5. Juli 2013 Wie ist es
möglich, daß Menschen mit solchen Tieren kommunizieren? Ich hab darüber freilich schon
gelesen und weiß auf rationale Art ein wenig davon. Zugleich bleibt es mir ein Rätsel
und erscheint mir als Magie.
Das ist ein Weißkopfseeadler, wie ich ihn kürzlich ganz
aus der Nähe zu sehen bekam. Da waren verschiedene Greifvögel auf Oberkapfenberg.
Darunter auch ein Falke, der es im Angriff auf eine einschüchternde Geschwindigkeit
bringt. Dagegen wird die Kraft in den Krallen dieses Adlers mit der Beißkraft eine Pumas
gleichgesetzt.
Das Tempo der meisten dieser Vögel hat mir die Fotoserie
mit einer ganzen Reihe von Fehlgängen versetzt, denn ohne ausreichende Erfahrung mit
solchen Motiven geht man eben mit der Kamera reichlich ins Leere.
Das berührt eine andere Option menschlicher
Kommunikationsmöglichkeiten. Bedeutungszuweisungen und Deutungshoheit. Ich hatte eben
erst ein Gespräch über die Kunst, in dem es genau darum ging. Wie kann etwas Kunst
sein, wenn es nicht danach aussieht?
Jenseits beschriebener ästhetischer Qualitäten oder deren
Mangels bleibt mir ja immer, wozu mich meine eigenen Erfahrungen in der Deutung
befähigen. Das bearbeiten wir auch jeden Tag in trivialen Fragen. Alltagsbewältigung ist
ganz genauso in hohem Maß ein Deutungsgeschäft.
Ich darf mich heute mit etlichen Leuten einig sehen, daß
uns die Kunst wie ein Forschungsunternehmen ist. Dabei ist das Herstellen von Artefakten,
von greifbaren (Kunst-) Gegenständen nicht unwesentlich, aber Wahrnehmung und Erkenntnis
gehen doch weiter. Öha! Habe ich Kunst gerade mit Philosophie verwechselt? Es
ist eben sehr viel komplexer.
Mir hat kürzlich der Film "La migliore offerta"
von Giuseppe Tornatore Freude gemacht, weil darin viel von dem thematisiert wird, was uns
als Motiv vertraut erscheint. Der reiche, betrügerische Kunstexperte (Geoffrey Rush als
Virgil Oldman) lebt ein einsames Leben, in dem er sich bedeutende Frauenportraits aus
mehreren Jahrhunderten ergaunert, durch die Bank Meisterwerke. Seine Verliebtheit wird als
doppeldeutig dargestellt.
Er verliebt sich in die dargestellten Frauen, wie er auch
in die Qualität der Kunstwerke verliebt ist. Daß er alles verliert, nachdem er sich doch
noch auf eine reale Frau eingelassen hat, könnte ja auch bedeuten, daß dieses Spiel der
Obsessionen endlos weitergeht. Da draußen sind ungezählte andere Personen mit
Begehrlichkeiten ähnlicher Art. Manche bloß habgierig. Andere von Eifersucht gequält,
wie die Schlüsselfigur von Oldmans Beraubung, Billy Whistler (Donald Sutherland).
Es gibt also diesen Teil der Kunstwelt, das Reich der
anerkannten Meisterwerke, an denen Fragen der Inhalte, der Komposition, des Handwerks
abgehandelt werden können. Aber das ist nicht "Die Kunst", sondern
eben bloß ein Teil dessen, was wir heute als Kunst verstehen.
Blättern Sie nach oben. Der "Fehlschuß" bei
meinen Versuchen fliegende Raubvögel zu erwischen, könnte über einige Arbeitsschritte
ebenfalls in die "kulturellen Archive" (Boris Groys) eingehen, also zu
einem Kunstwerk werden. Und täuschen Sie sich nicht, so oder so müßte man viel über
Zusammenhänge wissen, um im Thema "Meisterwek" voranzukommen.
Auch Virgil Oldman verfügt für seine Welt der Bilder
über weit mehr Kenntnisse als jemand, der zu sehen meint: Ah, ein Kunstwerk! Wenn man
also schon in Verkürzungen Bonmots produzieren möchte, dann kommt Kunst weder von
"Können", denn das ist die Kunstfertigkeit, noch kommt sie von
"künstlich", denn dazu müßte man vor allem den Naturbegriff klären. Kunst
kommt aber einigermaßen sicher von Kontext, also von den Zusammenhängen
menschlicher Bedeutungszuweisung.
Weiter im Verkürzen und Bonmotisieren: Denn wäre es
anders, würden sich auch Tiere mit der Kunstproduktion befassen. Tun sie aber
bekanntermaßen nicht. Dafür können sie beispielsweise sehr schnell fliegen... |