14. Juli 2013 Es ist
verlockend, über politische Verhältnisse vom Schreibtisch aus zu räsonieren. Es ist
eine andere Sache, in ein Geschehen hineinzugehen. Ich will die Rolle des Kommentators
keineswegs gering schätzen, denn als Autor sehe ich darin eine Reihe von Möglichkeiten,
die man auf hohem Niveau pflegen kann.
DIE "STYRIAN SESSIONS" AUF
DEM WEG ZUM SYMPOSION, VON LINKS:
MIRJANA PEITLER-SELAKOV; MILICA MILICEVIC UND MILAN BOSNIC
Es ist eine gründlich andere Möglichkeit, sich selbst zum
aktiven Teil von Prozessen zu machen. In meiner eigenen kulturellen Tradition, die einen
wesentlichen Fokus in der Idee von "Eigenständiger Regionalentwicklung"
hat, ist das unverzichtbar.
Dieser Zugang erlaubt es nicht, sich zum ankommenden
"Experten" zu machen, der von außen an Geschehnisse herangeht. Auf diese Art
kennen wir inzwischen ja hauptsächlich "Mission Junkies", quasi
"gescheite Reisende", die ihre Gescheitheit zu Markte tragen, aber meist nicht
mehr erleben, was sie bewirkt oder angerichtet haben.
Dem steht (als eine Option) gegenüber, was wir im
Kunstgeschehen schon lange kennen. Daß wir einander nämlich begegnen, besuchen, daß wir
den Austausch pflegen.
Das gehört auf jeden Fall zum Wesen meines "the
long distance howl": [link]
Ein Verfahren, um mit künstlerischen und diskursiven Mitteln in den Lauf der Dinge
hineinzugehen. Manches davon sind Momente der Kunst, manches ist Diskurs, ist aber dadurch
selbst keine Kunstpraxis, manches davon ist Kunstvermittlung.
UNSERE GEMEINWESENORIENTIERTE
KULTURARBEIT IST INZWISCHEN
VOM REGIONALMANAGEMENT ANERKANNT
Ich sehe mich für jeden dieser Bereiche zuständig,
möchte darin aber Trennschärfe gewahrt wissen. Die Tendenz, dieses Ganze oder auch bloß
irgendwelche Teile davon als "Intervention" zu deuten und über diesen Weg
insgesamt zum "Kunstwerk" zu erklären, lehne ich völlig ab.
Solches Simplifizieren sei dem Boulevard überlassen. Ich
beziehe meine Ressentiments auch auf das, was ich "Bonmot-Kunst" nennen
mag. Damit meine ich Werke, die einen lustigen Gedanken darstellen, einen Gag, einen
originellen Moment, wie man ihn etwa in Gesprächen erlebt, wenn jemand über Esprit
verfügt.
Mit solchen geistreichen Plaudertaschen der Kunstpraxis
kann ich mich nicht anfreunden. Aber ich verstehe ein Publikum, das sich
"knackige", originelle Werke wünscht, deren Rezeption einem leicht fallen.
Daraus kann freilich kein Umkehrschluß gezogen werden,
daß etwa nur Kunst sei, was sich schwer rezipieren ließe. Also was nun? Das würde eine
längere Erörterung fordern.
Aber im Vorfeld läßt sich schon einiges klären. Wer eher
ohne Wissensdurst und Erlebnishunger sein Auslangen findet, braucht sich an Kunstwerken
nicht abarbeiten. Die Dekorations-Branche bietet Schönes und Interessantes in so gut wie
allen Preis- und Qualitätsstufen.
Sagen wir laut und deutlich: Es muß ja
nicht sein!
Damit möchte ich vor allem sagen: Es ist sinnlos und
unnötig, sich unter die Flagge der Kunst zu reklamieren, falls einem all das dann doch
eher egal ist. Für diese Fälle empfehle ich gerne, man möge einmal überdenken, welche
Codes und welchen rigorosen Rituale in überschaubar kurzer Zeit ein sich nach Aufstieg
verzeherendes Bürgertum selbst verschrieben hat, um sich gegenüber den älteren Eliten,
dem Adel und dem Klerus, zu emanzipieren, um sich ihnen gegenüber durchzusetzen.
ARBEIT AN UNSERER META-EBENE:
KULTURWISSENSCHAFTER GÜNTHER MARCHNER
Steife Dress Codes und teure kulturelle Rituale gehören
zum Erbe dieser Prozesse, von denen sich ganz wesentliche Züge im 19. Jahrhundert finden
lassen. Teil dieser problematischen Erbschaft ist übrigens der rassistische Nationalismus,
den etwa alter Adel schlicht nicht nötig hatte, um sich selbst zu definieren.
Polemisch verkürzt: Seit der Pöbel herrschsüchtige
Seiten zeigt, was uns mindestens der historische Faschismus klar gemacht hat, scheinen wir
diese Pest eines populären, populistischen und menschenverachtenden Nationalismus nicht
loszuwerden.
Nun hat nicht die Kunst in derlei Fragen etwas zu bewirken,
denn sie ist kein "soziokulturelles Reparatur-Set". Daher kann auch die
Frage nach der "Aufgabe der Kunst" flott abgehakt werden. Die Kunst
hat keine Aufgaben. Das ist ja gerade eine ihrer Besonderheiten, um uns in völlig
offene Denk- und Erfahrungsräume einzuladen.
Menschen haben Aufgaben. Die sind selbst gewählt oder
einem auferlegt. Kunst ist ein "anderer Bezugsrahmen", in den wir eingehen
können. Von dort kommen wir im günstigsten Fall mit Erfahrungen zurück, die uns beim
Bewältigen unserer Aufgaben etwas nützen.
So ergibt sich für uns Kunstschaffende bei "the
track: axiom | südost" eine komplexe Anordnung von Aufgabenstellungen. Nur ein
Teil davon ist künstlerischer Natur. Erfahrungs- und Meinungsaustausch sind für uns bei
einem Symposion ganz wesentlich.
-- [the track: axiom | südost]
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