27. September 2014 Nun
hat der Dottore, der mir seit
langen Jahren als Automobil-Paparazzo zur Seite steht, seiner kleinen Tochter auf
dem Flohmarkt ein erstes Auto gekauft:
komplett abgespielt, aber so
wunderbar wie damals. Marke Lundby, Made in Sweden. Seitlich echtes Holz, das Plastik
unverwüstlich, Sitze klappbar."
Das fällt mit jenen Tagen zusammen, wo ich mich gerade
wieder ausführlicher mit dem thema Spritzgießen befasse. Thermoplastische Kunststoffe, Duroplast
und Elastomere. Aushärten und Vulkanisieren. Lauter Details, die in meinem
Alltag kein Mensch wissen muß.
Das alles betrifft eine Welt der Makromoleküle. Parallel habe ich grad einiges
über Friction Welding gelernt, eine faszinierende Schweißtechnik.
Vor dem Hintergrund, daß ich beim Treffen Mythos Puch" [link] den Erbauer des
Steyr Strömer", Bernhard Naumann, mit einem Kollegen darüber reden
hörte, wie zickig Aluminium zu schweißen sei und wie gefährlich, wenn man es ohne
Atemschutz mache.
Makromoleküle sind ein erstaunliches Thema. Sie finden sich in natürlichen,
halbsynthetischen und synthetischen Dingen. Ich mag besonders das Beispiel Celluloid.
Wir assoziieren es gewöhnlich mit alten Filmen.
Die Legende besagt, es sei Mitte des 19. Jahrhunderts
gebraut worden, um Elfenbein ersetzen zu können, weil der Bedarf an Billardkugeln nicht
mehr gedeckt werden konnte. Das verweist auch auf die Möglichkeit der Massenproduktion
per Druckguß.
Wir haben heute gewöhnlich nicht mehr im Sinn, wie viele Luxusgegenstände aus teuren
Naturstoffen einst wohlhabenden Minoritäten vorbehalten waren. Meine Leute hatten dagegen
einen Dreck und viel Arbeit.
Es war ein radikaler Prozeß, diese Verhältnisse zu wenden, indem einst neue Werkstoffe
Massenproduktion und Massenkonsum zusammenkommen ließen. (Das Elend der früheren
Arbeiterschaft unterschied sich wohl wenig von dem des ländlichen Proletariats.)
All das, Massenproduktion, neue Technologien mit neuen Werkstoffen, Umbrüche und
Massenelend kamen im Großen Krieg zusammen. Dieser und der Zweite Weltkrieg,
umfassend räuberische Unternehmen, in denen jedes mal unsere Leute die ersten Aggressoren
gewesen sind, waren ein neuerliches Ringen um Ersatzstoffe.
Davon ist uns zum Beipsile die Margarine als Kuriosität geblieben, die damals Butter
ersetzen mußte und uns heute nicht mehr als Notlösung, sondern als angeblich besonders
gesundheitsfördernder Stoff angedient wird.
Das sind einige Aspekte der Hintergründe, vor denen wir
heute erneut in die Kriegsküche" gehen. Experimentalbäckerin Ida
Kreutzer hat sich im ersten Durchgang Erfahrungen geholt, wie ein Rezept aus der Zeit mit
kargen Mitteln umgesetzt und in einem Feuerofen realisiert werden kann: [link]
Jaqueline Pölzer wird heute bald eine Brotsuppe aufsetzen. Zu all dem gibt es
Wasser, vielleicht geklauten Apfelsaft oder einen guten Schluck aus
Schwarzmarktbeständen.
Die Kunst hatte in den letzten Wochen erheblichen Vorrang, die Ehre des
Handwerks ist schon angeklungen, es geht auch um den Geist in der Maschine.
Unser heuriges Kunstsymposion soll auf einen Weg führen, der diese Themenbereiche in
Wechselbeziehung setzt.
Für mich ist das so drängend wie dringend geworden, denn ich kann nicht mehr auf der
Spur des herkömmlichen Kulturbetriebes bleiben, wie ihn mein Milieu nun über mehr als
dreißig Jahre entwickelt und konstituiert hat. Wir sind dabei inzwischen an harte Grenzen
gestoßen, wo sich immer mehr Leute in einer Art soziokulturellem Kameradschaftsbund
einrichten.
Das ist erstickend. Aber es paßt zum Thema, hundert Jahre nach den Schüssen von
Sarajevo. Es gibt zu diesem Prozeß, den kultur.at und Kunst Ost
derzeit in Arbeit haben, eine klare Markierung. Die war uns unerwartet zugefallen.
Als eine Sitzung im Parlament den Kulturminister Josef Ostermayer bewog, seine Konferenz
mit uns zu verschieben, lud ich rund zwei Stunden vor dem angesetzten Termin zu einer
spontanen Kulturkonferenz. Und die hatte es dann in sich
Siehe: [link]
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