4. Jänner 2012 Die Stille
einer Jahreswende. Die Einübung einer neuen Jahreszahl. Die Rituale der Unruhe. Die
stereotypen Hinweise darauf, daß in der ersten Woche des Jahres nichts erledigt werden
könne.
Ich verbringe solche Tage vorzugsweise mit viel Lesen und
etwas Buchhaltung. Den Weg zu meiner Küche hab ich noch im alten Jahr freigeschaufelt.
Ich könnte mir also ein neues Wohnungsproblem vornehmen.
Ich hab hier noch einen Zettel aus der Grazer
Prigov-Ausstellung auf meinem Schreibtisch. Wie schwer es sein muß, in einem Land als
Künstler zu bestehen, wo man auch heute noch allein für diese Beharrlichkeit, als
Künstler tätig zu sein, in's Gefängnis geht. Dafür braucht es nicht einmal besondere
Gründe.
Die Tyrannis hat eine eigenartige Scheu vor
Kunstschaffenden. Und ihre kleinen Wasserträger sowieso. Das war dann auch eine Sache
dieser Tage. Daß nämlich auf unserer "kunst ost"-Website Leute
aufgetaucht sind, die über ganze nette Statements ins Spiel kommen. Wer wollte folgendem
widersprechen?
>>Ich würde hier also im Sinne einer
aufgeklärten, meinungsfreien und demokratischen Gesellschaft gerne noch einige der Fakten
veröffentlichen. Es ist mir schon klar, dass solche Fakten manch einem sauer aufstossen
können, ...<<
Bei der Tonlage blieb es aber nicht lange. Was sich dann
entfaltete, lief darauf hinaus, daß das Massaker von Srebrenica eine Erfindung der
Muslime und ein Mythos des Westens sei. Das behauptete der Mann natürlich nicht selbst,
aber er promotet Leute, die das tun.
Ich hab erst nach einer Weile und einiger Recherche ein
etwas klareres Bild erhalten. Das Vorgehen des Mannes oder dieser Leute ist exemplarisch.
Darum habe ich begonnen, die Sache ausführlicher darzustellen: [link]
Es ist für uns nicht neu, daß Kriegsverbrechen geleugnet
und (mutmaßliche) Kriegsverbrecher verharmlost werden. Es ist aber bemerkenswert, wie
sich derlei Leute dieser Welt nicht über eine eigene Website mitteilen, sondern als
Trittbrettfahrer und Web-Marodeure auf anderen Websites einfallen, um dort nicht bloß zu
debattieren, sondern ausladende Texte zu publizieren.
Ich machen inzwischen die wiederkehrend gleiche Erfahtung,
daß mich nämlich nach einigen Tagen, wenn ich in solche Themen hineingehe, eine tiefe
Niedergeschlagenheit erwischt. Dieses Gefühl macht mir begreiflich, warum Menschen die
Konfrontation mit solchen Themen oft lieber vermeiden.
Aber es kann nicht so stehen gelassen werden, wenn sich
jemandem unter dem Banner der Demokratie daran macht, deren Grundsätze zu unterlaufen.
Ich hänge dann natürlich an der Frage, warum denn die Demokratie Feinde hat. Mein Fazit:
Weil die Tyrannis Günstlinge hat.
Soweit das nun die medial generierte Öffentlichkeit
betrifft, die wir als Kulturschaffende miterzeugen, sind wir gefordert, auf solche
Vorkommnisse zu antworten; oder solchen Leuten das Terrain zu überlassen. |