31. August 2011 Es gibt Dinge, die ich seit Jahrzehnten besitze, um sie genau dann,
wenn ich sie einmal brauche, nicht zu finden. Als junger Kerl habe ich zwei
Puch-Roller gefahren, vom kleineren, dem 125er, ist die Betriebsanleitung erhalten
geblieben.
Da ich nun mit Kulturwissenschafter Matthias
Marschik gerade ein Buch über den Steyr-Puch 500 abschließe, zu dessen
Bezugssystem der Puch-Roller zwingend gehört, habe ich dieses alte Druckwerk dringend
gesucht, um ein brauchbares Bild des 125ers zu haben. Mit dem Thema sind wir im Kerngebiet
österreichischer Mobilitätsgeschichte zugange. (Von Marschik gibt es demnächst auch ein
Buch über das "Automobil in Wien 1955 bis 1975".)
Eine letzte Durchsicht des Textes war also teilweise bei
einem "Wiener Frühstück" zu absolvieren. Damit ist nun auch schon die Basis
für eine weitere Publikation gelegt. Michael Toson, der ein Stück Basis unseres "Kuratoriums für triviale Mythen" repräsentiert,
hat einige Ausschneidebögen aus der Puch-Welt entworfen. Die werden heuer noch als Album
erscheinen.
Hier zwei Prototypen aus Tosons Werkstatt, der
"U3" und ein Steyr-Puch 700. Während all das noch abzuarbeiten ist, wälze ich
mit Marschik schon weiterführende Pläne. Es hat im 20. Jahrhundert einen massiven
ideologischen Streit zwischen den USA und Deutschland gegeben.
Das vom Ersten Weltkrieg wirtschaftliche geschwächte
Deutschland konnte seine Automobilindustrie nicht annähernd so voranbringen wie Amerika.
Folglich vertieften sich Kontroversen, in denen die deutsche Seite für sich die Vernunft
reklamierte und den "Ingenieurskünstler" einführte, während man den Machern
in den Staaten für ihre Flotten riesiger Automobile pathologische Seiten unterstellte.
Als ich heuer einen 1949er Oldsmobile 88 mit dem
legendären "Rocket-Motor" live erwischt habe, war die "Mutter
aller Muscle Cars" im Kasten. Dieses Genre, das sich Ende der 1960er, Anfang der
70er in den Staaten verdichtete, schließlich von teuren Versicherungsprämien und einem
Ölpreis-Schock erledigt wurde, repräsentiert den Höhepunkt der Kontroverse.
Während europäische "Supersportler" für die
Reichen gebaut wurden, zielten die amerikanischen "Muscle Cars" auf das
Massenpublikum der Mittelschicht. Ich denke, Marschik und ich werden das in ein eigenes
Buch packen können. Marschik: "Was mich dran interessierte, sind vor allem die
amerikanisierten Europäer (Ford 17m, Triumph Herald etc.)!"
Wir haben eine ganze Liste von guten Gründen, diese
Historie und ihre Konsequenzen genauer durchzusehen. Für mich besteht kein Zweifel, daß
wir jetzt schon mit "Ausstiegs-Szenarios" befaßt sein müssen. Denn genau die "Muscle
Cars" stehen historisch für den unmöglichen Traum: Massenmotorisierung auf der
Basis mächtiger Verbrennungsmotoren. Das ist ein Motiv von enormer Wirkmächtigkeit, aber
ökonomisch eigentlich schon erledigt; ökologisch natürlich auch.
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