5. Oktober 2014 Als
Kind hatte ich mir gewünscht, Schlagzeug zu spielen. Mein Vater verschaffte mir einen
Musiklehrer und... drückte mir eine Geige in die Hand. Das war noch eine der mildesten
pädagogischen Glanzleistungen meiner Leute.
Ich war -- wie sich zeigte -- den Anforderungen an
Fingerfertigkeit und Ausdauer nicht gewachsen. Das fiel mir wieder ein, als wir kürzlich
in der Küche der Pölzers saßen, um a la 1914 zu kochen und zu backen: "Brot
und Kuchen" [link]
Dabei kam die Rede auf Steinwerkzeuge, von denen Tino
Pölzer sagte, sie können so scharf und präzise wie Skalpelle sein. Welche
Fingerfertigkeit und Ausdauer war wohl nötig, um nach dem Begreifen neuer Möglichkeiten
dieses Material, Feuerstein, zu bewältigen?
Mich hat schon zeitig eine simple Frage fasziniert: Wie
stellt man Werkzeuge her, um Werkzeuge herzustellen? Die Antwort verweist auf ein extem
komplexes Ensemble: Der Geist und die Hand. Sie liegen quasi im ersten
Werkzeugkasten.
Ich habe mir diesen stählernen Würfel aus der Lehrzeit
meines Sohnes aufbewahrt. So manches Handwerk beginnt damit, daß man Stunden und Tage
lang feilt, damit Geist und Hand sich darin üben, daß es in etlichen Grundlagen keine
schnellen Ergebnisse geben kann.
Auf solche Zusammenhänge bezieht sich mein Kommentar
"Die Ehre des Handwerks", mit dem die WOCHE nun einen regionalen
Themenschwerpunkt eröffnen wird: [link] So beginne ich zur Halbzeit des heurigen Kunstsymposions einige
Themenlinien zu bündeln.
Ich hab ab dem ersten Gleisdorfer Kunstsymposion im Jahr
2012 eine irritierende Mischung von erfreulichen und unangenehmen Erfahrungen gemacht, wo
ich mich mit verschiedenen Kräften über Bedingungen und Quellen der Kunst
auseinandersetzte.
Zu den sehr erfreulichen Momenten gehört das Auffinden
inspirierter Menschen, die sich ihren Themen mit Hingabe widmen. Das Beunruhigende liegt
im Personal eines merkwürdigen Simulakrums, das der Kunst gewidmet wurde oder
aber, umgekehrt, sich der Kunst bedient, um ganz andere Zwecke zu verfolgen.
Mir scheint inzwischen einigermaßen klar, worin wir
gemeinsam auf Riffe laufen. Verdeckte Intentionen und der Verzicht auf Folgerichtigkeit.
Das sind Mittel zur Preisgabe der Kunst.
Aus diesen Erfahrungen und in diesen Zusammenhängen suche
ich nun eine Weile nach sehr grundsätzlichen Aspekten, die uns schon zu eigen waren,
bevor Kunstpraxis üblich wurde. Positionen, die vor dem ideologischen Ereignis
liegen, Artes und Techne zu getrennten Kategorien zu erklären.
Was unsere derzeitige Gesellschaft betrifft, hat sie das,
was ich "Die griechische Anmaßung" nenne, abgerundet. Da ist die alte
Definitionshoheit, aus der bestimmt wurde, was Kunst und was Handwerk sei; zufällig eine
kategoriale Trennung dessen, was freie Männer und was Sklaven tun. Daher bis heute eine
Abschätzigkeit gegenüber körperlicher Arbeit.
Gegenwärtig ist der Kunstbetrieb von einem vergleichbaren
Kräftespiel geprägt, in dem die Arbeit mittels symbolischem Denken zur Magd des Marktes
wird und so ebenfalls soziale Hierarchien abbildet wie befestigt.
Das wäre für sich noch kein Malheur, wo Kunstpraxis uns
Kompetenzen und Mittel bietet, in solchen Kräftespielen zu intervenieren. Wenn aber
Kunst- und Kulturschaffende sich mit Marktgrößen und obsessiven Kunstliebhabern aus
anderen Metiers arrangieren, wo also eine Art "Gewaltentrennung" weitgehend
aufgehoben wird, verliere ich den Boden unter den Füßen.
Damit kann ich mich nicht arrangieren. Wir müssen
uns nicht auf die Politik und den Markt ausreden, solange wir eine wachsende Korruption
intellektueller Selbstachtung in den eigenen Reihen hinnehmen. Ich stelle fest, daß jene
Milieus, mit denen ich zu tun haben, in erheblichen Bereichen gegen Zurufe zu solchen
Themen völlig immun sind. Wenn ein Mittel keine Wirkung zeigt, wird das Zehnfache davon
auch keine Wirkung zeigen. Die Zurufe erübrigen sich also. Die Arbeit daran kann einem
ohnehin niemand streitig machen.
-- [Das dritte Kunstsymposion]
[Generaldokumentation] -- |