24. Februar 2011

Was mir hier so vertraut ist? Daß die Dinge nicht so laufen, wie ich es erwartet hätte. Ich wäre ein Heuchler, würde ich das nun loben. Es ist eine große Annehmlichkeit, wenn Dinge so laufen, wie man es erwartet hat. Ich bin also keiner, der es sich wünscht, überrascht zu werden. Doch ich weiß, daß diese Überraschungen, auch Irritationen, manchmal Enttäuschungen, daß also diese Brüche etwas ergeben, was wenigstens langfristig meist nicht mein Nachteil ist.

Natürlich gehen mir solche Dinge genau dann durch den Kopf, wenn ich beispielsweise auf dem Balkan bin. Nicht weil die Leute hier so oder so sind, sondern weil sie auf jeden Fall anders ticken, als ich es gewohnt bin.

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Vielleicht macht es mich auch auf eine bestimmte Art wacher, daß ich dauernd von Codes umgeben bin, die mir nicht vertraut sind. Das hat keineswegs zur Folge, mich zu einem Schlaumeier werden zu lassen, der das alles dann zu begreifen, zu durchschauen versucht.Ganz im Gegenteil. Ich setze mich dem Befremden als einer speziellen Erfahrung aus. Ratlos zu bleiben ist manchmal das Beste, was mir passieren kann.

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Verschiedene Codes. Das meint auch die Cyrilica. Inzwischen vermag ich das wenigstens soweit zu lesen, um nach den Bedeutungen der Worte fragen zu können. Hier geht es um das "Begräbnis zweier Bakterien". Ein ziemlich beunruhigendes Statement. Es scheint mir außerdem, daß in Serbien momentan die Unruhe sehr zunimmt. Das sei nun die Transition, meinen manche. Orientierungsprobleme und Störanfälligkeiten, viele, die nun "im Dunkeln jagen" würden, also verdeckte Geschäfte forcieren, um den eigenen Vorteil voranzubringen, egal wo andere dabei blieben.

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Aber ich verplaudere mich. Lange habe ich nicht mehr so viele Menschen bei einer Vernissage gesehen, wie gestern, als die Personale von Nikola Dzafo im "Museum für zeitgenössische Kunst" in Novi Sad eröffnet wurde. Eigentlich irritiert mich das, wenn ich an die viele Arbeit denke, die dann so ein Ereignis auslöst ... für einige Stunden.

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Hier Dzafo an der Seite von Vesna Grgincevic. Wir haben nach dem ganzen Wirbel einige Biere in diesem ehemaligen Offiziers-Kasino gehoben und über Optionen für die nahe Zukunft diskutiert. Wir teilen allerhand Wünsche und Begehrlichkeiten. Wir kennen die Barrieren und die Passagen. Ich hab die Klagen der Leute meines Landes im Ohr.

Hier in Serbien sind die Bedingungen noch um etliche Grade härter. Kein Vergleich! Worum ist also zu ringen, wenn wir Positionen der Kunst sichern möchten? Was ist Verhandlungssache und was muß ohne Rücksicht auf mögliche Konzessionen vertreten werden?

Das sind keine Tage des überschäumenden Optimismus. Aber das sind Tage einer möglichen Konzentration auf jene Spuren, die wir nun zu legen haben ...

 

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