6. Juni 2012 Max Reder sagte kurz und trocken: "Im Sommer Fahrradeln, im
Winter Nähmaschinen." Das skizziert eine Situation in Technologie und Markt,
aus der heraus die Welt sich wuchtig verändert hat. Polemisch verkürzt könnte man
sagen: Wer Fahrräder baute, war oft davor schon mit Nähmaschinen und Schreibmaschinen
befaßt. Feinmechnik, Hartlöten, der versierte Umgang mit Stahl und einigen anderen
Werkstoffen...
Im berührenden Kurzfilm "D' Acciaio (Of Steel)"
zeigt Ben Ingham, was es mit dieser Magie im Kern auf sich hat: [link] Das Automobil entstammt solchen
Zusammenhängen. Der Kutschenbau hatte anfangs dabei Einflüsse, aber die eigentlichen
technischen Innovationen kamen in hohem Maß von Leuten, die zu der Zeit schon Fahrräder
gefertigt haben.
Die Entwicklung der Dampfmaschine liegt eine Spur weiter
zurück. Was war unter den mechanischen Fortschritten noch so bahnbrechend, daß es den
Lauf der Dinge massiv änderte? Ich nehme an, die Taschenuhr sollte genannt
werden.
Die Taschenuhr ist ein radikaler Beitrag zur
Synchronisierung der Zeit in weitläufigen Räumen, also genauer: der Synchronisierung von
Menschen in Territorien. Die Eisenbahn wäre nicht, was sie wurde, ohne derlei
Synchronisationsprozesse. (Zu eben solchen Zwecken war davor schon die Turmuhr
exponiert.)
Der geregelte, zeitlich geordnete Tagesablauf hat freilich
eine tiefere Vorgeschichte. Ich denke, in Klöstern gab es solche Konzepte von a) Regelung
der Tagesabläufe, ergänzt um b) Arbeitsteilung schon, da konnten "Fabriken"
noch lange nicht gedacht werden.
Von der versierten Hand über Werkzeuge und "konkrete
Maschinen", also Maschinen, die ihre Funktion in ihrer Bauweise und Form abbilden,
hin zu den "abstrakten Maschinen", deren Funktionen wir an ihren Formen nicht
mehr ablösen können, führten Prozesse der Zurichtung, die in einer jungen Massenkultur
zu einem merkwürdigen Status quo geführt haben.
Darin liegt eine erhebliche Konfusion, die einen der
Gründe ergibt, warum mich Handwerk so fasziniert. Manche Menschen erschließen sich das
aus ganz privaten Neigungen. So etwa Bernhard Kober, den man rechts auf dem Foto sieht, da
er gerade bei seiner Vernissage mit Fotoarbeiten den Griller auf die Straße stellte und
ein Feuer entfachte. Er [link]
verwendet, wie auch Max Reder [link], seine handwerklichen Talente hauptsächlich auf Fahrräder.
Das ergibt eine der Querverbindungen zum "Kuratorium
für triviale Mythen": [link]
Massenkultur, Fetische, Umbrüche, die sich als Krisen zeigen, das sind sehr interessante
Zeiten, in denen wir leben und zu klären haben, was uns da gelungen ist... |