30. September 2010Eine kleine "Avantourismus"-Konferenz
bei Emil Gruber. Das bedeutet, sich vorzüglichem Essen zu widmen, adäquate Weine zu
trinken, sich kontrastreichen Themen zuzuwenden, von denen etliche dann Referenzpunkte
haben, die als Artefakte in Emils "Wunderkammer" aufgestöbert werden.
Etwa der handliche "Money Maker", Teil
einer Sammlung von Trick-Accessoires aus den ca. 1920er-Jahren. Passender Querverweis auf
das Hauptthema des heurigen Kunstfestivals "steirischer herbst",
welcher den Meistern, Trickstern und Bricoleuren gewidmet ist.
Kuratorin Mirjana Peitler-Selakov arbeitet gerade
am Finish der Installation unserer russischen Gäste. Die Gruppe "Kollektive
Aktionen" bringt damit einen außergewöhnlichen Akzent auf meine "Strecke". Konzeptkunst
ist vielen Menschen noch kaum vertraut. Mehr noch, es scheint gelegentlich Mißtrauen zu
Erzeugen, wenn etwas der Kunst zugerechnet wird, ohne dabei auch Gegenstände,
Kunstgegenstände hervorzubringen.
Daß auch Ideen und Prozesse als Kunstwerke
verstanden werden, gehört zwar schon mehr als ein halbes Jahrhundert zu unserer Kultur,
ist allerdings bei vielen Leuten noch nicht als Realität angekommen.
Ich erinnere mich an einen
merkwürdigen Vorfall bei einem der regionalen Kunstereignisse, das wir initiiert haben.
Dabei taten sich eine Puppenspielerin und ein Kunsthandwerker hervor, die Eröffnung des
Festivals mit einem kleinen Theater-Stück zu belegen, in dem künstlerische Konzeptarbeit
verhöhnt und jemand wie ich als zeitgemäßer Träger von "Des Kaisers neue
Kleider" denunziert wurde. Das heißt unter anderem, selbst auf unserem eigenen
Feld bestehen erhebliche Ressentiments gegenüber zeitgemäßen Kunstformen.
Sergej Letov
("Kollektive Aktionen", Moskau) und Mirjana Peitler-Selakov
An solche Haltungen läßt sich wenig ausrichten,
da Menschen gewöhnlich gegen ihre eigenen Auffassungen nicht erreicht werden können.
Aber Präsenz und Praxis, etwa angefochtener Kunstsparten, werden wohl doch früher oder
später zu einer veränderten Rezeption solcher Genres führen.
Durch das Entgegenkommen der Crew rund um Andrej
Monastyrkskij stehen uns nun Tage mit einer sehr kompromißlosen Formation bevor. Diese "Moskauer
Konzeptuaslisten" haben sich weder dem Staat noch dem Kunstbetrieb angedient,
zeigen seit Jahrzehnten, wie man einen anspruchsvollen Modus konsequent verfolgt.
Während ich gestern in Graz an den Notizen zu
unserer avantouristischen Zusammenkunft saß, ließ mich ein dumpfes Grollen barfuß und
in kurzen Hosen durch den Garten, auf die Straße rennen. Ich hatte dabei die Kamera für
alle Fälle schon gezückt und hochgefahren, aber die Quelle des Grollens stand dann
ohnehin still, auf daß ich den 1965er Plymouth Barracuda in Ruhe umkreisen konnte. Ein
Meilenstein vom Beginn der "Muscle Car"-Ära ...
["The Track: Virtuosen der
Täuschung"]
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