13. November 2011 Surrogate
für ein paar Euro. Die preiswerten Drucke sind nicht einmal gut geklaut. Damit meine ich,
daß die Motive nichts taugen. Ich sollte es vermutlich so sehen, daß darin auch eine
gute Nachricht liegt.
Immerhin gibt es unter uns Pöbel genug Leute, die sich
sowas kaufen und an ihre privaten Wände hängen. Auch manches Gasthaus oder Café ist mit
derlei Makulatur ausgestattet. Ein Beginn. Und in hundert Jahren wird vielleicht ein
ausreichender Zuwachs an ästhetischen Erfahrungen Platz errungen haben, daß
anspruchsvollere Tableaus gewünscht und gekauft werden. Ja, so stelle ich es mir vor und
übe mich in Zuversicht.
Etwa eine Woche liegt nun noch vor uns, Arbeit an der
Sache, dann werden wir in Schloß Hainfeld eine Ausstellung aufbauen und über einzelne
Sessions betonen. Was ich damit meine? Wir sparen diesmal die Inszenierung des Geselligen
aus. Keine Vernissage. Kein Präsentationsrahmen für Funktionstragende. Konzentration auf
Inhalte: [link]
Es ist mir wie ein Abstauben von vertrauten Räumen. Wir,
na wenigstens einige von uns, haben gute Gründe, tiefer in einige Grundlagen
hineinzugehen. Ich sehe uns darin bestärkt, wenn ich all den Hohn bedenke, mit dem das
eben gelaufene Bildungsvolksbegehren
begleitet wurde. Anstatt nach jedem Halm zu greifen, der eines der reichsten Länder der
Welt aus seiner unfaßbaren Bildungsmisere und Stagnation ein weiteres Stück
herausbewegen könnte, lese ich vor allem endlose Beteuerungen, wie sinnlos auch das,
dieses Begehren sei.
Dieser Ausdruck von Verkommenheit, den sich vor allem
bequeme Leute in sicheren Verhältnissen leisten, jenen, die sich aufraffen,
hinterherzurufen: "Das ist eh alles Blödsinn! Das bringt nichts!"
Welche Idioten meine Generation hervorgebracht hat.
Das oben erwähnte Schloß war für mich vor einer Weile
Ausflugsziel mit einigen Kosovaren. Es ist ein völlig ruiniertes Land, das Kosovo. Dort
hab ich Kinder gesehen, die wollen lernen und gehen weit, um lernen zu dürfen. Ich hab
mich mit einem der Lehrer angefreundet. In der Ära Milosevic hatten die albanische Leute
im Kosovo keine Schulen. Der Unterricht wurde privat organisiert. Heute gibt es wieder
Klassenzimmer.
Wer studieren wollte, mußte nach Tirana in Albanien. Das
war illegal. Und zeitraubend. Außerdem gefährlich, weil serbische Patrouillen mit den
Albanern nicht gerade sanft umgingen. Gestern schrieb mir der Mann: "Martin today
we had inaugurate a new highway from Kosovo to Albania so maybe we will go Tirana for
beers and diner only for 2 hours".
Ich kenne diese Route. Das war im Sommer 2010 eine Tour von
Staub und Tränen gewesen. Als würde man stundenlang über eine Baustelle fahren. Würde?
Na, es war eine Baustelle, die man stundenlang befahren mußte.
Das wurde daraus: "today you will be on a highway
from Suvareka to tirana only 2 hours to Tirana. can you imagine Martin on 1998 I need 3
weeks to go there in Albania (Tirana) now I go for 2 hours." Denn: "I
was walking to go there".
Ich weiß schon, daß es Unfug ist, jemandem etwas predigen
zu wollen. Aber geht sich denn da so gar nicht mehr an konzentrierter Arbeit aus,
um diesen Status quo zu überwinden, die Stagnation auf so hohem Wohlstandsniveau in
unserem Land?
Ich hab die simple Phantasie, daß genau dieser Wohlstand
gute Rahmenbedingungen bietet, um an einer adäquaten Stabilität unserer Gesellschaft zu
arbeiten. Aber wir werden es wohl nicht geschenkt bekommen. Und es wird sich ebenso wenig
einstellen, indem wir anderen zurufen, was sie tun sollen. Ja. Nun. Ich
hab zu tun! |