14. Juni 2013 Angenehmer
Weise läßt sich sagen, ich hab es nicht nur anstrengend, sondern auch lustig. Heiter
Zustände bauen sich manchmal schrittweise auf. Etwa über Erheiterung. Heiterkeit hat bei
mir meist zwei ganz unterschiedliche Quellen. Erkenntnis ist eine. Die andere liegt in
erfreulichen Vorfällen.
Beides mochte sich gestern einstellen. Der erfreuliche
Vorfall lag zum Beispiel schon darin, im Straßenalltag eine Puch 250 TF zu entdecken,
überdies keines von den häufigen Fahrzeugen in Elfenbeinfarbe, sondern eine schwarze.
Das ist jetzt freilich Liebhabergeschwätzigkeit, denn auf
Anhieb wüßte ich keine zwei Leute in meinem engeren Umfeld, die gelaunt wären, sich mit
mir über die "steirische Norton" zu unterhalten.
Dieser Fund lag auf dem Weg zu einem überaus erfreulichen
Arbeitsgespräch. Sandra Kocuvan und Gerald Gigler repräsentieren je eine Abteilung des
Landes Steiermark, sind da einerseits für den Bereich Europa (Kocuvan), andrerseits für
Entwicklung im ländlichen Raum (Gigler) zuständig.
Wir haben ja zur Zeit Weichenstellungen zu debattieren,
denn JETZT muß klar werden, wo es in der Kultur- und Wissensarbeit bei uns in der Provinz
2014/15 weitergeht, um auch das Wie klären zu können, was unter anderem Budget-
und Finanzierungsfragen betrifft.
Ich habe in "Angelpunkt 2013" gerade
skizziert, wie ich da die Themen und Aufgaben bündeln werde, um regionale Agenda
einzulösen, aber zugleich auch -- auf Europa bezogen -- Vorhaben von Relevanz zu
betreuen: [link]
Dafür haben wir nun, so zeigt sich, ein sehr hohes Maß an Übereinkunft für die
nächste Zeit.
Erheiterung beziehe ich aber auch aus solchen Momentchen,
wenn mich etwa Avantgarde-Autor Helmut Schranz in respektvoller Art anspricht: "o
kume, was wird mirjana dazu sagen ;)) dein alter srancic"
Das serbische Wort "Kum" bedeutet
Trauzeuge, was auf unser Verhältnis zutrifft. Ob es freilich klug ist, mit einem Musiker
eine Wohnung teilen zu wollen, muß ich mir noch überlegen. Ich darf übrigens erwähnen,
daß Schranz auf dem Kunstfeld der Sektion "klug und uneitel" zugerechnet werden
muß, einer Sektion, die allgemein nicht gerade als überlaufen gilt.
Gestern ereignete sich auch, daß ich Paul Virilios "Ästhetik
des Verschwindens" durchsah, auf dessen Buchdeckel Cézanne zitiert wird:
Über solche Gedanken kann ich mich scheckig lachen. Dann
wäre da noch Erkenntnis als Quelle von Erheiterung offen. Die ließ sich gestern Mittag
erschließen, es war also ein Tag der Fülle. Auch wenn die Buddhisten derlei ablehnen,
ihnen gilt, daß man sich auf das konzentrieren solle, was man gerade hauptsächlich
zu tun hat, ich lese gerne beim Essen.
Das ist momentan unter anderem "Nicht-Orte" von
Marc Augé. Hier findet man auf einer Seite seine Feststellung: "Die Geschichte
beschleunigt sich." Das sei banal, meint er, und wäre täglich zu erfahren: "Kaum
haben wir Zeit gehabt, ein wenig älter zu werden, da ist unsere Vergangenheit bereits
Geschichte, und unsere eigene individuelle Geschichte ist Bestandteil der
Geschichte."
Eigentlich ein schrecklicher Effekt und eine wachsende
Bürde, weil das ganz merkwürdig auf unsere Wahrnehmungen und Handlungskonzepte
zutückwirkt. So gesehen keine erfreuliche Lektüre. Aber erheiternd und erleichternd,
daß ich endlich so einen Angelpunkt kapiere.
Wenn ich gelegentlich, doch wiederkehrend, meine "Komplexitätskrise"
beklage, dann wußte ich zwar immer, was mich daran schmerzt, aber mir war noch nie so
richtig klar, woran es liegt. Denn die mögliche Antwort "Weil alles so viel
ist" hat keine große Aufklärungskraft. Jetzt scheint mir aber, daß ich ein
Stück besser verstehe, was es damit auf sich hat... |