25. September 2011 Dieser
milde Sonntag, wie ein sanfter Schreck, daß Leben sich so leicht anfühlen kann. Dann
jene kuriose Botschaft am Straßenrand:
Ich mag es sehr, wenn jemand Bücher recht
selbstverständlich zum Inventar eines Lebens zählt. Wie rätselhaft mir Menschen
bleiben, die nichts wissen wollen und alles in sich selbst zu finden glauben.
Eine andere Gleisorfer Kuriosität. Das Postamt ist schon
Jahre weg, die Vorschrift aber immer noch da. Ich zähle es allerdings zu den besonderen
Fähigkeiten von Menschen, mit Ungleichzeitigkeiten zurechtzukommen. Daraus ergeben sich
mitunter sogar sehr vitale Lebenskonzepte. Aber dieses Schild erscheint mir dennoch
revisionsbedürftig. Und schließlich das Prunkstück.
Man mußte es Anfang der 1960er-Jahre schon etwas weiter
gebracht haben, um sich diesen Mercedes-Benz 300 SE leisten zu können. Das Ausmaß an
Chromverzierungen ist irritierend. Das Überbordende als Statement von
Wirtschaftswunder-Kapitänen. Die auf nüchtern getrimmten deutschen Ingenieure hätten
freilich keinesfalls von "Heckflossen" gesprochen, obwohl der stilistische
Einfluß von Amerikanern wie Mitchell und Exner unübersehbar ist.
Die üppige Geste mußte rational begründet werden,
weshalb die mit Chrom überhöhten "Bügelfalten" also sogenannte
"Peilstege" ausgegeben wurden. Sie kommen in's Grübeln? Die Legende besagt,
beim Einparken konnte man im Blick nach hinten etwas über diese "Stege"
anpeilen.
Gut, ich habe Chrysler aus der Zeit gesehen, die hatten da
auch noch etwas wie ein Fadenkreuz montiert. Soll helfen, was helfen kann. Automobile sind
seit über hundert Jahren derart maßlos mit anderen Zwecken als jenen des Transportes
befrachtet worden, da kommen dann eben auch die absurdesten Ideen vor, wie sich dieses
Ausufern rational begründen ließe.
Mir macht das weiter ja kein Kopfzerbrechen. Derweil warten
auf mich längst neue Bücher. Die kosten auch ein Geld, kommen aber ohne Chromleisten
aus. Und ich brauch nicht das Salär eines Generalsdirektors, um mich damit umgeben zu
können. |