6. August 2014

Einigen Menschen in meiner Umgebung dürften derzeit die Ohren abfallen, wenn ich die Geschichte erneut erzähle. Da muß ich um Nachsicht bitten, denn erst jetzt fügt sich die Sache vollständig in ihren Einzelteilen von Belang.

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Glocknerkönig Rudi Mitteregger, Jahrgang 1944

Andere Leute würden das vermutlich ein wenig abschreckend empfinden, aber ich habe als Künstler so eine Art buddhistisches Tuning in der Wahrnehmung. In jener Kultur gilt, so könnte man es salopp formulieren: Alles hat Bedeutung. Nichts ist unwichtig.

In unserer Kultur neigen wir eher zu einer Leichtgängigkeit in der Wahrnehmung, denn: Das Leben ist hart genug. Und wer das noch nicht zu Kenntnis nimmt, bekommt das ultimative Statement um die Ohren: Man gönnt sich ja sonst nichts.

Da also das Leben hart ist, haben viele meiner Leute was besseres zu tun. Und weil man sich sonst schon nichts gönnt, wird dabei die Wahrnehmung heruntergeschaltet, damit nicht dauernd aufregenden Zusammenhänge an einem rütteln. Klar? Klar!

Für mich birgt dagegen jeder Blick zu jedem Atemzug die Gefahr, daß mich ein interessanter Eindruck von dem ablenkt, was mich gerade beschäftigen sollte. Daher ist immer alles zu viel. Und stets paßt viel davon so oder so zusammen. Furchtbar!

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Ein Abschnitt von "The Track" und mein Rad-Klassiker Austro Daimler Alpina

Also der Reihe nach: Die Jungfernfahrt mit meinem Austro Daimler Alpina hätte gestern stattfinden sollen, aber dieser verregnete Tag, na, so hart bin ich nicht drauf. Heute schien der Tag dafür perfekt, der Regen blieb aus, die Strecke fügte sich. Und das kam so.

Anläßlich des 100. Todestages von Altmeister Johann Puch machte sich der mehrmalige Glocknerkönig Rudi Mitteregger [link] mit einigen Freunden von Judenbug aus auf den Weg, um Bad Radkersburg zu erreichen, wo Puch bei Meister Gerschak sein Handwerk erlernt hatte.

Dieser 19. Juli war ein so heißer Tag, daß ich den Schatten nicht verlassen wollte und selbst kleine Wegstrecken zu Fuß mir mühsam erschienen. Bei diesem Wetter machte der siebzigjährige Mitteregger die Strecke von zirka 160 Kilometern mit einem alten Rennrad.

Diese Begegnung und eine kleine Plauderei ließen für mich klar werden: Wenn ich mit meinen 58 Jahren nicht bald nennenswert in Bewegung komme, bleibt höchst fraglich, ob ich Mitereggers derzeitiges Alter je erreiche.

Unsere Leiber sind leider nicht gemacht, daß man vom Nachdenken eine gute körperliche Kondition bekäme. Fühlt sich das Fleisch aber ungebraucht, neigt es dazu, hinfällig zu werden. Das mißfällt mir zwar, ist aber unverhandelbar.

Weder muß ich an einem Spitzensportler Maß nehmen, noch müßte ich meinen Auftakt erschweren; es werden heute extrem leichtlaufende, leichtgewichtige Fahrräder angeboten, die einen mit mäßiger Kraftanstrengung fast fliegen lassen.

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Sammler und Schrauber Valentin Eggbauer

Aber so geht das bei mir nicht. Es muß, wenn außergewöhnliche Schritte anstehen, erstens romantisch sein und zweitens das Puzzlestück einer größeren Geschichte ergeben; sozusagen den Schlüssel zu einer Erzählung.

Diesen Schlüssel lieferte mir Valentin Eggbauer, Exponent einer oststeirischen Sammler- und Schrauber-Szene. Aus seinem Bestand erhielt ich ein Austro Daimler Alpina, gefertigt von Puch. Es entspricht in der Bauart und der Herkunfts-Ära dem Rad von Mitteregger, ohne dessen Güte erreichen zu müssen.

Das Austro Daimler aus dem Hause Puch wurde so für den Export mit dem Geruch des Historischen versehen. Es träg die Zeichen der drei altösterreichischen Konzerne, aus denen einst die historische Steyr-Daimler-Puch AG entstanden war: Der Automobilproduzent Austro-Daimler (AD), die Waffenschmiede Steyr und das Puchwerk.

Mit diesem Fahrzeug ist es wie mit den Motorrädern jener Zeit: Läuft schnell, aber die Bremsen schaffen nicht, was heutige Bremsen schaffen. Das Schalten der Gänge im Bereich der Knie ist eine sehr antiquierte Pose. Das Schloß, um die Fuhre absperren zu können, erscheint mir schwerer denn das ganze Fahrrad. So kommt das eben mit einem Klassiker, den ich mir nun langsam vertraut mache.

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Damit bin ich bei einem weiteren Puzzlestück, denn ich brauchte a) eine kleine Überholung des Rades und b) ein paar sachkundige Tips, was in der Benutzung beachtet werden sollte. Die "Inbetriebnahme", so der Begriff im Reparaturauftrag Nr. 304, übernahm Profi Josef Laller.

Er ist nicht nur Geschäftsmann in diesem Metier, sondern auch ein Sammler klassischer Fahrzeuge. "Kriegt man nicht oft zu sehen", war seine erste Reaktion, nachdem er das Austro-Daimler übernommen hatte.

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Josef Laller ist in Sachen Puch ziemlich fit

So ist das. Die pure Vernunft hätte ein adäquates Freizeitgerät für einen älteren Herren empfohlen, wovon Laller eine passable Auswahl in seinen Schauräumen hat. Aber es muß für mich eben romantisch sein. Und es muß in ein größeres Bild passen, das auf symbolischer Ebene ganz andere Reichweite hat.

Das berührt dann auch ein Vorhaben für diesen Herbst, wo sich einige Leute mit mir darauf einlassen, den "Mythos Puch" etwas auszuleuchten; und zwar als eine Reflexion der sozialen Revolution, die wir durch neue Formen individueller Mobilität erfahren haben, was auch kulturelle Konsequenzen zeigte...

-- [Mythos Puch] --

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