31. Mai 2013

Wie soll ich jemandem klar machen, nachvollziehbar, was diese Freude am richtigen Moment ist? Davon kann im Grunde nicht einmal erklärend erzählt werden. Ich bestaune ja selbst, daß es sich als so unerschöpflich und zuverlässig erweist, immer wieder einstellt und darin ein Gewicht bekommt, das mir in Geld nicht aufzuwiegen ist. Ich gebe ein Beispiel:

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Hier ein mir unbekannter Handwerker, wie er eine große Arbeit von Hans Kupelwieser bewegt, der seinerseits gerade Überlegungen anstellt, was die endgültige Position des Werkes angeht. Rechts, im Hintergrund, der aufgebockte Lastwagen, um den herum sich so schöne Staumomente ergeben haben, während leichter Regen fiel, der nun schon den zweiten Tag anhält. Eine äußerst komplexe Situation, in der einige Leute sehr konzentriert auf ihre Hände und Füße zu achten hatten.

Ich bin der Streuner, Dieb von Augenblicken, Wegelagerer und unersättlich. Als könnte ich vorab kompensieren, was meine Jahr für Jahr schwächer werdenden Augen ahnen lassen. In dieser Mischung aus festhaltbaren Blicken, Augenblicken, und einigen symbolischen Aspekten erwächst dieses "Gehört alles mir!".

Eine Inbesitznahme, die niemanden beraubt, weil sie beliebig teilbar bleibt, ohne dabei ihre Substanz zu mindern. Das ist mein Metier. Meine Domäne. Meine Obsession. Im Grunde banal und ohne jeden Anspruch auf die Welt oder ein Terrain oder besondere Verfügungsgewalt.

So bleiben ungezählte Fragen ungeklärt. Themen von Rang rinnen an mir ab. Ich habe bis heute keinen einzigen Artikel über die Brüste von Angelina Jolie gelesen. An den Headlines konnte man schon genug haben, selbst an jenen von Leserbriefen.

Entsprechend bin ich auch ratlos gegenüber den Brüsten, die der Welt von "Femen" dargeboten werden. Außerdem verwirrt es mich, daß in Syrien die Hisbollahis auf der Seite des Regimes kämpfen. Und mich verwirrt folgende Titelzeile: "Bergsteiger-Prügelei am Mount Everest".

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Das Bild war schwer zu erwischen und zeichnet sich doch dadurch aus, daß kaum ein Motiv leichter zu fälschen wäre. Es hat also kein anderes Gewicht denn das meiner Erzählung. Diese Erzählung ergibt sich aus meinen Gängen, auf diesen Wegen, ich hab in den vorigen Einträgen gerade erst davon erzählt.

Zehn Jahre runden sich, seit "the long distance howl" hier begann. Im Grunde eine bloß subjektive Deutung all der Konsequenzen, die sich aus einigen Impulsen und zahlreichen Rundgängen ergeben haben, wobei ich stellenweise Menschen berühren durfte.

Selbstverständlich habe ich zu fragen, was in all dem die Sache der Kunst sei. Vielleicht ist darüber, je tiefer ich vordringe, um so beharrlicher zu schweigen. Vielleicht müßte sogar, im Sinne einer flüsternden Folgerichtigkeit, alles an Werk Denkbare einer Welt der Artefakte entzogen werden.

Ich habe mir oft sagen lassen müssen: Aber dann wirst du unglaubwürdig, denn wenn Du nichts zu zeigen hast, wie soll man wissen, daß du ein Künstler bist?

Und Sie glauben, daraus wäre ein Dilemma zu zimmern? Lächerlich!

Eigentlich hemmt ja hierin nur noch diese kleinliche Verlangen sich anderen mitzuteilen. Und wozu? Um wahrgenommen zu werden. Um Rückmeldung zu gewinnen. Um auf solchem Weg über Andere zu erfahren, daß es einen gibt.

Aber das sind, wie ich gerne sage, soziale Agenda und keine Kategorien der Kunst. Eine der kleinen, schmutzigen Wahrheiten ist, daß ich mich nicht damit abfinden kann, wie so manche Leute, die sich mit Kunst verfassen, zunehmenden meinen, sie müßten mich für einen Handlanger halten, einen Dienstboteen, eine Hilfskraft.

Sollte ich ihnen deshalb künstlerisches Potenzial mittels künstlerischer Artefakte vorführen, damit sie in dieser nicht künstlerischen, sondern sozialen Frage mir gegenüber vorankämen? Das ist Unsinn!

Ich werde die Angelegenheit jetzt einfach ruhen lassen und mich darauf konzentrieren, daß "the long distance howl" ohne weiteres nächste zehn Jahre in Anspruch nehmen kann, um ein paar brennenden Fragen aufzulösen.

[the long distance howl]

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