26. September 2010

Dieses Stückchen aus "Der Standard" hatte ich aufgehoben: "Frankreich wurde beleidigt." Kann man denn ein Land beleidigen? Geht das überhaupt? Früher hat der Adel das Volk auf den Souverän verpflichtet. Der Leib des Imperators stand gewissermaßen für das Land.

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Genau jene Nation, in welcher der Nationalismus erfunden wurde, sei also beleidigt worden, weil man dem Präsidenten das infame Umgehen mit Roma vorgeworfen hat. So bläht sich das Ego eines einzelnen Mannes auf. Eine politische Idee (Nation) soll mit der Person in Deckung gebracht werden. Das sind quasi kaiserliche Attitüden.

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In der Steiermark ist heute Landtagswahl. Auch da bläht sich manches politische Ego schon eine Weile auf. Was am 9. des Monats so in der in "Kronen Zeitung" stand, ist im bisherigen Wahlkampf eher kein Thema gewesen. Es ging letztlich vor allem darum, ob der aktuelle Landeshauptmann nun etwas für Trachtengewänder übrig hat oder nicht.

Da wurde in den letzten Monaten reichlich "getrachtelt", womit sich eine Inszenierung des Bürgertums aus dem 19. Jahrhundert als identitätsstiftendes Angebot empfiehlt.

Wer also zur Zeit lautstark betont, es gehe um das Land, die Steiermark, spricht vor allem auch davon, daß nun unzählige Bürgermeisterinnen und Bürgermeister vor allem kleiner Gemeinden darum bangen, das schwere 2011er-Jahr mit besserer oder schlechterer Lobby auf Landesebene zu begehen.

Die Liste der brisanten Themen, welche gerade NICHT zur Debatte gestellt wurden, ist erheblich. Es läßt sich, polemisch verkürzt, leicht zusammenfassen: Immer mehr Gemeinden gehen die Arbeitsplätze aus und die Erhaltung der Infrastruktur in diesem völlig zersiedelten Land wird immer problematischer. Das geschieht vor dem Hintergrund, daß sich längst zum soziokulturellen Phänomen verdichtet hat, was über die Jahre dahergekrochen ist.

Gesamtgesellschaftliche Probleme werden oft so gedreht, daß sie als ein individuelles Versagen einzelner Personen herauskommen. So fallen Menschen aus unserer Gemeinschaft heraus. Im Gegenzug haben wir keine haltbaren Konventionen mehr, wie denn das persönliche Übernehmen von Verantwortung aussehen mag und gesichert sein kann.

Nein, ich bin gewiß kein Kulturpessimist. Ich sehe mir bloß an, wie Politik sich heute medial zeigt und worauf da gesetzt wird. Nun ist also der Sozi kein Linker mehr, die Bürgerlichen wissen ohnehin, daß "Bourgeoisie" der internationale Spitzenreiter gesellschaftlicher Organisation ist, die Vaterländischen scheuen keine Abscheulichkeit, um politisch abzuernten und was sonst noch alles politische Relevanz begehrt, hängt natürlich auch an manchen Eigenarten, die ich lieber bewältigt sähe.

Freilich geh ich zur Wahl. Ich halte leibliche Anwesenheit der Bürgerinnen und Bürger nach wie vor für das zentrale Ereignis einer Demokratie. Das meint ganz konkret, vor die Türe hinauszugehen, in den öffentlichen Raum zu treten, AUCH auf diese Art politisch anwesend zu sein.


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