5. Jänner 2014Vor zwei Tagen hatte ich eine Titelzeile vor Augen, die mir herzerwärmend
und zum Denken anregend erschien. Sie bezieht sich auf ein Buch, das in meiner Bibliothek
verlorengegangen ist, was meint, an einer falschen Stelle steht. Aber das Buch
beschäftigt mich gar nicht, sondern die inspirierende Botschaft. (Quelle: Der
Standard)
Würde das Fürchten etwas helfen, müßte einem unter
Bedrängnis Hilfe zufallen, Beistand oder Trost, oder auch alles zusammen, was man eben
gerade braucht. Davon ist selten etwas zu haben und fallweise einfach nicht genug. Außer
man wäre ein gut behütetes Kind.
In meiner Kindheit war es noch nicht en vogue, Kinder als
Schutzbefohlene zu betrachten. Da hat Fürchten gar nichts geholfen, sondern fallweise die
Lage sogar verschlimmert. Ich erinnere mich nicht sehr gerne daran und vermute, daß ich
aus eben diesen Zusammenhängen eine sehr streitbare Person wurde, welche für die
verbleibenden Jahre um Milde ringt.
Ich mag demnach die merkwürdige Doppeldeutigkeit dieser
Headline. Mein Faible für einzelne Sätze bringt mich dazu, allerhand Zeilen zu notieren.
Das liegt dann in Zetteln so herum, bis ich sie wegwerfe. Manches davon trage ich hierher.
Etwa ganz Banales wie: "Auf dem Weg zur Spitze macht sich jeder Feinde."
Oder Kerl-Nummern wie: "He may go on the missing
list forever." Auch geschraubter Salat wie: "Die Sache ist die!" Eine
der zufällig hergerollten Perlen lautet: "Glaub mir, der Typ ist so cool, daß
die Schafe ihn zählen, wenn sie schlafengehn."
Ich denke nicht, daß man ein neues Jahr wesentlich
tiefsinniger beginnen muß. Bei mir war unter den ersten Schritten auch eine kleine Fahrt,
auf der ich die Puhov Most in Ptuj überquert habe. Kein Zufall, sondern ein
gesuchtes Ziel, wobei die Sinnhaftigkeit dieser Überquerung für Außenstehende erst
verständlich wird, wenn man den Namen in's Deutsche überträgt. Es ist die "Johann
Puch-Brücke". Das Thema hat ja in meinem Tun einige Präsenz: [link]
Ich genieße es, spät nachts noch munter zu sein und nach
dem Aufstehen die Zeit bei ausreichend Kaffee in Stille, schreibend, zuzubringen.
Schreiben ist mein bevorzugter Modus der Reflexionsarbeit.
Eben war ein vierjähriges Projekt abzuschließen, was
bedeutet, ich verfrachte eine Menge Papier a) in mein Archiv und b) in den Kübel. Ich
werde nun einige Monate kaum Geld verdienen, brauche auf absehbare Zeit keine
Arbeitsjournale zu führen, hab die Freiheit, eine Weile über zurückliegende Prozesse
sehr gründlich nachzudenken.
Ein fast teenagerhafter Zustand.
Das hat noch ganz andere, sehr angenehme Konsequenzen. In
meinem Milieu zeigt sich häufig: Wer ein Budget hat, wird schnell zum Ziel rüder
Begehrlichkeiten und auch infamer Unterstellungen. Wir trauen unseren Kompetenzen so
wenig, daß Leistung meist als vorgetäuscht und ein gutes Geschäft eher als erschlichen
gilt. Das flaut nun voraussichtlich ab, denn wer nichts zu verteilen hat, darf mehr Ruhe
genießen.
Unterstellungen. Der Volksmund sagt: Wer nicht weiß,
muß glauben. Voilá! Wir Kinder der Gegenreformation mißtrauen dem Wissen und
genießen das Glauben. Ich ahne, warum das so ist. Wissen will erarbeitet sein, Glauben
fällt einem einfach zu. Ein verlockendes Angebot!
Nein, ich bin natürlich kein Kulturpessimist. Ich suche
bloß nach nächsten Klarheiten. Da heute, meiner Erfahrung gemäß, das Fürchten nichts
hilft, sind doch recht oft die Ärmel aufzustricken.
Ich möchte daran erinnert wissen, wie viel an Sicherheit
und Wohlstand wir in diesem Land genießen dürfen, auch Freiheit in einem Maß, welches
anderen Menschen keineswegs selbstverständlich ist.
Ich wüßte das gerne gesichert, indem man nicht jeweils
anderen Leuten zuruft, was zu tun sei, sondern indem eine kollektive Anstrengung erahnbar
wäre, dieses Niveau der Möglichkeiten gegen Erosionen abzusichern. |