5. Oktober 2011

log1777a.jpg (23206 Byte)

Nein, es ist kein Landie. Zu kantig. Und die Proportionen stimmen nicht. Ich hab so einen Allrader schon einmal in der Schweiz gesehen, aber sonst noch nie. Eine Menge eher gerade, recht flache Bleche; das weist auf kostengünstige Pressen hin, ist also ein Gebot sparsamer Automobilproduktion.

Es ist ein ARO, mutmaßlich ungefähr ein 246er. "Auto Romanie" macht das Herkunftsland kenntlich. Der Herkunftsort klingt romantisch: Câmpulung Muscel; was im Kern etwa "Langfeld" bedeutet.

Ich hab gerade ein besonderes Faible für den Klang von Worten, die uns nicht alle Tage unterkommen. Wer hat etwa noch "Bestemm" in den Ohren? Das bedeutet etwa "Sturheit" und war in Österreich einst sehr gebräuchlich.

log1777b.jpg (21708 Byte)

Etwas an britischem Flair ist mir allerdings im Stadtzentrum noch untergekommen. Den Mini braucht man wahrlich niemandem erklären. Er war eine epochale Konstruktion von Alec Issigonis, ein Meilenstein der Volksmotorisierung. Daß aber sein ursprünglicher Name "Austin Seven" noch auftaucht, gehört zu den raren Momenten.

Stets hängen Geschichten an den Begriffen. Das beschäftigt mich gerade, weil ich nächste Woche in Beograd "unsere Russen" wiedersehen werde. Dort wird nämlich die anschließende Station "Virtuosen der Täuschung" eröffnet. Im Serbischen heißt das "Virtuozi obmane".

.log1777c.jpg (21185 Byte)

Wir hatten die "Kollektiven Aktionen" aus Moskau mit  "Virtuosen der Täuschung" vorigen Herbst auf meiner Strecke; das Konzept stammt von Mirjana Peitler-Selakov. Heuer haben sie den russischen Pavillon auf der Biennale in Venedig bespielt, nun also machen sie in der serbischen Hauptstadt Station. Und ich gestalte einen regionalen Bezugspunkt in der Sache: "the track: archive".

Wir haben es da mit Menschen zu tun, in deren Werk offenbar über weite Strecken das Prinzip "Jedes Wort zählt" gilt. Keine Formulierung ist flüchtig dahingesagt, kein Beistrich beliebig liegengeblieben. Denkdisziplin und Emotionalität in einem wechselseitigen Kräftespiel.

Aber dann nehmen sich auch noch andere Themen Raum. Ich hab O. getroffen, nachdem wir uns recht lange nicht gesehen hatten. Bei einem Bier in der Milde des Herbstes schwelgten wir ein wenig in der Vergangenheit und ebenfalls etwas in der Zukunft; soweit wir eine haben.

O. erlebt gerade, daß seine Bauchspeicheldrüse erheblichen Schaden genommen hat. Das verursacht Schmerzen. Verläßliche Therapie gibt es eigentlich keine, sagt er. Wenn es so weitergeht, wird es ihn umbringen.

"Und kannst du den Prozeß verlangsamen?" "Könnte ich", sagte er, "wenn ich mit dem Trinken aufhören würde." "Und wirst du?" "Ich hab es schon einige Male versucht. Aber nüchtern, das bin einfach nicht ich."

Da war eine Traurigkeit in seinem Sprechen. Und wenn wir das auch teilen, wie nun die vor uns liegende Zeit sehr viel weniger ausmachen wird als die hinter uns liegende, was keine harmlose Sache ist, so ist diese Gewißheit, den eigenen Leib als Feind zu haben, wohl auch umgekehrt: der Feind des eigenen Leibes zu sein, von einer ganz eigentümlichen Unerbittlichkeit, die mich sehr nachdenklich macht.

 

[kontakt] [reset] [krusche]
40•11