindert einen nicht, auf eigenen Optionen zu beharren.
Es gibt in Österreich keinen Kunstbetrieb, der eine
erwähnenswerte Anzahl Kunstschaffender ernähren könnte. Folglich sind wir fast alle
darauf angewiesen, unser Brot im möglichst kunstnahen Bereich zu verdienen. Das finden
manche sehr unkomfortabel. Es bietet aber einen erheblichen Vorteil. Ich muß mich in
meiner künstlerischen Arbeit an keinen Konventionen und keinen Erwartungen anderer
orientieren. Eine besondere Annehmlichkeit meines Metiers. |