23. Juni 2013 Nach der
Sommerhitze, die einen einschloß wie frischer Zement, nun die kühle Regenluft, die zum
Fenster hereinkommt, als würde etwas auf den Knien um einen herumkriechen. Apropos
Fenster!
Die Ordination von Elisabeth Santigli nimmt das gesamte
Dachgeschoß der Sparkasse im Ort ein. Dieses Haus steht am oberen Ende einer Achse, die
ein Zentrum der Stadt ausmacht. Hier sieht man diese Achse hinunter, wobei der
"Solarbaum", eine Arbeit des inzwischen verstorbenen Hartmut Skerbisch,
gewissermaßen einen Kreuzungspunkt markiert.
Wer, wie ich, hier durch dieses Fenster blickt, weiß dabei
nicht unbedingt, daß man so eine Arbeit von Alfredo Barsuglia quasi um die Ohren hat; im
wahrsten Sinn des Wortes. Dabei ist kein Ton zu hören, hier hat Barsuglia mit Licht sein
Statement platziert.
Die kleine Simulation sollte kürzlich für Politik und
Verwaltung der Stadt Eindrücke bieten, durch welche die Umsetzungsfragen leichter
debattierbar würden. Siehe dazu auch: [link] Das bedeutet ferner, in Gleisdorf haben Belange der
Gegenwartskunst längst ausreichend Gewicht, daß sich der Bürgermeister und sein Team
damit laufend befassen.
In welcher Kategorie sich solche Zuwendung zur Kunst
ereignet, kann man im Grunde gut daran ermessen, was zu offiziellen Anlässen gesagt wird.
Ich schätze den Bereich der Repräsentation keinesfalls gering. Doch eine Inszenierung
wird einfach zu durchsichtig, wenn etwa geschieht, was ich vor einigen Wochen andernorts
in der Region erlebt habe.
Da gab es drei Ansprachen zu einer Vernissage. Die Quellen
der Zitate waren verräterisch: Goethe, Katherine Hepburn und Dostojewski. Ich lese ja
Dostojewski wenigstens, weil mich schon als junger Kerl kaum ein Romancier so bewegt hat
wie er; auch Lew Tolstoj.
Und genau deshalb steht für mich außer Zweifel: Es findet
sich bestenfalls alle 20 Jahre einmal ein guter Grund, bei einer Vernissage Dostojewski zu
zitieren, weil er eventuell etwas, das man selbst sagen möchte, wesentlich brillanter
formuliert hat.
Aber drei so alte Zausel (Pardon, Frau Hepburn!)
aus solchem Grund an einem Abend, das ist völlig undenkbar, weshalb man sofort
erkennt: Da hat jemand in Zitatensammlungen geblättert, um sich für den eigenen Auftritt
einen schönen Satz zu suchen. Doch wer das tut, disqualifiziert sein Gesagtes mindestens
bei einer Kunstveranstaltung, wo es ja unabdingbar um Inhalte und Ansichten geht. Wer
dabei nicht mehr als Versatzstücke ausstreut, demonstriert damit: Ich will bloß
vorne stehen, aber ich hab mit der Sache kaum zu tun.
Sie sehen, an solchen Details läß sich leicht Erkennen,
ob jemand sich in Repräsentation genügt und damit nur sich selbst promotet, oder ob
jemand zur Sache der Kunst und zum Lauf der Welt etwas zu sagen hat. Auch darin schätze
ich meine Stadt, weil mir hier derlei nicht zugemutet wird.
Ich hatte gestern diese Headline in der "Kleinen
Zeitung" entdeckt und weiß bis heute nicht, soll ich eher gerührt oder eher
amüsiert sein? Diesem stetigen Wehklagen rund um Fragen der Kultur, steht dann leider,
wenn ich zur Tür hinausschaue, nicht einmal die Spur eines angemessenen Engagements
gegenüber, wenn man die Gesellschaft als Ganzes bedenkt.
Was soll also das Lamentieren? Und was muß sich noch
ereignen, erlebt werden, damit sich wenigstens ein kleiner Ruck zeigt, in dem sich doch
etwas mehr Menschen aufraffen, die Sache(n) der Kultur mit einiger Dauer zu vertreten?
Eben!
Ich sehe mir gerade erneut durch, wie sich unsere Leute so
seit Dollfuß und Schuschnigg dem Herrn Hitler angedient haben und was uns seither
gelungen ist oder auch nicht. Wehklagen? Mumpitz! Einfach selber einlösen, was man
ersehnt, das wäre für den Anfang schon allerhand. |