7. Juli 2014

Die Sommerhitze ist erwartungsgemäß auch in mein Büro hereingekrochen. Hätte ich einen Keller, da wäre ich nun. So bleibt es ein Spiel mit meiner Belastbarkeit. Oder eh bloß mit meiner Disziplin?

Der heiße Kaffee ist dazu pure Unvernunft. Ich bin über die letzten Tage vergnügt, die ich prächtig ohne Befassung mit Kunst auskam. Maschinchen um Maschinchen auf dem Set. Ein Hauch von Zeremoniell, das ich in Dreiviertelhosen absolviert habe. Eine Fülle von Eindrücken und endlosen Gespräche.

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Derzeit beneide ich mich wieder einmal selbst, denn was mir Arbeit macht, macht mir auch Freude. Das ist eine unverschämt feine Mischung. Die Debatten mit den Praktikern dieses Genres, mit den Leuten, welche historische Fahrzeuge in Gang halten, verschiebt stets neu meine Perspektiven auf das, was ich mir unter der "Ehre des Handwerks" vorstelle.

Da war eben wieder einer, ein Gast aus Deutschland, der mit gelassener Bestimmtheit sagte: "Das ist doch in zehn, spätestens zwanzig Jahren vorbei." Der selbstbewußte Handwerker, eigentlich ein selbstbstimmter Handwerker. Es endet? Mag sein. Aber in den Nischen wird etwas bleiben. Vielleicht.

Ich gebe zu, wir leiden nicht darunter, daß niemand mehr weiß, wie Amati oder Stradivari ihre Geigen bauten. Doch die Handfertigkeit ist etwas, worauf der Geist nicht verzichten kann, denn der Leib arbeitet bei den Kognitions-Jobs massiv mit. Was genau ist also die Themenstellung, wenn ich hier nicht in Sentimentalität verreiben soll, aber dort ein Portal zur Zukunft ebenso versäumt werden könnte? So viele Fragen.

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Industrieanlagen müssen als stets gefährlich gelten, auch wenn sie heute sauber, insgesamt eher leise und gut klimatisiert dastehen. Am gefährlichsten erscheint ganz offensichtlich eine Flotte rasender Gabelstapler, die an- wie ausdauernd nötige Teile an die "Linie" bringen, weil dort, wo Anschnitte eines Fließbandes bestückt werden, der Lagerplatz sehr eng bemessen bleibt.

Keine Fotos aus dem Zweierwerk in Thondorf, weil die Kundschaft, große Autokonzerne, das verlangt. Also hielt ich wenigstens die "Tools" fest. Das sind umschnallbare Stahlkappen, mit denen man die Zehen schützt.

Man kommt sich noch reichlich kindlich vor, wenn man in Gemeinschaft nach passenden Stücken sucht, auch Paare davon zusammensucht, sich die Dinger unbeholfen anlegt und über Frauen lächelt, deren Riemchen-Sandalen ins Groteske wanken, wenn sie Stahlkappen verpaßt bekommen. Aber das ist ja nicht wirklich lustig und nebenher ein bescheidener Preis, um sich derlei Fertigungsstraßen einmal näher anschauen zu können.

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Steht man in so einer Anlage, beginnt langsam zu dämmern, welche unvorstellbaren Geldsummen nötig sind, um derlei Infrastruktur hinzustellen, klaglos zum Laufen zu bringen, während Dinge entwickelt werden, die sich dort am Band zusammenbauen lassen.

Dem folgen dann noch sehr viele weitere Schritte, bis einmal Cash zurückzufließen beginnt. Wer stemmt derlei Summen? Wie geht das? Wo wird das mit anderen Systemen verknüpft, um den Lauf solcher Dinge voranzubringen?

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Wir haben uns in den letzten Tagen eine kleine Zeitreise geleistet. Die Orte, die Gespräche, die Artefakte. Ich kreise um Überlegungen, aus welchen Quellen wir gemeinsam schöpfen, Handwerker und Kunstschaffende. Gilt da etwas als verbindend? Ich streite immer wieder, wo einzelne Herzchen mir mit Dackelblick anvertrauen, daß sie "kreativ" seien, als ob darin eine Besonderheit läge.

Tut mir leid, Leute! Kreativ zu sein, das ist die Mindestanforderung, über die wir nicht weiter zu reden brauchen. Kreativität setzt dort an, wo Regeln enden, wo wir über Konventionen hinausschreiten. Das ist bloß der allererste Schritt in Richtung spezieller Ergebnisse. Das zu betonen ist pure Großspurigkeit.

Wenn mir ein Reisender berichten wollte: "Ich bin soeben aufgebrochen!", bitte ich um Nachsicht, daß mich gerade andere Dinge beschäftigen. "Aber scheib mir, wenn du was erlebt hast!"

Ebenso zieht es mir die Plomben, wenn ich erfahre, daß wieder einer in der Kunst die Zeit der Menschen verplempert hat, indem er viel zu lange über sich gesprochen und noch längst nichts Wesentliches erwähnt hat. Dieses Quälen von Publikum, diese endlosen Selbstdarstellungen verderben das Feld.

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Sieht man nach, wer sich wieder so aufrichten mußte, um in tief stehender Sonne eine langen Schatten zuwege zu bringen, lächelt bloß einmal mehr ein Spießer in die Runde. Bei den Handwerkern kenne ich solche Prahlerei nicht.

Die Besten sind die Leisesten. Und die Jungen, wenn sie so einen Weg erst begonnen haben, würden sich vor den Alten nicht hervortun. Das Maul macht auf, wer zur Sache etwas zu sagen hat. Blender uns Maulhelden hielten sich keine zehn Minuten auf dem Set. Bliebe zu klären: Muß es dann im Verkauf grundsätzlich anders laufen?

-- [Johann Puch: 100. Todestag, die Dokumentation] --

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