29. Dezember 2010

Wir sind nicht gemacht, unsere Grausamkeiten zu ertragen. Die Erniedrigungen erweisen sich als unauslöschlich. Jeder Schlag eine Kerbe. In unserer Kultur wird großer Aufwand betrieben, diese Tatsache zu verbergen. Warum? Weil sonst all die Rücksichtslosigkeiten nicht organisierbar wären, auf denen viele Vorteile beruhen, die sich Menschen nehmen.

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Manche Leute schaffen es, uns das anschaulich zu machen, was andere mit so viel Aufwand zu verbergen suchen. Regisseur Danis Tanovic ist einer davon. Colin Farrell spielt in "Triage" (2009) den schwer traumatisierten Kriegsreporter Mark Walsh. Er hat im Kurdistan seinen sterbenden Freund durch die Ödnis geschleppt und schließlich zurücklassen müssen.

Hier sitzt Christopher Lee als Joaquín Morales an seinem Bett. Ein alter Mann, der den Henkern von Franco nach dem Ende des faschistischen Regimes psychische Hilfe geleistet hat. Allein diese kleine Skizze mag veranschaulichen, wie kühn und tief Tanovic in dieses Themen hineingeht. Mir war schon "No Man's Land" (2001) als so ungewöhnlich kluge, sogar stellenweise sehr humorvolle Arbeit neben all den miserablen Filmen über die jugoslawischen Kriege aufgefallen.

Es liegt eine Warnung in solchen Arbeiten, denn wenn wir aus diesen Katastrophen keine angemessenen Schlüsse ziehen, wird schon die nächste Hölle bereitet. Es läßt sich nur wiederholen: Wir sind nicht gemacht, unsere Grausamkeiten zu ertragen. Die Erniedrigungen erweisen sich als unauslöschlich.

Cut!

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Ein stilles, gut geheiztes Extrazimmer in einem alten Gasthaus. Berge von Papier. So habe ich gestern den ganzen Tag mit Schreibarbeit verbracht. Mir gegenüber ein freundlicher älterer Herr mit etwas Hang zu grimmigem Humor, dessen Leben einige sehr extreme Wendungen genommen hatte. So tauche ich stundenweise in ein Stück Regionalgeschichte. Eine nachhaltige Lektion in Sachen menschlicher Habgier.

Es ist letztlich doch besser, daß wir die Dinge verstehen, die uns umgeben. Diese Anforderung ergibt sich beispielsweise aus dem kulturellen Engagement, das ich mit Menschen teile. Kunst ist auf ein anderes Blatt geschrieben. Aber das kulturelle Geschehen handelt von Aufgaben, die soziale Zusammenhänge betreffen.

Das kulturelle Geschehen kann, wie uns mindestens vaterländische Leute und Nazi gelehrt haben, dem Verbergen und Bemänteln dienen, dem Verfälschen, der Falschmünzerei. Oder es kann einer Wahrnehmung gewidmet sein, die sich der Welt und ihrem Getriebe zuwendet, um sichtbar zu machen, was geschieht.

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Ein gut gedeckter Tisch im serbischen Petrovaradin. Eine lange Nacht unter Kulturschaffenden. Bloß eines von vielen möglichen Beispielen, wo und wie Menschen um klare Positionen ringen. Zuvor hatte ich mir in Bosnien und Hercegovina einige Lektionen abgeholt, wie hart die Kontraste sein können, auch die Gräben einer Verständigung.

Mal ist es leicht und manchmal aussichtslos. Dieses Jahr hat sich als sehr lehrreich erwiesen. Das Ringen um Zuversicht führt gelegentlich zu sehr fröhlichen Momenten ...

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